Atemnot
Pseudokrupp (am häufigsten)
Klinik
- Bellender Husten, Heiserkeit, inspiratorischer Stridor bei einem Kleinkind mit oberem Luftwegsinfekt, überwiegend abends/nachts
Therapie
- 15–30 min warme oder kalte feuchte Luft atmen lassen (z. B. Dampf im Bad, Luftbefeuchter)
Bei ausbleibender Besserung
- Betamethason (Betnesol® 0,5 mg in Wasser aufgelöst) 0,2 mg/kgKG (= pro 5 kg 2 Tbl.), oder Dexamethason 0,2–0,6 mg/kgKG; single dose
- Alternative: Ev. NSAR (z. B. Ibuprofen/Algifor® Sirup), Nutzen fraglich –> bei schwerer Erkrankung immer Steroide!
- In schweren Fällen sofortige Inhalation von Adrenalin (nicht Beta-2-Mimetika1) 1-2 Amp. über Vernebler
Differentialdiagnosen
- Epiglottitis (sehr selten; Alter 2–7 J.), Retropharyngeal-/Peritonsillarabszess, Fremdkörperaspiration
Obstruktive Bronchitis, Asthma, Bronchiolitis
Klinik
Obstruktive Bronchitis
- Meist nach Virusinfekt; mit Giemen (ausser bei schwerer Obstruktion), Atemnot, Husten. Ausheilung meist nach 2 Wochen. Häufig Rezidive im Kleinkindesalter, im Intervall beschwerdefrei
Frühkindliches Asthma
- Keine vollständige Rückbildung der o. g. Beschwerden im Intervall, Leistungseinschränkung, Trinkschwäche, persistierender Husten, Schlaf- und Gedeihstörung, z. T. Zeichen bronchialer Hyperreagibilität auf unspezifische Reize (Kälte, Rauch etc.). Allergische Komponente bei einer Minderheit
Bronchiolitis
- Typischerweise im Säuglingsalter; sehr viel Schleim, grob- und ev. auch feinblasige RG, „Knisterrasseln", quälender Husten
Therapie
Obstruktive Bronchitis
- Kurz wirkende inhalative Beta-2-Sympathomimetika (Salbutamol, Applikation als Dosieraerosol (DA, z. B. Ventolin®, Salamol®) mit Vorschaltkammer (z. B. Aerochamber®, Vortex®); als Pulverinhalator (Terbutalin, z. B. Bricanyl®, Turbuhaler oder aber mittels Kompressionsvernebler
- In schweren Fällen/bei ungenügendem Ansprechen auf Beta-2-Mimetika –> Steroide systemisch (Betnesol® 0,2 mg/kg KG) oder Prednisolon 1–2 mg/kg KG per os
Asthmaanfall
- Sofortige Sauerstoffgabe bei schwerem Asthmaanfall (Ziel: Sa02 ≥ 92–94 %)
- Salbutamol über Nassvernebler (5 mg bzw. 20 Tropfen in 2 ml NaCl 0,9 %) oder mittels Dosieraerosol und Vorschaltkammer (z. B. Ventolin®-DA à 100 μg: Kinder < 6 Jahre: 4–6 Hübe, Kinder > 6 Jahre: 8–12 Hübe). Wiederholung alle 20 min je nach klinischem Ansprechen, später je nach Bedarf alle 3–6 Stunden
- Sofortige Gabe von systemischen Steroiden (Prednisolon 1–2 mg/kg KG bzw. Betnesol® 0,2 mg/kgKG) per os, oder (falls dies nicht möglich): I.v. Gabe (z. B. Methylprednisolon 1–2 mg/kgKG oder Dexamethason 0,2 mg/kgKG. Therapiedauer: 3–5 Tage, ausschleichende Dosierung ist nicht nötig
- Bei schwerem Asthmaanfall ev. zusätzliche Inhalation von Ipratopriumbromid via Nassvernebler (Atrovent® 20 Tropfen = 1 ml = 250 μg) oder mittels Dosieraerosol via Vorschaltkammer (Atrovent®-DA à 20 μg: Kinder < 6 Jahre: Bis 4 Hübe, Kinder > 6 Jahre: Bis 8 Hübe). Wiederholung nach 20 und 40 min
Bronchiolitis
- Ausreichend Flüssigkeitszufuhr und zusätzliche Sauerstoffgabe, bei Bedarf abschwellende Nasentropfen
- RSV-Schnelltest aus Nasopharyngealsekret (Resultat innert wenigen Stunden) hilft zum Abschätzen des Verlaufs (Dauer, therapeutische Optionen, Verschlechterung möglich)
Fieber und Fieberkrämpfe
- Anamnese: Tierkontakt, Reisen, Einnahme von Antibiotika und anderen Medikamente
- Inspektion von Mund, Rachen, Ohren, Haut, Genitale, Lymphknoten
- Auskultation von Herz und Lunge
- Begleitsymptome: Husten, Ausschlag, Durchfall, Schmerzen?
- Bei stark fiebernden Kind meningitische Zeichen suchen bzw. ausschliessen!
- Urinanalyse (insbes. bei Fieber ohne Fokus): Zuerst Screening mittels Urin-Streifentest, falls nicht normal, d. h. Lc > 75 (> 1+), Ec > 10 (> 1+), Nitrit pos, EW > 1+: Uricult ansetzen + CRP bestimmen (bei Pyelonephritis praktisch immer stark erhöht)
- Wichtig: Kinder mit hämorrhagischen Exanthemen (Meningokokkensepsis?) oder mit blasiger Abhebung der Haut (Lyell-Syndrom?) sollten sofort ins Spital eingewiesen werden!
- Therapie der Infektionskrankheit
- Bei Fieber ohne Fokus: Antibiotika zurückhaltend einsetzen, bei Säuglingen ab 3–6 Monaten normalerweise nicht nötig
- < 1 Monat (Neugeborene): Amoxicillin und Aminoglyosid i.v. –> Einweisung Kinderklinik
- 1–3 Monate: (Co-)Amoxicillin oder Cephalosporin 3. Generation (z. B. Ceftriaxon) 100 mg/kgKG/24 h 1 x/24 h; in der Regel Einweisung Kinderklinik
Therapie Fieberkrämpfe
- Zuerst Fiebersenkung (Paracetamol, NSAR, s. o.), falls das Kind weiterhin krampft –> antikonvulsive Therapie
- Midazolam nasal/buccal 0,2 mg/kgKG (< 5 Jahre max. 5 mg; > 5 Jahre max. 10 mg) oder Diazepam rektal (Stesolid® Rectiolen) < 10 kgKG: Dosis 5 mg; > 10 kgKG: Dosis 10 mg
- Beim kompliziertem Fieberkrampf (KFK) ist meist EEG-Abklärung erforderlich (Zuweisung Pädiater oder Neuropädiater)
- Nach KFK oder einem längeren einfachen FK sollte ein Reserve-Benzodiazepin abgegeben werden (Stesolid®)
Gastroenteritis und Dehydratation
- Erbrechen, Durchfall, +/- Fieber in jeweils unterschiedlicher Ausprägung/zeitlicher Abfolge. Infektiöse Gastroenteritis dauert meist 3–7 Tage, bis sich Stuhl ganz normalisiert bis zu 2–3 Wochen
- Suche nach Infektionserreger nicht sinnvoll! ausgenommen ev. bei
- Schweren blutigen Durchfällen ± prolongiertem/hohem Fieber (invasive Diarrhoe)
- Schwerem oder lang andauerndem Verlauf (> 7 Tage)
- Vorerkrankungen beim Kind
- Nach Dehydratationszeichen suchen!
- Beachte: Erstes Schockzeichen bei Kleinkindern ist Tachykardie, der BD bleibt noch lange normal. Eine Hypotonie ist ein absoluter Notfall!
- Rehydrierung
- Bei leichter Dehydratation oral, mit klaren Flüssigkeiten wie Wasser, Tee, notfalls Sirup/nicht zu süssen Limonaden. Häufige kleine Portionen. Orale Rehydratationslösungen wie Normolytoral®, Elotrans®), wenn das Kind diese akzeptiert. Nicht geeignet: Milch, „isotonische" Sportgetränke, Mineralwasser. Bei Säuglingen weiter stillen, zusätzlich Tee, Wasser
- Bei mittelschwerer bis schwerer Dehydratation: I.v. (oder per Magensonde) 50 ml/kgKG oder mehr über 4 h (Klinikeinweisung). Bei Schock: Rasche intravenöse Infusion von 0,9 %-NaCl-Lösung 20 ml/kgKG über 30–60 min
- Ernährung: Bei Appetit dürfen die Kinder (fast) alles essen; Beachte: Lactosehaltige Milchprodukte (Milch, Joghurt, Quark) verzögern die Heilung/können zu Rückfällen führen
- Antiemetika: Bei häufigem Erbrechen Itinerol®-Supp (Meclozin), ältere Kinder im Einzelfall Ondansetron (Zofran®, Generika)
- Antibiotika: Bei invasiver Diarrhö mit blutigen Stühlen, Fieber, heftigen Koliken: Azithromycin 1 x 5 mg/kgKG/Tag für 3 Tage oder Einmaldosis 15 mg/kgKG
- Duchfallmedikamente (Peristaltikhemmer wie Loperamid, Imodium) meiden, bei heftigen Koliken ab Schulalter ev. die halbe Erwachsenendosis
- Nicht wirksam bei akuter Diarrhö: Darmflora-Regulatoren wie Bioflorin, Perenterol, oder Kohlesuspension/-tabletten
Bewusstseinsstörungen und Schock
Ursachen
- Breites Spektrum, häufig sind
- Fieberdelir (z. B. Verwirrung, Angst, Wahrnehmungsstörungen, Konfabulationen etc.), Schädel-Hirntrauma/Commotio, Krampfanfälle (Fieberkrämpfe, Epilepsie), Affektkrämpfe (häufig)
Anamnese
- Erstmalige Episode oder wiederholt? (Affektkrämpfe, Fieberkrämpfe, Epilepsie)
- Dynamik der Bewusstseinsstörung: Akut –> Blutung, Krampfanfall, Trauma; langsam progredient –> Intoxikation, Stoffwechselentgleisung, chron. Subduralhämatom
- Akute Vorerkrankungen/Begleitsymptome: Fieber, Durchfall, Erbrechen, Epilepsie, Kreislaufzentralisation
- Chronische Erkrankungen (z. B. Herz- Lungenkrankheiten, Diabetes)
- Dehydratation
- Medikamente
- Kussmaulsche Atmung, Acetongeruch (nach faulen Äpfeln)?
Körperliche Untersuchung/Labor
- Grad der Bewusstseinsstörung bestimmen (GCS)
- Pupillengrösse, -reaktion, Okulomotorik
- Halbseitensymptomatik, andere fokale neurologische Zeichen
- Hautveränderungen: Ausschlag, Petechien
- Infektionshinweise, Meningismus-Zeichen
- Hydratationszustand
- Atemmuster (Tachypnoe, Kussmaul, Cheyne-Stokes)
- Labor: ggfls. BZ-Bestimmung, je nach DD Entzündungsparameter, Elektrolyte
Primärversorgung
- Bei unklaren Bewusstseinsstörungen meist Einweisung in Kinderklinik nötig! Grundsätzlich gilt: Stabilisierung der Vitalfunktionen vor allen anderen Massnahmen!
- Bei Hypoglykämie (mit Bewusstlosigkeit): 20 % Glukose 2 ml/kgKG i.v., anschliessend kontinuierliche Glukoseinfusion. Bei diabetischem Koma: Sofort Volumensubstitution mit NaCl 0,9 % (15 bis 20 ml/kgKG i.v. über 15 min). Keine kaliumhaltigen Lösungen (Ringer oder Ringer-Lactat), kein initialer Insulinbolus!
Symptome
- Kompensierter Schock: Wegen geringer Symptomatik oft verkannt!
- Tachykardie, Rekapillarisierungszeit > 2 sec, Tachypnoe, normales bis blasses Hautkolorit, peripher kühle Extremitäten (kalter Schock), Blutdruck normal bis leicht erhöht, Fieber oder Hypothermie (Säuglinge) bei septischem Schock
- Dekompensierter Schock
- Rekapillarisierungszeit > 3 sec, Hypotension, Bewusstseinseintrübung, Apathie, Haut: Kühl marmoriert, blass-zyanotisch. Turgor bei Dehydratation vermindert, Tachykardie, kleine Pulsamplitude, Tachypnoe, Einziehungen, Oligo- bis Anurie. Wichtig: Bei Vigilanzstörung und Verwirrtheit immer nach anderen Schockzeichen suchen!
Therapie
- Die Therapie muss unbedingt vor Einsetzen einer Hypotonie beginnen –> sofortige Hospitalisierung
- Wenn in der Praxis möglich: Zugang legen und Volumensubstitution: NaCl 0,9 % oder Ringer-Lösung (initial ca. 50 ml/kg/h)
- Antibiotika: Nur bei septischem Schock oder bakt. Meningitis und falls Transport auf NF-Station > 30min dauert: Rocephin®(Ceftriaxon) 100 mg/kg i.v. (i.m.)