Klinik und Diagnostik
- Hängender Mundwinkel, verstrichene Nasolabialfalte, fehlender Lidschluss und Verminderung der Tränenproduktion (bei Beteiligung des Augenastes), ev. Geschmacksverlust (vordere 2/3 der Zunge), Hyperakusis auf der betroffenen Seite (selten), ev. Ohrschmerzen
- Fehlender Lidschluss teilweise oder vollständig (Lagophthalmus) mit Bell’schem Phänomen
- Stirnrunzeln ist auf der betroffenen Seite nicht möglich
- DD: Bei einer zentralen Fazialisparese ist die Stirnmuskulatur nicht betroffen und der Lidschluss meist erhalten (wegen bilateraler Innervation)
- Parotis auf Tumorschwellung untersuchen
- Otoskopie: Gehörgang auf Zoster untersuchen
Beachte: Eine langsame Progression, ein wellenförmiger Verlauf oder der Befall nur eines der beiden Äste ist ein Hinweis auf einen Tumor
Labor
- HIV-Test, Lues-Serologie (bei Risikoverhalten)
- Borrelien-Serologie empfohlen
- Bei jüngeren Patienten und Kindern
- Wenn ein Zeckenstich vorausgegangen ist bzw. klinische Hinweise auf eine Borreliose (z. B. kardiale Reizleitungsstörung, Arthritis, Schwindel, Hörverlust) bestehen
- Abstrich für PCR bei Verdacht auf Zoster oticus (falls klinisch nicht eindeutig)
- Lumbalpunktion ist bei Kindern wegen des hohen Prozentsatzes nicht idiopathischer Fazialisparesen zur Differentialdiagnose indiziert, insbesondere bei Verdacht auf Meningitis
Elektromyographie (EMG)
- Ev. bei kompletter Fazialisparese zur Abschätzung der Prognose
Bildgebende Verfahren (MRI, CT)
- Bei atypischer Klinik mit akzessorischen Symptomen (z. B. Hyperakusis, Tinnitus, sensible Ausfälle, Doppelbilder)
- Bei Progression über mehr als drei Wochen oder fehlender Besserung nach 6 Monaten
Therapie
- Steroide werden grundsätzlich empfohlen
- Dosierung: 60 mg Prednisolon für 6 Tage, anschliessend täglich um 10 mg reduzieren. Einnahme morgens. Die Therapie soll innert 3 Tagen nach Symptombeginn einsetzen
- Virustatika: bei Patienten mit schwerer Fazialisparese Kombination Valaciclovir plus Prednisolon. Therapie muss innert 3 Tagen nach Symptombeginn beginnen!
- Dosierung: Valaciclovir 3 x 1 g/d (plus 60–80 mg Prednisolon) für eine Woche
- Beachte: Ist die Fazialisparese durch Zostervirus bedingt (Zoster oticus), muss eine sofortige Therapie erfolgen, z. B. Valaciclovir (3 x tgl. 1‘000 mg p.o.) oder Famciclovir (3 x tgl. 250–500 mg) für 7 Tage
Cornea-Schutz vor Austrocknung
- Tagsüber: Tränenersatz; nachts: Dexpanthenol-Augensalbe, Uhrglasverband (Pro Ophta S Augenverband®).
- Bei ausbleibendem Erfolg „Lidloading“ (extern angebrachte Bleigewichte)
Physikalische Therapie
- Fazialisübungen nach Anleitung und unter Selbstkontrolle im Spiegel kann aus psychologischen Gründen empfohlen werden, leichte funktionelle Verbesserung ist aber nur bei chronischer Fazialisparese (> 9 Monate) nachgewiesen
–> Übungsanleitungen für Patienten: Universitätsklinikum Regensburg
Operation
- Bei schweren persistierenden Paresen im Einzelfall operative mikrochirurgische Behandlung mit dem Ziel, kosmetische und funktionelle Verbesserungen zu erreichen
Botulinumtoxin
- In Einzelfällen zur Linderung von Synkinesien (unwillkürlicher Lidschluss beim Sprechen), Spasmen der Gesichtsmuskulatur oder Hyperlacrimation („Krokodilstränen")
Hinweis: Zur Diagnostik und Therapie der Borreliose –> mediX GL Zeckenübertragene Krankheiten – Borreliose und FSME