Synkope

Erstellt von: Simone Erni, Uwe BeiseZuletzt revidiert: 10/2018 Letzte Änderung: 10/2021

Aktualisierung 10/2021

  • In Kap. 2.1 (Basisdiagnostik) wurde der Abschnitt zum Schellong-Test überarbeitet. Neu wird ein praktikabler Kurz-Schellong-Test empfohlen.

1. Definition, Epidemiologie, Klassifikation

Definition

Synkope

  • Ist ein plötzlicher, kurzer, spontan reversibler Bewusstseinsverlust mit Verlust des Haltetonus. Ursächlich ist eine vorübergehende, globale zerebrale Ischämie. Die Erholung verläuft spontan, vollständig und innert weniger Minuten.

Kurzzeitiger Bewusstseinsverlust/TLOC ("transient loss of consciousness"):

  • Zeitlich umschriebene bis einige Minuten andauernde Bewusstlosigkeit ohne Festlegung auf die Pathogenese (z. B. Synkope, traumatische Ursachen, Hirnstammischämien, epileptische Anfälle, metabolische Störungen, dissoziative (psychogene) Anfälle.

Epidemiologie

  • Die Synkope ist ein sehr häufiges Symptom und nimmt mit steigendem Alter zu. Über eine Periode von 10 Jahren trat bei > 70-Jährigen in 23 % eine Synkope auf. Fast 30 % erleben im Leben einmal eine Synkope.
  • Ein oder mehrere Rezidive treten, je nach Ursache, in 30–43 % auf – während einer Beobachtungszeit von 30 Monaten (4). Die Mortalität beträgt ca. 6 % bei Synkopen unklarer Ätiologie, 30 % bei kardialer Ätiologie und 12 % bei nicht kardialer Ätiologie.

Einteilung

  • Die Synkope stellt keine Krankheit, sondern ein unspezifisches Symptom für ein vielfältiges Spektrum möglicher Störungen dar. Es lassen sich mehrere Gruppen unterscheiden:

1.1. Reflexsynkope inkl. vasovagale Synkope (30–50 %)

Mechanismus:

  • Vasodilatation durch Sympathikushemmung und/oder eine überwiegend vagal bedingte Bradykardie oder Asystolie.

Je nach Auslöser unterscheidet man:

  • Vasovagale (= neurokardiogene) Synkopen (Störung des neurokardiogenen Regelkreises): häufigste Ursache einer Synkope bei jüngeren Patienten, auch vermehrt bei psychiatrischen Krankheiten wie Panikattacken, schweren ängstlich-depressiven Störungen). Die „klassische“ vasovagale Synkope ist meist getriggert durch schmerzhafte oder angstmachende Stimuli, langes Stehen, Hitzeexposition
  • Situativ: Bei Husten, Niesen, Lachen, Defäkation, Miktion (Verminderung der abdominellen Blutzufuhr beim Pressen)
  • Karotissinussyndrom (Hypersensitivität des Karotissinus).

1.2. Orthostatische Hypotonie (10–20 %)

Mechanismus:

  • Unzureichende Sympathikus-vermittelte Vasokonstriktion, meist Störung der autonomen kardialen Innervation. Hypotonie kann durch venöses pooling exazerbieren bei Anstrengung, postprandial oder nach langer Bettruhe.
    • Medikamentös: v. a. Diuretika, ACE-Hemmer, Kalziumantagonisten und Betablocker
    • Hypovolämie: z. B. Blutung, Diarrhö, Erbrechen
    • Neurogen: z. B. M. Parkinson, Lewy-Body-Demenz, Diabetes, Amyloidose, Neuropathie.

1.3. Kardiogene Synkopen (5–15 %)

1.3.1. Rhythmusstörungen (häufigste Ursache für kardiogene Synkopen)

  • Bradyarrhythmie: Sick-Sinus, AV-Block Grad II-III, Herzschrittmacherdysfunktionen, Medikamentennebenwirkungen
  • Tachyarrhythmie: Kammertachykardie, Torsades de pointes, supraventrikuläre Tachykardie
  • WPW-Syndrom.

1.3.2. Organische Herz (Kreislauf)-Erkrankungen

  • Aortenstenose, hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie, Lungenembolie, Aortendissektion, pulmonalarterielle Hypertonie, Vorhofmyxom, Myokardinfarkt, Perikardtamponade, Aortendissektion, rechtsventrikuläre Dysplasie.

1.4. Synkope unklarer Ursache (10–20 %)

Von den Synkopen müssen differentialdiagnostisch abgegrenzt werden:

Nicht synkopale Bewusstseinsverluste:

  • Epileptischer Anfall
  • Hypoglykämie
  • Intoxikationen.

Ereignisse ohne echten Bewusstseinsverlust:

2. Diagnostisches Vorgehen

2.1. Basisdiagnostik

  Folgende Fragen sind zu klären:       

  • Handelt es sich wirklich um einen Bewusstseinsverlust?
  • Handelt es sich um eine echte Synkope oder um einen nichtsynkopalen Bewusstseinsverlust?
  • Gibt es Befunde, die eine sichere Diagnose oder Verdachtsdiagnose erlauben?
  • Gibt es Hinweise auf eine schwerwiegende (kardiale) Erkrankung?
  • Muss der Patient ins Spital eingewiesen werden?

  Die vollständige Basisdiagnostik umfasst: 

  • Anamnese, körperliche Untersuchung inkl. neurologische Untersuchung, 12-Kanal-EKG, Schellong-Test.

1. Anamnese

Eine gründliche Anamnese reicht häufig aus für eine Diagnose oder Verdachtsdiagnose mit hoher Wahrscheinlichkeit.

  • Typische Auslöser/Begleitumstände
    • Nach langem Stehen, in engen Räumen, bei psych. Belastung, bei Angst –> vasovagal
    • Während/nach Miktion, Defäkation, starkem Husten, Niesen etc. –> situativ
    • Bei Drehen des Kopfes, beim Rasieren –> Karotissinussyndrom
    • Nach reichhaltigem Essen/Alkohol –> postprandiale Hypotonie
    • Bei körperlicher Belastung –> organische Herzerkrankung
    • Zeitlicher Zusammenhang mit Dosisänderung von Medikamenten
    • Bestehende autonome Neuropathie oder Parkinsonismus –> orthostatische Hypotonie.
  • Prodromi
    • Nausea, kaltes Schwitzen/Wärmegefühl, Brechreiz, Gähnen, abdominelle Beschwerden, Hyperventilation etc. –> vasovagal
    • Schwindel, muskuläre Schwäche, eingeschränktes Sehvermögen, Bewusstseins-/Hörstörungen, nach Aufstehen –> orthostatisch
    • Völliges Fehlen von Prodromi –> kardiogen (Bradyarrythmie: Asystolie, AV-Block)
    • Paroxysmaler Schwindel, Dyspnoe, thorakaler Druck, Herzrasen –> kardiogen (Tachyarrhythmien)
    • Thoraxschmerzen und Dyspnoe –> kardiogen (Ischämie)
    • Tonisch klonische Zuckungen können auch bei vasovagaler Synkope vorkommen!
  • Erholungsphase
    • Dauer des Bewusstseinsverlustes von > 5 min sprechen gegen eine Synkope
    • Bedeutsame Verletzungen sprechen für kardiogene Synkopen.
  • Ausserdem
    • Vorbestehende Erkrankungen
    • Medikamente (z. B. BD-senkende Mittel, Antiarhythmika)
    • Familienanamnese.

2. Körperliche Untersuchung

  • BD, Puls
  • Herz-/Lungenbefund, insbesondere Insuffizienzzeichen, Hinweise auf Herzvitium?
  • Strömungsgeräusche über Karotiden?
  • Neurologische fokale Defizite?
  • Hinweise auf Exsikkose, Anämie?
  • Periphere Neuropathie?

3. Ruhe-EKG (12-Kanal)

  • Abnormes Ruhe-EKG spricht gegen vasovagale Synkope
  • Eine rhythmogene Synkope kann bei folgenden Befunden diagnostiziert werden:
    • Sinusbradykardie < 40 Schläge/min beim wachen Patienten oder wiederholte sinuatriale Blockierungen der Sinuspausen > 3 sec
    • AV-Block II. Grades Typ Mobitz 2 oder AV-Block III. Grades
    • Alternierender Links- und Rechtsschenkelblock
    • Schnelle paroxysmale supraventikuläre Tachykardie oder Kammertachykardie
    • Nicht anhaltende Episoden polymorpher Kammertachykardien und verlängerte oder verkürzte QT-Zeit
  • Eine kardiogene Ischämie-assoziierte Synkope liegt vor bei akuten Ischämiezeichen im EKG kurz nach einer Synkope (auch ohne Herzinfarkt)
  • Eine kardiogen-vaskuläre Synkope wird diagnostiziert bei hochgradiger Aortenklappenstenose, pulmonaler Hypertonie, Lungenembolie oder akuter Aortendissektion.

4. Schellong-Test (6, 20) 

  • Soll früh im Abklärungsgang unklarer Sturz / Synkope erfolgen, am besten 1 h postprandial
  • Durchführung durch MPA, Befundung durch Arzt
  • Gilt als diagnostisch, wenn ein pathologisches Kreislaufverhalten und entsprechende Symptome vorhanden sind
  • Sollte bei entsprechender Anamnese als diagnostisch betrachtet werden, wenn ausschliesslich ein pathologisches Kreislaufverhalten vorhanden ist.

–> siehe auch mediX Kurz-Schellong-Test in der Praxis

Reaktionstypen der orthostatischen Dysregulation:

a. Posturales Tachykardie-Syndrom/orthostatische Tachykardie/hypertone Orthostasereaktion

  • P steigt um > 30/min, BDsys und BDdia bleiben etwa gleich oder steigen leicht an
  • Häufiger Frauen, Beginn im Jugendalter
  • Symptome: Benommenheit, Visuseinschränkungen, Zittern, Palpitationen, Schwäche (vor allem der Beine), seltener Synkope.

b. Orthostatische Hypotonie (OH)

  • BDsys sinkt um > 20 mmHg oder BDdia sinkt um > 10 mmHg (innerhalb 3 min = klassische OH; nach 3 min = verzögerte OH; falls BDsys sinkt > 40 mmHg sofort nach Aufstehen (< 30 s) = initiale OH).

 b1)  P steigt > 15/min (hyperadrenerge/sympathikotone Form)

 b2)  P bleibt in etwa gleich (hypoadrenerge/asympathikotone Form)

  • Häufig bei Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen, peripherer Neuropathie, höheres Alter, medikamentös, postprandial, hypovoläm
  • Symptome: Benommenheit, Schwindel, zunehmende Bewusstseinseintrübung und Synkope. 

c.)  Reflexsynkope (vasovagale, neurokardiogene Synkope, „neurally mediated syncope“)

  • BDsys/BDdia/P sinken (BDsys sinkt um > 20 mmHg oder BDdia sinkt um > 10 mmHg)
  • Auslösende Faktoren: Orthostatischer Stress, Emotionen, Husten/Miktion/Defäkation, nach körperlicher Anstrengung, überfüllte, warme Räume, Druck auf Karotissinus
  • Häufiger bei jüngeren Frauen, bei atypischer Form (assoziiert mit autonomer Dysregulation) Beginn im höheren Alter
  • Symptome: Schwitzen, Blässe, Übelkeit, Gähnen, Hyperventilation, (konvulsive) Synkope.

Red flags

Folgende Merkmale weisen auf ein hohes Risiko für eine schwerwiegende Erkrankung hin und erfordern eine dringende Abklärung (16):

Anamnese

  • Neu aufgetretener Brustschmerz, Abdominalschmerz, Dyspnoe, Kopfschmerz
  • Synkope während Anstrengung oder im Liegen
  • Plötzliche Palpitation mit nachfolgender Synkope.

Untersuchung

  • Unerklärlicher systolischer BD < 90 mmHg
  • Verdacht auf gastrointestinale Blutung bei rektaler Untersuchung
  • Bisher unbekanntes Herzgeräusch.

2.2. Erweiterte Diagnostik

Besteht ein Verdacht auf eine Synkope, ist die Diagnose aber unsicher, kommen ggfls. Zusatzuntersuchungen in Betracht:

I. Verdacht auf eine Reflexsynkope/vasovagale Synkope – Zusatzuntersuchungen

Folgende Befunde machen eine vasovagale Synkope wahrscheinlich:

  • Es liegt keine Herzerkrankung vor
  • Sehr lange Synkopenanamnese
  • Auftreten bei längerem Stehen, vor allem in überfüllten warmen Räumen
  • Mit Übelkeit oder Erbrechen assoziiert
  • Starkes Schwitzen vor oder nach der Synkope
  • Während oder nach dem Essen
  • Bei Kopfdrehung oder Druck auf den Karotissinus
  • Nach körperlicher Anstrengung.

Merke: Bei einmaliger oder selten auftretenden vasovagalen Synkopen ohne grössere Verletzungen ist keine weitere Abklärung erforderlich!

Zusatzuntersuchungen zur Absicherung der Diagnose können im Einzelfall notwendig sein:

1. Kipptischtest (vasovagale Synkope):

  • Bei häufig rezidivierenden Synkopen
  • Bei Synkopen mit Verletzungsfolge
  • Bei Synkopen in Risikosituationen z. B. Autofahren
  • Zur Abgrenzung konvulsiver Synkopen von generalisierten tonisch-klonischen Anfällen (mit zusätzlicher EEG-Ableitung)
  • Bei Patienten mit Verdacht auf dissoziative Anfälle (mit zusätzlicher EEG-Ableitung): Auslösung der Synkope ohne entsprechende Kreislauf- und EEG-Veränderungen

Anmerkung: Sensitivität des Kipptischtests: 35–85 % (je nach Patientenkollektiv), Spezifität: 85–95 % (14).

2. Karotissinusmassage

  • Bei Patienten über 40 Jahre mit unklarer Ursache, wenn klinisch der Verdacht auf Reflexsynkope besteht
  • Ein Karotissinussyndrom ist nur gesichert, wenn sich unter der Massage eine Bradykardie (Asystolie) und klinische Zeichen einer Reflexsynkope entwickeln. Beachte: Karotissinusmassage sollte vermieden werden bei Patienten mit vorausgegangenem Hirnschlag/TIA und Karotisgeräusch (dann vorher Duplexsonographie zum Ausschluss mobilisierbarer Plaques).

II. Verdacht auf Orthostatische Hypotonie – Zusatzuntersuchungen

Folgende Befunde machen eine orthostatische Hypotension wahrscheinlich:

  • Grunderkrankung, die mit vegetativen Störungen assoziiert sein kann (z. B. M. Parkinson)
  • Antihypertensive Neueinstellung, insbesondere mit Diuretika
  • Ohnmacht kurz nach Hinstellen
  • Positiver Schellong-Test mit zumindest präsynkopalen Symptomen.

Wenn trotz negativem Schellong-Test orthostatische Intoleranz kurz nach dem Aufstehen auftritt:

  • Valsalva-Manöver (Abklärung neurogene orthostatische Hypotonie)
  • Kipptischtest.

III. Verdacht auf kardiale Synkope – Zusatzuntersuchungen

Verdacht auf eine kardiale Synkope besteht bei:

  • Bekannter schwerer Herzerkrankung
  • Synkopen während körperlicher Anstrengung oder im Liegen
  • Palpitationen unmittelbar vor Synkope
  • Plötzlichem Herztod bei nahen Verwandten, bestimmten EKG-Auffälligkeiten, z. B. bifaszikulärer Block, AV-Block II. Grades (Mobitz 2), asymptomatische Sinusbradykardie (< 40 Schläge/min); Kammertachykardien.

Zur Absicherung der Diagnose können ev. folgende Zusatzuntersuchungen angezeigt sein:

  • EKG-Monitoring: Langzeit-EKG (liefert selten die Ursache) oder in Spezialfällen „implantable loop recorder“ (ILR)*
    *Loop-Rekorder werden unter der Brusthaut implantiert. Sie sind kleiner als ein USB-Stick und zeichnen bis zu 2–3 Jahre die elektrische Herzaktivität auf. Das Auslesen erfolgt kabellos in der Praxis.
  • Echokardiographie: bei Verdacht auf strukturelle Herzschädigung (deckt aber selten Ursache für Synkope auf)
  • Ergometrie: wenn Synkope bei oder unmittelbar nach Belastung auftrat. Diagnostisch beweisend: Synkope ausgelöst bei gleichzeitiger Arrhythmie oder Hypotonie, Auftreten eines AV-Blocks II. Grades (Typ Mobitz 2) oder eines AV-Blocks III. Grades (auch ohne Synkope).

3. Therapie (1, 2, 6, 17, 18)

I. Vasovagale Synkope/Reflexsynkope

  • Aufklärung über Ursache und günstige Prognose (keine Herzkrankheit!)
  • Primärer therapeutischer Approach sind Erlernen von Lifestylemodifikationen und Vermeidung von Triggerfaktoren/Medikamenten:
    • Auslösesituationen meiden, wie z. B. langes Stehen und Aufenthalt in engen Räumen
    • Rasches Absitzen/-liegen bei Auftreten von Prodromi
    • Ausreichende Trinkmengen (2–2,5 Liter Wasser täglich) und Kochsalzzufuhr
    • Tragen einer Kompressionsstrumpfhose bei häufigen Rezidiven
    • Erlernen isometrischer Gegendruckmanöver bei sich anbahnender Synkope (Hocken oder Kreuzen der Beine oder Anspannung der Bein-, Gesäss-, Bauch- und Armmuskeln)
    • Ermunterung zu sportlichen Aktivitäten (moderates Ausdauertraining).
  • Medikamente haben bei der vasovagalen Synkope einen geringen Stellenwert (17):
    • Der Nutzenvon Midodrin ist bei Patienten mit vasovagaler Synkope unklar (im Gegensatz zum Einsatz bei orthostatischer Hypotonie) (18)
    • Fludrocortison hat allenfalls moderate Effekte, kann in Einzelfällen bei jungen ansonsten gesunden Patienten mit tiefem syst. BD erwogen werden (16, 19)
    • Betablocker sind die am häufigsten eingesetzten Medikamente, sind bei der vasovagalen Synkope aber nicht wirksamer als Placebo und werden deswegen nicht empfohlen (12, 18)
    • Etilefrin (Alpha-Agonist) zeigte in placebokontrollierter Studie an 126 Patienten keinenpositiven Effekt
    • Selten Einsatz eines Pacemakers bei sehr schweren vasovagalen Synkopen mit ausgeprägten Bradykardien/Asystolien.
  • Herzschrittmacher kann auch bei (kardioinhibitorischem) Karotissinussyndrom und häufig auftretenden Synkopen erwogen werden (bei > 40-Jährigen) (16).

II. Orthostatische Hypotonie

  • Primär nichtmedikamentöse Massnahmenin Form von Patientenschulung:
    • Langsames, schrittweises Aufstehen; Liegen mit um 20–40 ° erhobenem Kopf; Kreuzen der Beine im Stehen erhöht den systemischen Blutdruck
    • Vermehrte Wasser- und Salzzufuhr (z. B. Bouillon), Meiden von üppigen Mahlzeiten (postprandiale Hypotonie) und körperlicher Belastung bei grosser Hitze. Koffein am Morgen kann eventuell hilfreich sein
    • Tragen von Kompressionsstrümpfen.
  • Medikamente (nur in hartnäckigen Fällen, falls nichtmedikamentöse Massnahmen ohne Wirkung) (15–17):
    • Fludrocortison (Florinef®): 0,1–0,2 mg/d, NW: Ödeme, Herzinsuffizienz, Hypokaliämie, bei Langzeiteinnahme Osteoporose u.a.
      oder
    • Midodrin (Gutron®) 3 x tgl. 5–10 mg, NW: Liegendhypertonus, Harnverhaltung, Parästhesien.
      Hinweis: Etilefrin (Effortil®) wird nicht empfohlen (16).

III. Kardiogen-rhythmogene Synkope

  • Therapie der zugrunde liegenden Herzerkrankung. Wichtig ist der Ausschluss einer medikamentös bedingten Rhythmusstörung: verschiedene Medikamente führen zu einer Verlängerung der QT-Zeit und so zu Kammertachykardien (Torsade de pointes)
  • Bradykarde Herzrhythmusstörungen
    • Bei der Sinusknotendysfunktion, dem Brady-Tachykardie-Syndrom und der AV-Knotenleitungsstörung besteht die Indikation zur Schrittmachertherapie (16).
  • Tachykarde Herzrhythmusstörungen
    Die Implantation eines ICD ist u. a. indiziert (16):
    • Bei Patienten mit ventrikulärer Tachyarrhythmie und struktureller Herzerkrankung
    • Bei induzierbarer anhaltender ventrikulärer Tachyarrhythmie bei Postinfarktpatienten
    • Bei Patienten mit dokumentierter ventrikulärer Tachyarrhythmie und angeborener Kardiomyopathie.
      Ausserdem:
    • Bei Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz (NYHA II–III) und LVEF ≤ 35 % nach mind. 3-monatiger optimaler Pharmakotherapie
    • Bei Patienten mit bifaszikulärem Schenkelblock und LVEF ≤ 35 %.

4. Literatur

  1. Parry SW: An approach to the evaluation and management of syncope in adults. BMJ 2010;340:c880. bmj 02/2010.
  2. Diehl RR, Hilz M, Steinhoff B, Schuchert A: Synkopen. In Diener HC, Weimar C (Hg): Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. 2012. vollst. überarb. Aufl. Thieme, Stuttgart: pp 58-73. AWMF09/2012.
  3. Sarasin FP: Synkope: woran denken, was abklären. Schweiz Med Forum 2008;8(49):957–960. Swiss Med Forum 08/2008.
  4. Kapoor W N, et al.: Diagnostic and Prognostic Implications of Recurrens in Patients with Syncope. Am J Med 1987; 83: 700-8.
  5. Sheldon R, Rose S, Connolly S et al. (2006): Diagnostic criteria for vasovagal syncope based on a quantitative history. Eur Heart J 27: 344-350.
  6. Task Force for the Diagnosis and Management of Syncope; European Society of Cardiology (ESC); European Heart Rhythm Association (EHRA); Heart Failure Association (HFA); Heart Rhythm Society (HRS), Moya A, Sutton R, et al.: Guidelines for the diagnosis and management of syncope (version 2009). Eur Heart J. 2009 Nov;30(21):2631-71. doi: 10.1093/eurheartj/ehp298. Epub 2009 Aug 27.
  7. Cottier C: Kurzdauernde Bewusstlosigkeit (Synkopen) Teil I: Einführung und Abklärungsgang bei Synkopen, Schweiz Med Forum 2002, Nr. 18.
  8. Cottier, M. Hilfiker: Kurzdauernde Bewusstlosigkeit (Synkopen) Teil II: Spezielle Krankheitsbilder, Schweiz Med Forum 2002, Nr. 18.
  9. Höllinger, M. Sturzenegger, Kurzdauernde Bewusstlosigkeit (Synkope) Teil III: Neurologische Aspekte von Synkopen, Schweiz Med Forum 2002, Nr. 19.
  10. Duplyakov D, Golovina G: Is it possible to accurately differentiate neurocardiogenic syncope from epilepsy? Cardiology Journal 2010, Vol. 17, No. 4, pp. 420–427.
  11. Humm AM: Synkopen – nichtepileptische anfallsartige Störungen auf kardiovaskulärer Basis. Epileptologie 2007; 24: 18–192.
  12. Sheldon R, Connolly S, Rose S et al.: Prevention of Syncope Trial (POST): a randomized, placebo-controlled study of metoprolol in the prevention of vasovagal syncope. Circulation 2006a; 113: 1164–1170.
  13. Kaufmann H, Saadia D, Voustianiouk A.: Midodrine in neurally mediated syncope: a double-blind, randomized crossover study. Ann Neurol 2002; 2: 342–345.
  14. Benditt DG, Ferguson DW, Grubb BP et al.: Tilt table testing for assessing syncope. ACC expert consensus document. J Am Coll Cardiol 1996; 28: 263–275.
  15. Previsdomini M, Perren A, Marone C: Orthostatische Hypotonie. Mechanismen, Ursachen, Behandlung. Schweiz Med Forum 2006;6:913–918.
  16. Brignole M, et al.: 2018 ESC Guidelines for the diagnosis and management of syncope. European Heart Journal (2018) 00, 1–69 doi:10.1093/eurheartj/ehy037 European Heart Journal 03/2018
  17. Benditt D. Syncope in adults: management. UpToDate 3/2018
  18. Izcovich A, Gonzalez Malla C, Manzotti M, Catalano HN, Guyatt G. Midodrine for orthostatic hypotension and recurrent reflex syncope: a systematic review. Neurology 2014;83:1170–1177
  19. Sheldon R, et al., POST 2 Investigators: Fludrocortisone for the prevention of vasovagal syncope: a randomized, placebo-controlled trial. J Am Coll Cardiol 2016;68:1–9.
  20. Juraschek SP et al. Association of History of Dizziness and Long-term Adverse Outcomes With Early vs Later Orthostatic Hypotension Assessment Times in Middle-aged Adults. JAMA Intern Med 2017; 177: 1316–23.

5. Impressum

Diese Guideline wurde im Oktober 2021 aktualisiert.  
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Herausgeber
Dr. med. Felix Huber

Redaktion 
Dr. med. Uwe Beise
PD Dr. med. Corinne Chmiel
Dr. med. Maria Huber 

Autoren
Dr. med. Simone Erni
Dr. med. Uwe Beise

Rückmeldungen bitte an: uwe.beise_at_medix.ch

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