Guideline

Hyperlipidämie

Erstellt von: Uwe Beise, Jovana Radulovic, Corinne Chmiel Zuletzt revidiert: 01/2024 Letzte Änderung: 02/2025

Hypercholesterinämie

Für PatientInnen

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in unseren Gesundheitsdossiers.

Aktualisierung 02/2025

  • Der Abschnitt zur individuellen Risikokalkulation wurde vollständig überarbeitet, inklusive kritischem Statement betreffend neuer AGLA Risikostratifizierung (–> Kap. 3).

Aktualisierung 01/2024

  • Die Guideline wurde vollständig durchgesehen und aktualisiert
  • Neu: Prioritär wird eine Statintherapie in fixer Dosierung empfohlen (fire-and-forget-Strategie)(–> Kap. 4.3)
  • Neu: Risikorechner SCORE2/SCORE2-OP (–> Kap. 3).

 

Vorbemerkungen

  • Zu beachten ist, dass viele Empfehlungen der aktuellen ESC/EAS Guidelines auf eher geringer Evidenz basieren (JAMA, 2019) und dass Daten insbesondere aus den USA aufzeigen, dass eine relevante Anzahl von Kardiologen substantielle Zahlungen von der Industrie erhalten (43)
  • Die ESC/EAS Guideline Dyslipidämie erhält in der Bewertung des Transparenzportals Leitlinienwatch 3 von 18 Punkten. Stark bemängelt werden die Zusammensetzung der Leitliniengruppe, fehlende Unabhängigkeit der federführenden Autoren und die fehlende externe Beratung. Eher positiv bewertet wird die Transparenz (–> Leitlinienwatch: ESC GL Dyslipidämie).

 

1. Definition, Ursachen und Bedeutung

Definition

  • Unter dem Begriff Dyslipidämie werden Veränderungen im Lipoproteintransport und im Fettmetabolismus zusammengefasst. Sie treten
    v. a. durch abweichende Werte von LDL, HDL und Triglyzeriden (TGL) in Erscheinung.

Ursachen

  • Genetisch
  • Lebensstil (z. B. Ernährung, Rauchen)
  • Sekundär als Folge anderer Erkrankungen
    • Vorwiegend sek. Hypercholesterinämie: Hypothyreose, obstruktive Lebererkrankung (Cholestase), nephrotisches Syndrom, Anorexie
    • Vorwiegend sek. Hypertriglyzeridämie: Alkoholismus (CAVE: TGL-assozierte akute Pankreatitis), Adipositas, chron. Niereninsuffizienz, (schlecht kontrollierter) Diabetes mellitus (DM).
  • Als Nebenwirkung von bestimmten Medikamenten
    • Z. B. Kortikosteroide, orale Kontrazeptiva, Thiazide, Betablocker, antiretrovirale Therapie (Lipodystrophie), Isotretinoin.
  • Neben genetischer Prädisposition sind die häufigsten Ursachen, die zu Dyslipidämie beitragen, exzessiver Alkoholkonsum und schlecht kontrollierter Diabetes mellitus (44).

Klinische Bedeutung

  • Erhöhte Cholesterinwerte gehen mit einem erhöhten kardiovaskulären (kv) Risiko einher. Lipidparameter (und ihre aktuellen Grenzwerte) sind – mit Ausnahme der familiären Hypercholesterinämie – für sich genommen jedoch kaum bedeutsam. Entscheidend für das patientenrelevante Risiko ist das Zusammenspiel verschiedener Risikofaktoren! –> siehe Kapitel 3
  • Bei mindestens 30 % der Patienten mit KHK/Herzinfarkt in jüngerem Lebensalter liegt eine familiäre Hypercholesterinämie vor (1)
  • Interventionsstudien belegen, dass eine Absenkung von LDL das Risiko von kv Ereignissen in der Sekundärprävention verringert
  • Ergebnisse einer prospektiven Kohortenstudie mit über 100’000 Teilnehmern: Die Gesamtmortalität in der Allgemeinbevölkerung ist bei hohen und bei tiefen LDL-Cholesterinwerten (als indirektes Zeichen einer schweren Erkrankung und Frailty) am höchsten, am geringsten dagegen bei Werten um 3,6 mmol/l (U-förmige Assoziation). Unter den mit Lipidsenkern behandelten Studienteilnehmern war die Gesamtmortalität am geringsten bei Werten um 2,3 mmol/l (35).

    Anmerkung: Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, das individuelle Gesamt-Risiko einer kardiovaskulären Erkrankung zu bewerten, um zu entscheiden, wann und ob eine lipidsenkende Behandlung eingesetzt werden sollte, anstatt die Behandlung ausschliesslich auf der Grundlage eines bestimmten LDL-Cholesterin-Spiegel-Wertes zu beginnen (35).

 

2. Diagnostik (2–4)

Screening

  • Alle 5 Jahre in der Primärprävention
    • Bei asymptomatischen Männern > 40 Jahre, Frauen > 50 Jahre oder postmenopausal*
    • Risikoabklärung alle 5 Jahre bei niedrigem Risiko, alle 2–5 Jahre bei intermediärem Risiko, siehe Kapitel 3
    • Ab 75 Jahre sollte kein Screening mehr durchgeführt werden.
      * Anmerkung: Nach der Menopause kommt es bei Frauen zu einer Verschlechterung des Lipidprofils, was möglicherweise zur Beschleunigung des ASCVD-Risikos beiträgt.
  • Bei Vorliegen anderer kv Risikofaktoren oder familiär gehäuften/vorzeitigen kv Erkrankungen ist eine Cholesterinbestimmung unabhängig vom Alter sinnvoll
  • Inspektion auf Xanthome, Arcus lipoides corneae bei hohen Cholesterinwerten.

Siehe auch mediX Guideline Check-up 

Labor

  • Standard in der Messung ist immer noch: Gesamt-Cholesterin (TC), LDL, HDL, TGL (im Point of Care Labor)
  • Die Blutproben müssen nicht nüchtern erfolgen (da Cholesterinwerte postprandial lediglich bis max. 0,2 mmol/l und damit klinisch nicht signifikant abweichen) (41)

    Hinweis: Es besteht (unabhängig von Nüchtern- oder Nicht nüchtern-Messung) z. T. eine grosse intraindividuelle Varianz der gemessenen Cholesterinwerte, wozu die beträchtlichen Unterschiede zwischen den Herstellern beitragen; idealerweise sollten bei treat-to-target-Strategie (–> siehe Kap. 4.3.2) die Verlaufskontrollen immer mit demselben Test stattfinden, was in Realität schwierig umzusetzen ist, wobei die Messgenauigkeit und damit die treat-to-target-Strategie kritisch zu hinterfragen sind.

    Ausnahmen
    • Bei TGL > 4,5 mmol/l führt die LDL-Berechnung mit der Friedewald-Formel zu falschen Ergebnissen. In diesem Fall empfiehlt sich eine Kontrolle nach mindestens 8 h Nahrungskarenz oder eine Direktbestimmung des LDL-Cholesterins (über medizinisches Grosslabor möglich). Eine häufige Abwechslung zwischen Messungen (kalkuliert vs. direkt gemessen) ist nicht empfohlen, da dies zu Fehlinterpretationen führen kann.
    • Bei Diabetikern empfiehlt sich eine Nüchtern-Bestimmung nur bei schlecht eingestelltem Diabetes mellitus, da das Risiko einer Dyslipidämie in diesem Fall unterschätzt werden kann (Diabetiker können postprandial bis zu
      0,6 mmol/l niedrigeres LDL haben).
  • In Ausnahmefällen bzw. in besonderen Situationen können verschiedene alternative Lipidparameter herangezogen werden –> Indikationsstellung durch Spezialisten (siehe Tabelle A2 im Anhang).

Ergänzende Basis-Untersuchungen

  • Blutdruckmessung
  • BMI
  • Blutzucker/HbA1c
  • TSH (–> Ausschluss Hypothyreose bei Hypercholesterinämie)
  • Leberfunktion (Transaminasen) als Basis-Assessment vor Beginn der Statintherapie und 8 Wochen nach Therapiebeginn bzw. Dosiserhöhung bei zusätzlichen Komorbiditäten, welche eine Hepatopathie mitverursachen könnten
  • Kreatininkinase nur bei Angabe von Muskelschmerzen.

 

3. Individuelle Risikoevaluation

  • Grundlage für eine Therapie-Empfehlung bei Hyperlipidämie ist die Einschätzung des individuellen kv Gesamtrisikos. In der Schweiz hat sich bislang der AGLA-Score etabliert, der bei Gesunden das absolute Risiko für ein tödliches Koronarereignis oder einen nicht-tödlichen Myokardinfarkt in den nächsten 10 Jahren berechnet.
    In der AGLA Version 2025 wurden für die Risikokalkulation nun jedoch Cutoffs programmiert, die in der Primärprävention klinisch teilweise fragwürdig erscheinen. Die Praktikabilität des Rechners ist deshalb nicht mehr uneingeschränkt gewährleistet.
    Beispiel: Ein 60-jähriger Nichtraucher mit optimalem Blutdruck ohne positive Familienanamnese nur mit leicht erhöhten Lipidwerten hat neu ein „hohes“ kv. Risiko, profitiert jedoch in der Primärprävention von Statinen praktisch kaum (siehe Kapitel 4.3.1)
  • Alternativ können weitere Risikokalkulatoren eingesetzt werden, die auf einer (teilweise) anderen epidemiologischen Basis beruhen und die z. T. auch das Lebenszeitrisiko und/oder die Auswirkungen therapeutischer bzw. Lifestyle-Massnahmen bei gesunden oder kardiovaskulär Erkrankten berechnen.
    Eine Übersicht gibt die nachfolgende Tabelle 1.
  • Bei Anwendung des neuen PREVENT calculator (seit 2024), der auf der Basis von US-amerikanischen Daten entstanden ist, werden – nach einer repräsentativen Stichprobe – ca. 50 % der Patienten einer geringeren Risikostufe zugeordnet als bislang (80), nur ein sehr geringer Anteil einer höheren Risikostufe (80, 83, 84). Etwa 10 bis 25 % der Patienten mit moderatem Risiko laut SCORE 2 werden im PREVENT in die Kategorie „low-risk“ reklassifiziert (79). Entsprechend dürfte sich auch der Einsatz von Statinen reduzieren.

Tabelle 1: Verschiedene Risikokalkulatoren zur Anwendung bei Gesunden, bei kardiovaskulär Erkrankten und Diabetikern

Score

Anwendung (Alter)

10-Jahres kv Risiko

Lebenszeitrisiko
/Therapieeffekte

Anmerkungen

Für gesunde Patienten ohne kardiovaskuläre Ereignisse/ohne Diabetes

AGLA*

Ab 40 J. (Männer) bzw. 50 J. (Frauen) bis 69 J.

 

Ja

Nein/Nein

  • Berechnet nur das kardiale Risiko, nicht das kv Gesamtrisiko
  • Daten auf Schweiz angepasst
  • Im Vergleich zu SCORE2/-OP geringere Sensitivität und höhere Spezifität

SCORE2/SCORE2-OP auch zu berechnen unter: 
PEER decision aid  (39, 40)

40–89 J.

Ja

Nein/Nein

  • Berechnet das kv Risiko (HI und Schlaganfall)
  • Beruht auf europäischen Daten, ist für die Schweiz als Niedrigrisikogebiet eingestellt
  • Im Vergleich zu AGLA höhere Sensitivität und geringere Spezifität

LIFE-CVD2 (28)

35–89 J.

Ja

Ja/Ja

  • Berechnet kardiovaskuläres Lebenszeitrisiko und die kardiovaskulär krankheitsfreie Lebenserwartung
  • Beruht auf Daten aus 13 europäischen Ländern

PREVENT calculator(78)

30–79 J.

Ja

Ja/Nein

  • Beruht auf Daten aus den USA
  • Berücksichtigt verschiedene metabolische Faktoren (HbA1c, BMI, UACR) und eGFR
  • Getrennte Risikoberechnung für kv Erkrankung (CVD), ASCVD und Herzinsuffizienz
  • Patienten mit normaler eGFR werden eher einer geringeren Risikostufe zugeordnet als in den anderen Scores (79, 80)

Für Patienten mit kardiovaskulären Krankheiten

SMART2 risk score

40–80 J.

Ja

Nein/Ja

  • Beruht auf Daten aus Europa, abgeglichen mit den SCORE-2-Daten

SMART-REACH

45–80 J.

Ja

Ja/Ja

  • Beruht auf Daten aus Europa und USA

Für Patienten mit Diabetes mellitus

SCORE2 Diabetes

  • 40–69 J. mit Diabetes ohne Folgeerkrankungen

Ja

Nein/Nein

  • Aus SCORE2 für Diabetiker adaptierte Daten

Dial2

  • 30–85 J.

Ja

Ja/Ja

  • Beruht auf Daten des National Diabetes Swedish Register, rekalibriert auf andere europäische Staaten mit unterschiedlichen kv Risiken
* Hinweis: Die Risikoschwellenwerte werden voraussichtlich in 2025 auf Basis der Schweizer CoLaus-Studie angepasst werden



Risikomodifikatoren

  • Wurden als potentiell ergänzendes Instrument in der ESC-Leitlinie (74) eingeführt.
    Sie können gemäss ESC-Expertenkonsens bei Patienten mit niedrigem und moderatem Risiko beigezogen und danach die Risikokategorie angepasst werden.
    Für eine routinemässige ergänzende Bildgebung gibt es keine Evidenz bei sonst asymptomatischen Patienten –> s. a. mediX Guideline Check-up (dort Kap. 2.1. und Kap 3)
    Risikomodifikatoren sind
    • Nicht-invasive kardiovaskuläre Bildgebung: Koronare Kalk (CAC)-Score-Messung im Herz-CT+, Sonographie der A. femoralis und A. carotis zum Plaque-Nachweis*
    • Positive Familienanamnese bezüglich frühzeitiger CVD (Männer < 55 Jahre, Frauen < 60 Jahre)
    • Körperliche Inaktivität, Adipositas
    • Frailty
    • Soziale Deprivation, psychosozialer Stress, schwere psychiatrische Erkrankung
    • Chronische immunvermittelte Entzündungserkrankung
    • Behandlung wegen HIV-Infektion
    • Vorhofflimmern
    • Linksventrikuläre Hypertrophie
    • Chronische Niereninsuffizienz
    • Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom
    • Nichtalkoholische Fettleber
    • Lp(a).
  • Anmerkungen
    * Asymptomatische Karotis- und Femoralis-Plaques sind mit erhöhtem Risiko für kv Ereignisse assoziiert. Bislang gibt es aber keine Studien, welche die Frage nach der Wirksamkeit von Lipidsenkern bei Patienten mit gescreenten (nicht-relevant stenosierenden) Plaques zum Gegenstand haben. Es besteht also kein klarer Mortalitäts/Morbiditätsbenefit, wenn zufällig entdeckte oder gescreente Plaques im Sinne einer Primärprävention mit Lipidsenkern behandelt werden.

    + Der Nachweis asymptomatischer koronarer Verkalkungen im Herz-CT zeigt Übereinstimmung mit der atherosklerotischen Gesamtlast und Entstehung kv Ereignisse (6). Metaanalysen liefern jedoch keine ausreichenden Zusatzhinweise, dass die Hinzufügung von CAC-Score zu herkömmlichen Risiko-Scores einen klinischen Nutzen bringt. Die Indikation von Statinen in der Prävention von asymptomatisch zufällig entdeckten koronaren Verkalkungen ist somit nicht gesichert insbesondere auch angesichts von Kosten, Nebenbefundraten und Strahlenrisiken (42). Bei bereits behandelten Patienten ist die Bestimmung des CAC-Scores zur Risikostratifizierung ohnehin nicht sinnvoll (7).


Familiäre Hypercholesterinämie

  • Bei stark gestörtem Lipidprofil muss an eine familiäre Hypercholesterinämie (FH) gedacht werden. Diese Patienten haben ein weit höheres kv Risiko als durch den üblichen AGLA-Score geschätzt wird: 10-Jahres-Risiko für Myokardinfarkt ohne Behandlung > 50 %!
  • Die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer FH kann mit Hilfe des Dutch Lipid Clinic Network (DLCN)-Score bestimmt werden.
    Hinweisend auf eine FH sind
    • TC ≥ 8 mmol/l, LDL > 4,9 mmol/l (Erwachsene)
    • TC > 6,7 mmol/l, LDL > 4,0 mmol/l (Kinder/Jugendliche)
    • Vorzeitige Atherosklerose beim Indexpatienten oder in der Familie.

 

4. Therapeutisches Vorgehen

4.1. Behandlungsstrategie und Behandlungsziele 

  • Die ESC-Leitlinie und AGLA (8) empfehlen eine Behandlung der Dyslipidämie abhängig vom individuell ermittelten kv Gesamtrisiko
  • Lebensstil-Massnahmen (–> Kapitel 4.2) stellen die Basis in der Primärprävention dar und sollten zuerst angestrebt werden, ebenso begleitend zusätzlich immer bei einer allenfalls notwendigen medikamentösen Behandlung. Rauchstopp und körperliche Bewegung weisen die besten Effekte auf
  • Bei Indikation zu einer ergänzenden lipidsenkenden Therapie: Statine sind die Medikamente der 1. Wahl (–> Kapitel 4.3).

4.2. Lifestyle-Massnahmen 

  • Wichtig ist, im Gespräch mit dem Patienten herauszufinden, ob die Bereitschaft für Änderungen im Lebensstil besteht. Ist dies der Fall, soll der Patient darin gestärkt und unterstützt werden
  • Verschiedene Lifestyle-Massnahmen wirken sich nicht nur auf den Lipidstoffwechsel aus, sondern auf Blutdruck, Gewicht und kv Gesamtmorbidität und Mortalität unabhängig vom Ausmass der LDL- Reduktion
  • Für Raucher ist der Verzicht auf Tabakkonsum eine viel wirksamere Massnahme als jede lipidsenkende Therapie.

Folgende Massnahmen werden empfohlen (73)

  • Physische Aktivität (schon ab 2‘500 Schritte gehen/Tag sind günstige kv Effekte zu erwarten), 8‘800 Schritte gehen/Tag den grössten Nutzen-Aufwand-Ertrag, bei Bewegung darüber hinaus nimmt der Grenznutzen stetig ab (77)
  • Ernährung
    Zu empfehlen ist eine mediterrane Diät (71), zu der auch ein regelmässiger Fischkonsum (mind. 2 x/Woche) gehört (19). Einschränkung des Fleischkonsums hat nur einen geringen kv Effekt (73).
    Andere Ernährungsumstellungen wie besonders auf Lipide abgestimmte Diät sind mässig wirksam: Es erreichen nur ca. 30 % der Patienten mit spezifischen Interventionen eine ca. 30 %ige Reduktion des LDLs
  • Alkoholkonsum und gezuckerte Getränke begrenzen oder ganz weglassen
  • Hohen Salzkonsum reduzieren, insbesondere bei Hypertonie.
    Anmerkung: Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass starke Salzrestriktion das kv Risiko möglicherweise erhöht (73)
  • Gewichtsabnahme anstreben, insbesondere bei Adipositas.

mediX Patienteninfomation: Erhöhtes Cholesterin – Antworten auf die wichtigsten Fragen

Nicht zu empfehlen

  • Omega-3-FS-Supplemente. Die in einem RCT ermittelte Wirksamkeit eines Supplements (21) konnte in diversen Folgestudien nicht bestätigt werden (63, 64). Das gilt auch für Fischölpräparate (20), dessen Herstellung zudem die Umwelt massiv schädigen.

 

4.3. Medikamentöse lipidsenkende Therapie

4.3.1 Primärprävention 

Indikation

In der Primärprävention soll eine lipidsenkende Therapie je nach Risikoprofil (–> Kap. 3) in folgenden Situationen angeboten werden

  • Patienten 40 bis 75 Jahre
    • Gemäss USPSTF (U.S. Preventive Services Task Force): Bei geschätztem 10-Jahres-Risiko für kv Ereignisse von 10 % oder mehr (bei einem oder mehreren kv Risikofaktoren wie FH, Dyslipidämie, Diabetes, Hypertension und/oder Rauchen)
    • Gemäss DEGAM (2017) und der AkdÄ (2023) kann im Regelfall auch ein 10-Jahres-Risiko für kv Ereignisse von 20 % als Schwelle für ein Statin-Therapieangebot angesetzt werden. Ausnahmen sind Patienten, die ein deutlich höheres Risiko im Vergleich zu gleichaltrigen Patienten aufweisen (dann Empfehlung gemäss USPSTF).
  • Patienten > 75 Jahre: Nutzen und Risiken eines Therapiebeginns in hohem Alter lassen sich aktuell nicht abschliessend beurteilen (81). Wichtige Erkenntnisse werden von den laufenden Studien STAREE und PREVENTABLE
    Ergebnisse einer grossen retrospektiven „Real-World“-Studie (82) sprechen jedoch dafür, eine bestehende Statintherapie bei Patienten > 75 Jahre fortzusetzen, sofern nicht z. B. geringe Lebenserwartung, Multimorbidität dagegen sprechen.  
    Auf Grundlage dieser Daten kann zudem individuell erwogen werden, eine Statintherapie in diesem Alter noch neu zu beginnen – unter Berücksichtigung der Lebenserwartung und der Begleitkrankheiten.

Nutzen

  • Zum Nutzen einer primärpräventiven Statintherapie siehe auch Faktenbox (Harding Zentrum)
  • Grundsätzlich gilt: Je höher das kardiovaskuläre Risiko ist, desto grösser ist der zu erwartende Nutzen einer Statintherapie
  • Die Baseline-Lipidwerte beeinflussen die relative Risikoreduktion nicht signifikant (46)
  • Bei Diabetikern (ohne kv Erkrankung) ist eine etwas höhere absolute Risikoreduktion zu erwarten als bei Nichtdiabetikern
  • Time-to-benefit: Um in der Primärprävention ein schwerwiegendes kardiovaskuläres Ereignis zu verhindern, müssen durchschnittlich 100 Personen (50–75 Jahre alt) 2,5 Jahre lang mit Statinen behandelt werden. Eine Ereigniszeitanalyse (47) deutet darauf hin, dass der Nutzen der Statintherapie mit längerer Nachbeobachtungszeit stetig zunimmt
  • Die meisten Patient*innen können durch Statintherapie eine relative Risikoreduktion kardiovaskulärer Ereignisse von etwa 30 % erwarten (50, 51)

    Beispiele
    Bei einem kv Risiko von 20 %/10 Jahre kann das absolute Risiko um 6 % auf 14 % gesenkt werden
    Bei einem kv Risiko von 10 %/10 Jahre kann das absolute Risiko um 3 % auf 7 % gesenkt werden.

Medikation

  • Zur Lipidsenkung sollen i. d. R. Statine in Normaldosis (z. B. Atorvastatin 40 mg) eingesetzt werden (–> Kap. 5.3.1), Ausnahme: Familiäre Hypercholesterinämie!
  • Es ist in der Primärprävention nicht belegt, dass eine Hochdosis-Statintherapie oder eine Titration auf Zielwerte einen relevanten Zusatznutzen hat.

 

4.3.2. Sekundärprävention

  • In der Sekundärprävention sind Statine wegen ihrer pleiotropen/plaquestabilisierenden Wirkung auch dann indiziert, wenn die Cholesterinwerte nicht erhöht sind.

Strategie fixe Statindosis („fire and forget“)

Vorgehen und Nutzennachweis

  • Bei dieser Strategie wird eine feste Statindosis ohne Anpassung an Zielwerte eingenommen. Weitere regelmässige Lipidbestimmungen mit Adjustierungen entfallen
  • Die Strategie ist einfach, praktikabel und mit geringem Aufwand verbunden, die Patienten erleiden weniger Nebenwirkungen und die Compliance steigt dadurch
  • Die Strategie vermeidet unnötige Therapieeskalationen mit Medikamenten von eher geringem Zusatznutzen bei vergleichsweise hohen Kosten (Ezetemib, PCSK9-Hemmer) –> siehe Kapitel 4.4.2 und 4.4.3
  • In fast allen Lipidstudien wurden feste Dosen gegeben, sodass eine verlässliche Evidenzgrundlage mit eindeutigem Nutzennachweis besteht (11)
  • Hochdosistherapie mit Statinen: Ein Nutzen ist lediglich belegt für Patienten mit manifester KHK ohne begleitende Herzinsuffizienz und Patienten ohne Niereninsuffizienz (22). Für Patienten mit PAVK oder nach ischämischem Insult liegen keine hinreichend belastbaren Daten vor (67)
  • Der Zusatznutzen einer Hochdosistherapie ist bei KHK jedoch relativ gering: Um einen nichttödlichen Infarkt zu verhindern, müssen 100 Patienten über 5 Jahre in Statin-Hochdosis behandelt werden
  • Dem möglichen Nutzen steht u. a. das leicht erhöhte Risiko gegenüber, einen Typ-2 Diabetes zu entwickeln (–> Kap. 4.4.1). Insgesamt ist die Verträglichkeit hochdosierter Statine deutlich eingeschränkt.

mediX empfiehlt

  • In der Regel soll auch in der Sekundärprävention die Fire and forget-Strategie gewählt werden.
  • Die fixe Statindosis soll in Normaldosis verabreicht werden, bei hohem kardialen Risiko kann auch eine Hochdosis-Statintherapie gewählt werden (bevorzugt Atorvastatin 80 mg, s. a. [62]), nach Aufklärung mit dem Patienten über Nutzen/Risiko Verhältnis
  • Ausnahme: Im Fall rezidivierender kv Ereignisse kann eine Einstellung auf strenge Zielwerte (treat to target-Strategie) erwogen werden. Diese Hochrisikopatienten sollten vor einer solchen Entscheidung jedoch über den begrenzten Zusatznutzen informiert werden.

Treat-to-Target-Strategie

Vorgehen und Nutzennachweis

  • Die Strategie geht von dem Axiom aus: Je stärker die LDL-Senkung, desto stärker die Senkung des kv Risikos. Grundlage für diese Annahme sind v. a. entsprechende Ableitungen aus Interventionsstudien und Metaanalysen (12, 22). Die Strategie beruht auf den Empfehlungen der European Society of Cardiology und wird u. a. von der Schweizerischen Kardiologischen Gesellschaft und der Arbeitsgruppe Lipide und Atherosklerose (AGLA) unterstützt
  • Bei dieser Strategie wird die Lipidsenkertherapie an definierten strengen Zielwerten in Abhängigkeit vom individuellen kv Risiko ausgerichtet (–> siehe Tabelle A1 im Anhang) und versucht, diese bei Bedarf durch Therapieeskalation unter zusätzlichem Einsatz von Nicht-Statinen zu erreichen
    • Wird das Therapieziel trotz maximal tolerierter Statindosis nicht erreicht, kann mit Ezetemib kombiniert werden (–> siehe Kap. 4.4.2)
    • Wird das Therapieziel mit maximal dosiertem Statin + Ezetemib nicht erreicht, kann mit PCSK9-Hemmer kombiniert werden (–> siehe Kap. 4.4.3).

mediX Bewertung der Treat-to target-Strategie

  • Die Überlegenheit einer Zielwert‐gerichteten Therapie ist bisher in keiner randomisierten Studie im Vergleich zu einer Strategie mit fixer Statindosierung eindeutig unter Beweis gestellt worden (65, 12)
  • Die grosse Mehrheit der Patienten erreicht unter Real-life-Bedingungen die angestrebten Ziele (in der Sekundärprävention) nicht (–> Da Vinci Studie, Schwedische Registerstudie) und leidet unter deutlich mehr Nebenwirkungen als unter einer Standarddosis
  • Der Nutzen einer Zusatztherapie mit Ezetimib und PCSK9-Hemmern ist begrenzt. Nur Erwachsene, die ein hohes Risiko für kardiovaskuläre Krankheiten inklusive Schlaganfall aufweisen und die bereits die maximale Dosis von Statinen einnehmen oder die Statine nicht vertragen, können von einer zusätzlichen Gabe von Ezetimib oder PCSK9-Inhibitoren eventuell profitieren – wobei der Nutzen bei tiefen LDL-Ausgangswerten fraglich ist (69) (–> siehe Kap. 4.4.2. und 4.4.3).

 

4.4. Lipidsenkende Medikamente

4.4.1. Statine 

Medikamente der 1. Wahl zur Lipidsenkung

  • Wirkung
    • Die Intensität der LDL-Senkung variiert zwischen den verschiedenen Statinen, hängt von der Dosierung und genetischen Veranlagung ab. Statine mit moderater Intensität kommen auf 30–50 %, hochintensive auf eine ≥ 50 %ige LDL-Reduktion. Als potente Statine gelten Atorvastatin, Rosuvastatin und Pitavastatin
    • Nach einer Netzwerkanalyse weist Atorvastatin das beste Nutzen-Risiko-Verhältnis auf (62).

Tabelle 1: Statine – Dosierung und LDL-Senkung

Intensität

Statin und Dosierung

LDL-C-Senkung

Gering

Fluvastatin 20–40 mg
Lovastatin 20 mg
Pravastatin 10–20 mg
Simvastatin 10 mg

< 30 %

Moderat

Atorvastatin 10–20 mg
Fluvastatin 80 mg
Lovastatin 40–80 mg
Pitavastatin 1–4 mg
Pravastatin 40–80 mg
Rosuvastatin 5–10 mg
Simvastatin 20–40 mg

30–49 %

Hoch

Atorvastatin 40–80 mg
Rosuvastatin 20–40 mg

≥ 50 %

  • Nebenwirkungen (UAW), Interaktionen und Kontraindikationen
    • UAW auf die Muskulatur (23)
      • Statin-assoziierte Myopathie (SAM), Myalgien. Häufigkeit 2–11 %, werden jedoch subjektiv überschätzt. Muskelbeschwerden (ohne CK-Erhöhung) sind im ersten Behandlungsjahr etwas häufiger als unter Placebo, im zweiten Behandlungsjahr nicht mehr (54)
      • Sehr selten ist die schwerwiegende immunmediierte nekrotisierende Myopathie, die immunsuppressiv behandelt werden muss (–> Einzelheiten Swissmedic)
      • Myositis und Rhabdomyolyse: Muskelschmerzen mit Erhöhung der CK um mindestens das 5-fache der oberen Normgrenze (einheitliche Grenzwerte liegen nicht vor). Häufigkeit: ca. 4 Fälle/100'000 Personenjahre. Über die Hälfte der Statin-induzierten Rhabdomyolyse-Fälle ereignen sich unter Komedikation.

        Hinweis: Muskelsymptome beginnen meist innerhalb weniger Wochen bis 4 Monate nach Beginn der Statintherapie. Sie verschwinden nach Therapieabbruch innert weniger Tage bis 4 Wochen.

        Management bei Statinintoleranz
        Verschiedene Strategien sind möglich
        • Beendigung der Statintherapie (immer bei Rhabdomyolyse, ev. bei primärpräventiver Therapie), bei Muskelschmerzen auch ohne CK-Bestimmung, wenn Zusammenhang mit Statin offenkundi
        • Ein anderes Statin wählen (z. B. Pravastatin, Fluvastatin in geringer Dosis
        • Eine geringere Dosierung, ggfls. alternierend wählen (z. B. jeden 2.Tag oder 2 x/Wo
        • Statin absetzen.

          Hinweis: Coenzym Q10 100/200 mg/d wird zur Therapie wegen fehlenden Nutzennachweises (23, 24) nicht empfohlen.

    • Erhöhtes Diabetesrisiko
      • Statine erhöhen das Risiko zur Erst-Manifestation eines Typ-2-DM, insbesondere bei Hochdosistherapie (51, 25, 55, 56)
      • Statine können zur Progression eines bestehenden Diabetes beitragen, inklusive Erhöhung der Wahrscheinlichkeit für Beginn der Insulin-Therapie (57). Auf 13 Patienten, die mit Statin behandelt werden, kommt es bei 1 Person zu einer Diabetesprogression, NNH = 13 (57)
      • Das Risiko ist erhöht bei vorbestehenden Diabetes-Risikofaktoren (Adipositas, Insulinresistenz), älteren Patienten, potenten Statinen und hoher Dosis.
    • UAW auf Leber
      • Die ALT als Korrelat für hepatozellulären Schaden steigt unter Statintherapie bei 0,5–2 %, meist ist der Anstieg nur minimal. Eine klinisch relevante Transaminasenerhöhung ≥ 3 ULN und v. a. eine relevante Hepatotoxizität oder Progress zu einem Leberversagen sind extrem selten. Das Routine-Monitoring von ALT unter Statintherapie wird deshalb nicht mehr empfohlen (nur im Rahmen eines Basis Assessment).
    • Risiko für hämorrhagischen Schlaganfall und Katarakt
      • Es gibt widersprüchliche Ergebnisse eines diesbezüglich erhöhten Risikos unter Statinen, das Thema ist nicht abschliessend geklärt (70).
    • Interaktionen
      • Alle Statine – ausser Pravastatin, Rosuvastatin und Pitavastatin – werden hepatisch über Cytochrom P450 metabolisiert. Ebenfalls CYP3A4-metabolisierte Substrate können potentiell interagieren und das Risiko für Myopathie und Rhabdomyolyse erhöhen. Es ist demnach empfohlen bei einer Statin Therapie immer einen Interaktionscheck mit jedem neu verordneten Medikament durchzuführen
      • Zudem sind die Patienten zu instruieren, dass Grapefruitsaft zu signifikanten Interaktionen führen kann
      • Ggfls. soll das Statin (z. B. bei Makrolidtherapie) vorübergehend abgesetzt werden oder man wechselt bei längerfristiger Komedikation mit einem CYP3A4-metabolisierten Medikament auf eines der folgenden Statine: Pravastatin, Rosuvastatin und Pitavastatin.
    • Kontraindikationen
      • Dekompensierte Leberzirrhose, akute Leberinsuffizienz, Cholestase.

 

4.4.2. Cholesterinabsorptionshemmer (Ezetimib)

  • Ezetimib ist zugelassen zur 2nd-Line-Therapie bei Statin-Unverträglichkeit oder in Kombination mit einem Statin, wenn das Therapieziel im Rahmen der Treat-to-target-Strategie in Monotherapie nicht erreicht wird.

Nutzen einer (Zusatz-)therapie mit Ezetemib

  • Kombinationstherapie
    Lediglich in einer Studie (13) konnte bei Patienten mit ACS durch Zusatztherapie mit Ezetimib eine Reduktion nichttödlicher Herzinfarkte nachgewiesen werden (NNT: 63/7 Jahre). Die absolute Risikoreduktion war mit 2,0 % gering. Die Sterblichkeit wurde nicht beeinflusst
  • Bei Patienten mit manifester koronarer Herzerkrankung erwies sich eine Kombinationstherapie aus Statin und Ezetemib einer Hochdosis-Statintherapie als nicht unterlegen (66)
  • Monotherapie
    Bis heute liegt kein klinischer Nutzennachweis für diesen Lipdsenker vor (72).

 

4.4.3. PCSK9-Hemmer

  • Evolocumab/Repatha® und Alirocumab/Praluent®. Applikation: 2- oder 4-wöchentlich subkutan
  • Limitatio BAG
    • Die Therapie bedarf einer Verordnung über den Spezialisten (z. B. Diabetologe, Angiologe, Kardiologe) und Kostengutsprache durch den Krankenversicherer
    • PCSK9-Hemmer werden als indiziert angesehen, wenn bei sehr hohem kv Risiko eine zusätzliche LDL-Senkung erforderlich ist, d. h. wenn mind.
      3 Monate mit der maximal verträglichen Dosierung mit mind.
      2 verschiedenen Statinen und/oder Ezetimib die LDL-Zielwerte nicht erreicht werden können
      • In der Sekundärprävention nach einem atherosklerotisch bedingten, ischämischen kv Ereignis und LDL > 1,8 mmol/l
      • In der Primärprävention nur bei Hochrisikopatienten mit
        • LDL > 5,0 mmol/l bei einer FH
        • LDL > 4,5 mmol/l bei Erwachsenen mit einer schweren heterozygoten FH mit zusätzlich mind. 1 der folgenden Risikofaktoren: DM, Lp(a) > 50 mg/dl bzw. 120 nmol/l, schwere Hypertonie.

Nutzen einer Zusatztherapie mit PCSK9-Hemmern

  • In Studien konnte bei Hochrisikopatienten die Zahl der Herzinfarkte (NNT: 90/2,5 Jahre) und Schlaganfälle (NNT: 250/2,5 Jahre) gesenkt werden (14, 15)
  • Es konnte jedoch nicht belegt werden, dass PCSK9-Hemmer die Gesamtsterblichkeit oder die kardiovaskuläre Sterblichkeit reduzieren (14, 15)
  • Von Alirocumab scheinen nur Patienten mit einem LDL-C Ausgangswert
    ≥ 2,6 mmol/l (100 mg/dl) profitieren zu können
  • Nur ca. 20 % der Patienten mit KHK erreichen unter Statintherapie einen Zielwert von 1,8 mmol/l (17).
    Die weitere LDL-Senkung von 1,8 auf 1,4 mmol/l bedeutet einen vermehrten Einsatz der PCSK9-Hemmer und damit eine erhebliche Steigerung der Behandlungskosten (ca. 18.– CHF/d, zum Vergleich: Statin ca. 0.60 CHF/d) (18).

 

4.4.4 Weitere Medikamente

Die nachfolgenden Medikamente sind ebenfalls zur Lipidsenkung zugelassen. Allerdings ist bislang für die Präparate kein klinisch relevanter Nutzen nachgewiesen worden

1.Bempedoinsäure (Nilemdo®)

  • Monotherapie: Bei Patienten mit hohem kv Risiko geringfügige Senkung des Infarktrisikos (NNT: 91/3,4 Jahre). Im Gegensatz zu Statinen keine Senkung der Sterblichkeit oder des Schlaganfallrisikos (58)
  • Kombinationstherapie: Es ist unklar, ob Bempedoinsäure kv Ereignisse verhindert, wenn es zusätzlich zu moderat oder hoch dosierten Statinen oder zusätzlich zu Ezetimib (Nustendi®) verabreicht wird (59, 60).

2. Nikotinsäure(-derivat) Acipimox (Olbetam®)

  • Keine Senkung der kardialen Morbidität oder Mortalität nachgewiesen.

3. siRNA (Inclisiran, Leqvio®)

  • Aussagefähige Daten zur Wirkung von Leqvio auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität liegen bislang nicht vor.

 

5. Management der Dyslipidämie in speziellen klinischen Settings

5.1. Ältere Patienten

  • Eine Statintherapie wird bei älteren Patienten (> 65 J.) sekundärpräventiv bei bekannter ASCVD vergleichbar wie bei jüngeren Patienten empfohlen, in der Primärprävention bis ≤ 75 J.
  • In der Primärprophylaxe älterer Patienten mit hohem kv Risiko ist der limitierte Nutzen der Statintherapie (siehe Kap. 4.3) lediglich für die Altersgruppe zwischen 65–75 J. belegt, im Alter > 75 J. ist die Datenlage inkonsistent (29, 30)
  • Nebenwirkungen treten bei älteren Patienten unter Statinen häufiger auf, insbesondere bei Kombination mit anderen Medikamenten, die wie Statine durch das Cytochrom-P450 metabolisiert werden (dadurch Hemmung des Statinabbaus mit konsekutiv erhöhten Statin-Serumspiegeln) oder bei höheren Statin-Dosierungen
  • Bei Patienten in höherem Lebensalter wird daher empfohlen, das Statin bei Niereninsuffizienz und/oder potentieller Arzneimittelinteraktion in niedriger Dosis zu starten und dann nach Bedarf langsam aufzutitrieren.

5.2. Herzinsuffizienz

  • Eine Statintherapie reduziert die Inzidenz einer Herzinsuffizienz bei Patienten mit KHK (31)
  • Es gibt aber keine Evidenz, dass Statine eine Herzinsuffizienz nicht-ischämischen Ursprungs verhindern oder bei HFrEF (Herzinsuffizienz mit reduzierter LVEF) einen Benefit haben (32).

Siehe auch mediX Guideline Herzinsuffizienz

5.3. Chronische Niereninsuffizienz

  • Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz (CKD) weisen häufig Lipidanomalitäten aller Art auf
  • Die meisten Patienten mit CKD haben aufgrund ihrer traditionellen Risikofaktoren ein hohes prognostiziertes 10-Jahres-kv Risiko.
    Laut AGLA-Risikorechner werden Patienten mit mindestens moderater Niereninsuffizienz grundsätzlich der Personengruppe mit hohem kv Risiko zugeordnet (–> Tabelle A1 und AGLA)
  • Der Nutzen einer Statintherapie bei CKD ist grundsätzlich belegt, zuletzt durch eine umfangreiche Cochrane-Analyse (74, 48, 49). Ausnahme: Bei Patienten unter Hämodialyse wird die Statintherapie wegen fehlender Wirksamkeit nicht empfohlen (33, 34).

Siehe auch mediX Guideline Chronische Niereninsuffizienz

mediX empfiehlt

  • Bei Patienten mit CKD und kardiovaskulärer Erkrankung gelten dieselben Empfehlung für die Sekundärprävention (siehe Kapitel 4.3.2)
  • Bei Patienten mit CKD ohne bekannte kardiovaskuläre Erkrankung und einem geschätzten 10-Jahres-Risiko für kv Ereignisse von mindestens 10 % im AGLA-Score sollte ein Statin angeboten werden (jedoch nie bei hämolysepflichtigen Patienten!)
  • Atorvastatin sollte bevorzugt eingesetzt werden, da keine Dosisanpassungen bei nachlassender Nierenfunktion erforderlich sind und das Statin positive Effekte auf Proteinurie und den Erhalt der Nierenfunktion hat (76).

5.4. Hypertriglyzeridämie

Bedeutung

  • Erhöhte TGL-Werte werden als eigenständiger, aber schwacher kv Risikofaktor angesehen. Der Nutzen einer TGL-senkenden Therapie ist – ausser bei exzessiver Hypertriglyzeridämie (dann insbesondere zur Vermeidung von Pankreatitiden) – aber nicht bewiesen.

Therapie

  • Es gibt keine zuverlässigen Studiendaten, die Auskunft darüber geben, welche Patienten mit Hypertrigylzeridämie behandlungsbedürftig sind und wenn ja, mit welcher Therapie
  • In erster Linie sind nichtmedikamentöse Massnahmen indiziert: Alkoholkarenz, Gewichtsabnahme bei Adipositas, aerobes Training, Vermeiden von Medikamenten, welche Triglyzeride erhöhen, bei Diabetikern strikte BZ-Kontrolle, Hypertonie behandeln, Nikotinabstinenz
  • Statine werden als Medikamente 1. Wahl bei hoher Risiko-Kategorie und
    TGL > 2,3 mmol/l empfohlen
  • Als ergänzende Option kann Feno- oder Bezafibrat erwogen werden, wenn das LDL nicht erhöht ist und TGL > 2,3 mmol/l liegt.

 

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Hinweis: Diese Guideline ist eine Weiterentwicklung der u. a. von Dr. med. Andrea Rosemann und Prof. Dr. med. Thomas Rosemann, Institut für Hausarztmedizin der Universität Zürich (IHAMZ), erstellten mediX Guideline Hyperlipidämie (07/2020). 

 

7. Anhang

Abkürzungsverzeichnis

ACS

Acute coronary syndrome, akutes Koronarsyndrom

AGLA

Arbeitsgruppe Lipide und Atherosklerose der Schweizerischen Gesellschaft für Kardiologie

ApoB

Apolipoprotein B

ASCVD

Atherosclerotic cardiovascular disease, atherosklerotische kardiovaskuläre Krankheit; i. e. früheres ACS (MI oder instabile Angina), stabile Angina, koronare Revaskularisation (PCI, CABG o. a.), Schlaganfall oder TIA, PAVK

BMT

Best Medical Treatment

CVE

Kardiovaskuläre Ereignisse

DM

Diabetes mellitus; T1DM: Typ-1-Diabetes; T2DM: Typ-2-Diabetes

eGFR

Estimated glomerular filtration rate

FH

Familiäre Hypercholesterinämie

HDL

High-Density-Lipoprotein-Cholesterin

kv

Kardiovaskulär

LDL

Low-Densitiy-Lipoprotein-Cholesterin

Lp(a)

Lipoprotein a

MI

Myokardinfarkt

NI

Chronische Niereninsuffizienz

NNH

Number Needed to Harm

NNT

Number needed To Treat

Non-HDL

TC minus HDL

PCSK9

Proprotein Convertase Subtilisin Kexin Type 9

RCT

Randomized controlled trial, randomisierte kontrollierte Studie

TC

Total Cholesterol, Gesamtcholesterin

TGL

Triglyzeride

VLDL

Very Low Density Lipoprotein-Cholesterin

 
Tabelle A1: LDL-Zielwerte bei Treat-to-Target-Strategie in Abhängigkeit vom kardiovaskulären Risiko

Kv Risiko

AGLA-Score*

LDL-Zielwert
(ESC 2019 [8])

 

10-Jahres-Risiko für…
Tödliches Koronarereignis oder nicht-tödlichen Myokardinfarkt

 

Niedrig

< 10 %

< 3 mmol/l

Moderat

10–20 %

< 2,6 mmol/l

 

T2DM1 gut kontrolliert und von kurzer Dauer
(z. B. < 10 Jahre), keine Endorganschaden3 oder weiteren RF4

Hoch

> 20 %

< 1,8 mmol/l
und ≥ 50 % Senkung

 

Moderate NI5 ohne DM oder ASCVD6

  • eGFR 30–44 ml/min/1,73 m2 und ACR7 < 30 mg/g oder
  • eGFR 45–59 ml/min/1.73 m2 und ACR 30–300 mg/g oder
  • eGFR ≥ 60 ml/min/1,73 m2 und ACR > 300 mg/g

 

FH8 ohne weiteren RF

 

 

T2DM* ohne ASCVD und/oder ohne schweren Endorganschaden, sofern die Kriterien für moderates Risiko nicht erfüllt sind

 

sehr hoch

 

< 1,4 mmol/l
und ≥ 50 % Senkung

 

Bestehende ASCVD

 

 

T2DM* mit bestehender ASCVD und/oder schwerem Endorganschaden:

  • eGFR < 45 ml/min/1,73 m2unabhängig von Albuminurie
  • eGFR 45–59 ml/min/1,73 m2 und Mikroalbuminurie (ACR 30–300 mg/g)
  • Proteinurie (ACR > 300 mg/g)
  • Vorliegen einer mikrovaskulären Erkrankung an mindestens 3 verschiedenen Stellen (z. B. Mikroalbuminurie plus Retinopathie plus Neuropathie)

 

Schwere NI ohne DM oder ASCVD

  • eGFR < 30 ml/min/1,73 m2 oder
  • eGFR 30–44 ml/min/1,73 m2 und ACR > 30 mg/g

 

FH + 1 weiterer RF

Extrem hoch

 

Rezidivierendes kv Ereignis innert 2 Jahren

trotz BMT

< 1 mmol/l

1 T2DM = Typ 2 Diabetes mellitus
2 T1DM = Typ 1 Diabetes mellitus
3 Endorganschaden = Mikroalbuminurie, Retinopathie, Neuropathie
4 RF = ASCVD-Risikofaktoren
5 NI = chronische Niereninsuffizienz
6 ASCVD = klinisch manifeste oder durch Bildgebung nachgewiesene atherosklerotische kv
Erkrankung
7 ACR = Albumin-Kreatinin-Quotient
8 FH = Familiäre Hypercholesterinämie
* Patienten mit T1DM, die älter als 40 Jahre sind, können auch darunter klassifiziert werden.

⇒ * Für Anwender des ESC-Scores
Der ESC SCORE 2/SCORE 2-OP unterscheidet nicht zwischen niedrigem und moderatem Risiko, sondern fasst beide Kategorien zusammen. Zu den detaillierten Kriterien der AGLA- und ESC-Risikokategorien –> siehe hier.

Tabelle A2: Lipidparameter, die in Einzelfällen bestimmt werden können (Indikation durch Kardiologen)

Lipidparameter

Bemerkungen

Apolipoprotein B (ApoB)

Risiko- und Therapiemarker bei Diabetes, Adipositas und Patienten mit hohem TGL (weil dadurch LDL-Bestimmung ungenau und zu tief kalkuliert wird) eingesetzt werden
Vorteil: Gute Standardisierung
Nachteil: Hohe Kosten (CHF 18.–), geringe klinische Erfahrung und fehlende Cut- off Werte für kardiovaskuläre Risikostratifizierung

Non-HDL (= TC – HDL)

Kann in gleichem Setting als ApoB bestimmt werden. Seine Konzentration im Blut ist mit Langzeitrisiko für atherosklerotische kv Krankheiten (ASCVD) hoch assoziiert. (37)
Die europäischen SCORE-Systemen (SCORE, SCORE2 und SCORE-OP) schliessen non-HDL als Cholesterinparameter für die Risikostratifizierung ein (38-40).  ApoB zeigte sich jedoch als präziser Marker für Gesamtmortalität (in der Patientengruppe, die mit Statinen behandelt sind), verlässlicher als non-HDL und sogar LDL) (36)

Lipoprotein (a)/Lp(a)

Mässig erhöhtes Lp(a) > 50 mg/dl erhöht das Risiko für kv Erkrankungen in Anwesenheit anderer Risiken, stark erhöht > 180 mg/dl gilt Lp(a) als isolierter Risikofaktor. Da genetisch determiniert, ist eine einmalige Bestimmung i. d. R. ausreichend

Indikationen zur Lp(a)-Bestimmung (5)
Frühzeitige kv Erkrankung, rezidivierende kv Ereignisse trotz adäquater Risikofaktor-Behandlung, stark positiv belastete Familienanamnese für KHK ohne Nachweis der klassischen Risikofaktoren und familiäre Hypercholesterinämie

Hinweis: Lp(a) kann medikamentös bislang nicht mit einem zugelassenen Medikament gesenkt werden*. Die Messung wird empfohlen, um eine optimierte Risikostratifizierung bei o. g. Patienten durchführen zu können (Empfehlung beruht jedoch lediglich auf Expertenkonsens)
* Das Lp(a)-senkende Antisense-Oligonukleotid AKCEA-APO(a)-LRx befindet sich z. Zt. in einer Phase-3-Studie. Eine Phase-2-Studie ist bereits publiziert (45)

 

8. Impressum

Diese Guideline wurde im Februar 2025 aktualisiert.
© Verein mediX schweiz

Herausgeberin
Prof. Dr. med. Corinne Chmiel

Redaktion
Prof. Dr. med. Corinne Chmiel
Dr. med. Felix Huber
Dr. med. Uwe Beise
Dr. med. Maria Huber

Autoren
Dr. med. Uwe Beise
Dr. med. Jovana Radulovic
Prof. Dr. med. Corinne Chmiel

Diese Guideline wurde ohne externe Einflussnahme unter Mitarbeit aller regionalen mediX Netze und assoziierter Netze erstellt. Es bestehen keine finanziellen oder inhaltlichen Abhängigkeiten gegenüber der Industrie oder anderen Einrichtungen oder Interessengruppen. Sofern nicht anders ausgewiesen, gilt dies ausdrücklich auch für die Guideline-Autoren.

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