Guideline Kurzversion

Vitamin-D-Mangel

Erstellt von: Dr. med. U. Beise Letzte Änderung: 11/2025

Diagnostik

Vitamin-Mangel

  • Vitamin-D-Mangel liegt bei 25-OH-D-Werten < 30 nmol/l (< 12 µg/l bzw. 12 ng/ml) vor und ist grundsätzlich therapiebedürftig
  • Die bisher verwendeten Kategorien Vitamin-D-Insuffizienz, ausreichende („suffiziente“) und optimale Vitamin-D-Spiegel lassen sich nicht durch definierte cut-off-Werte zuverlässig markieren und sind klinisch irrelevant

Toxizität

  • Vitamin-D-Spiegel ≥ 125 nmol/l (≥ 50 µg/l) können mit Nebenwirkungen/Risiken verbunden sein. Dazu zählen
    • Übelkeit, Erbrechen, Muskelschwäche, Knochenschmerzen, Polyurie, Dehydratation, Appetitverlust (Gewichtsabnahme), Nierensteine, im Extremfall Nierenversagen
  • Therapie: Sofort Absetzen von Vitamin-D, i.v. Hydratation; nur in schweren Fällen: Bisphosphonate und Kortikosteroide
  • Es wird grundsätzlich kein Screening in der gesunden Allgemeinbevölkerung empfohlen
  • Die Bestimmung des Vitamin-D-Spiegels ist eine Option in folgenden Risikosituationen, bei denen alternativ aber auch eine empirische Substitution (ohne Messung) möglich ist
    • Personen mit Malabsorption (z. B. nach bariatrischer OP, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder Zöliakie; s. a. mediX FS Bariatrische Chrirugie – Nachkontrollen)
    • Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz (s. a. mediX GL Niereninsuffizienz)
    • Verdacht auf Knochenerkrankungen, rachitische Zeichen in Röntgenuntersuchungen, ungeklärter proximaler Extremitätenschmerz bei älteren Menschen (–> mediX GL Osteoporose)
    • Parathormonstörung, ungeklärt erhöhte alkalische Phosphatase, niedriger Calcium- oder Phosphatspiegel (s. a. mediX FS Elektrolytstörungen)
    • Patienten unter AIDS-Medikamenten* (ART) und bestimmte Antiepileptika (s. a. Kap. 5)
      * Bei ART wird eher ein Screening befürwortet und auf dieser Grundlage der Substitutionsbedarf ermittelt

Wichtig: Die Kosten der Vitamin-D-Bestimmung (CH 47.70) werden von der OKP nur bei Personen übernommen, die bestimmte Kriterien erfüllen –> siehe Analytica.

  • Die Bestimmung des Parathormons ist nicht geeignet, einen tatsächlich bestehenden Vitamin-D-Mangel zu diagnostizieren bzw. zu bestätigen oder zu widerlegen

Vitamin-D-Substitution

Eine empirische Vitamin-D-Substitution – ohne vorausgehende Vitamin-D-Bestimmung und ohne spätere Kontrollen – ist eine Option bei folgenden Patienten/Personen

  • Patienten mit osteoporotischer Fraktur (allenfalls zusammen mit Calciumsubstitution), nicht jedoch generell zur Osteoporoseprophylaxe!
    Beachte: Im Rahmen der Osteoporosediagnostik kann Vitamin-D gemessen werden. Anschliessend empirisch substituieren ohne weitere Kontrollmessungen
  • Patienten mit Malabsorptionsstörungen, Niereninsuffizienz, nach bariatrischer Chirurgie
  • Neugeborene und Kleinkinder bis zum Ende des 3. Lebensjahres
  • Patienten unter längerfristiger Steroidtherapie
  • Menschen, die aus kulturellen/religiösen Gründen Ganzkörperbekleidung tragen (Verschleierung)
  • Häuslich gebundene Personen und Menschen, welche die Sonne strikt meiden (Sonnencreme macht keine verminderte Vitamin-D-Produktion in der Haut)
  • Ev. Schwangere

Dosierung und Kontrollen

  • Prophylaktische Vitamin-D-Supplementierung soll nur bei o. g. Risikogruppen erfolgen
    • Erwachsene: Die prophylaktische Vitamin-D-Dosis beträgt 800 IE/d
    • Säuglinge und Kleinkinder (Rachitis-Prophylaxe)
      Säuglinge: Ab der 3. Lebenswoche täglich Vitamin-D3 400 IE/d bis Ende des 1. Lebensjahres, im 2. und 3. Lebensjahr 600 IE/d
      Frühgeborene: Vitamin-D3 400–800 IE/d bis Ende des 1. Lebensjahres, dann im 2. und 3. Lebensjahr 600 IE/d

Beachte: Bei Patienten, die eine prophylaktische Vitamin-D-Supplementierung erhalten, muss keine Vitamin-D-Messung erfolgen

Substitution bei Vitamin-D-Mangel 25(OH)-D (< 30 nmol/l ≙12 µg/l bzw. 12 ng/ml)

  • Erwachsene: 25‘000 bis 50’000 IE Vitamin-D/Woche für 6–8 Wochen oder 6‘000 IE/d für 6–8 Wochen, anschliessend Erhaltungstherapie 800 IE/d
  • Kinder: 5’000 IE Vitamin-D/d für 2–3 Monate (Standardtherapie); bei rachitischen Kindern werden auch Hochdosistherapien eingesetzt (→ Behandlung beim Pädiater)
  • Bei adipösen Patienten (ab BMI 30 kg/m2) mit Indikation für eine Supplementierung –> 3’000–6’000 IE/d
  • Bei Patienten, die Medikamente einnehmen, welche den Vitaminmetabolismus stören (nur orientierend, da keine einheitlichen EMpfehlungen vorhanden)
    • AIDS-Medikamente (ART) –> 2’000–4'000 IE/d für 2–3 Monate, Erhaltungsdosis 1’000-2'000 IE/d
    • Antiepileptika* 2’000–4'000 IE/d für 2–3 Monate, Erhaltungsdosis: 800-1'000 IE/d
      * Gilt für Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital, Primidon, Valproat. Lamotrigin und Topiramat beeinflussen Vit D-Spiegel nicht
  • Bei Patienten mit Malabsorption oder Gastrektomie hängt die orale Dosis und die Therapiedauer von der individuellen Absorptionskapazität ab. Hohe Vitamin-D-Dosen von 10’000–50'000 IE/d können im Einzelfall notwendig werden (2, 7; siehe auch mediX FS Bariatrische Chrirugie – Nachkontrollen)

Faustregel: 400 IE Vitamin-D/d erhöht den Vitamin-D-Spiegel um 8–10 nmol/l, der Effekt kann aber individuell unterschiedlich ausfallen. Die Substitution soll mind. 8–12 Wochen erfolgen, um einen stabilen Spiegel zu erzielen

  • Bei chronischer Niereninsuffizienz ab einer Niereninsuffizienz Stadium G3a soll der 25-OH-D-Spiegel bestimmt werden, insbesondere bei persistierendem Hyperparathyreoidismus
  • Nur in speziellen Fällen (z. B. anhaltend hohe Calciumspiegel) kann die Bestimmung des 1,25-OH-D-Spiegels indiziert sein
  • Patienten mit eGFR > 30 ml/min, die unter keiner mit der CKD assoziierten metabolischen Knochenerkrankung leiden (z. B. Hyperparathyreoidismus, Hyperphosphatämie), sollten ähnlich wie Patienten mit normaler Nierenfunktion behandelt werden
  • Hypercalcämie vermeiden!

Dosierung bei Vitamin-D-Mangel

  • 6'000 IE Vitamin-D p.o. wöchentlich oder 45'000 IE alle 2–3 Monate p.o.
  • Calcitriol (= aktives Vitamin-D) nur falls eine PTH-senkende Therapie indiziert ist, z. B. Calcitriol Salmon Kps 0,25 mcg auf die Nacht
  • Osteoporose-Prävention: Supplementierung mit Vitamin-D 800 IE/d soll nur bei Risikokonstellationen erfolgen
  • Osteoporose-Therapie: Vitamin-D soll im Rahmen einer spezifischen Osteoporosetherapie substituiert werden (Dosis entweder empirisch 800 IE/d oder auf Basis des Vit D-Spiegels, sofern der Spiegel relevant zu tief ist), um einer Hypokälzämie vorzubeugen

Siehe mediX Guideline Osteoporose

  • Eine Vitamin-D-Supplementierung zur Prävention oder Therapie nicht-skelettaler Erkrankungen (Tumore, Herz-Kreislauf-Krankheiten, Multiple Sklerose, Infektionen, etc.) ist nicht indiziert!