Diagnostik
- Funktionelle Dyspepsie (FD), akut oder chronisch, ist ein Sammelbegriff für abdominelle Beschwerden, die Patient oder Arzt im Oberbauch lokalisieren und keine Pathologie in objektivierbaren Abklärungen zeigen
- Die funktionelle Dyspepsie ist von anderen Erkrankungen mit Oberbauchbeschwerden klinisch nicht sicher zu unterscheiden
Für eine funktionelle Dyspepsie sprechen
- Beschwerdedauer: Variable Beschwerden ohne wesentliche Progredienz, diffuse und wechselnde Schmerzlokalisation, Stressabhängigkeit der Symptomatik
- Timing, Intensität und Charakter: Im Tagesverlauf zunehmend, postprandial, Krampf
- Lokalisation: Retrosternal, epigastrisch, subkostal, Head-Zone
- Überlappung zu Symptomen des unteren GI-Traktes (Reizdarm: Blähungen, Rumoren, veränderte Stuhlfrequenz, -konsistenz)
- Nicht-gastrointestinale Begleitbeschwerden: Schwitzneigung, Kopfschmerzen, Reizblase, funktionelle Herzbeschwerden
Differentialdiagnostische Hinweise
- Gibt es Alarmsymptome? (s. u.)
- Sodbrennen weist auf gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) hin, es kann aber Überlappungen geben
- Medikamente: ASS, NSAR –> NSAR Dyspepsie, Ulkus
- Ausstrahlung in den Rücken –> Chronische Pankreatitis? Aortendissektion?
- Gewichtsabnahme –> Malignom?
- Episodischer epigastrischer Schmerz im re. oberen Abdomen mit Erbrechen/Übelkeit –> Cholelithiasis
- Aggravation durch Nahrungsmittel –> orales Allergiesyndrom, Laktose, Fruktose)? Siehe GL Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- Auftreten nach Infekten –> postinfektiöse Motilitätsstörung (kann bis zu mehreren Monaten noch anhalten)?
- Systemerkrankungen: Diabetes, Amyloidose, Neuropathie, M. Parkinson?
Alarmsymptome
- Höheres Lebensalter bei Erstmanifestation
- Nächtlich weckende Beschwerden
- Dysphagie, Odynophagie, Bolusereignis (–> Eosinophile Ösophagitis, peptische Stenose, Soor, Malignom)
- Anhaltendes Erbrechen
- Nicht intendierter Gewichtsverlust
- Unerklärliche Eisenmangelanämie
- Belastende Familienanamnese für Malignome (junges Alter bei Manifestation in der Familie, HNPCC/Lynch).
Körperliche Untersuchung
- Palpabler Tumor im Oberbauch?
- Pathologische Lymphknoten im klinischen Status?
- Ikterus?
Labor/Endoskopie/Ultraschall
H. pylori-Test
- Grundsätzlich nur testen, wenn bei H. pylori-Nachweis eine Eradikation vom Patienten gewünscht und durchgeführt werden soll
- Bei Patienten < 60 J. mit neu aufgetretenen FD-Symptomen soll zunächst kein Test auf H. pylori erfolgen. Ausnahme: Bei Patient*innen mitMigrationshintergrund aus Magenkarzinom-Hochprävalenzländern (Süd/Ost-Europa, Asien, Afrika)
Endoskopie (Ösophagogastroduodenoskopie)
- Bei Patient*innen ab 60 J. mit neu aufgetretenen FD-Symptomen, sowie bei Patient*innen mit Alarmsymptomen und bei therapieresistenten Beschwerden
Labor
- Schwangerschaftstest (wenn SS eine Option ist), Blutbild/CRP, BZ/HbA1c, Leberenzyme/Cholestasewerte, Kreatinin
Ultraschall Abdomen
Bei gleichzeitig bestehendem Ikterus oder einer Schmerzsymptomatik, die auf eine mögliche biliäre oder pankreatische Ursache hindeute
Therapie
- Aufklärung über den (gutartigen) Charakter der Erkrankung
- Relativierung überhöhter Ansprüche an einen Behandlungserfolg
- Hinweis auf natürliche Undulation der Krankheitsintensität (Phasen von Beschwerdearmut, -freiheit wechseln mit intensiveren Beschwerden)
- Verhaltensratschläge: Bewegung, Stressabbau, Zeit nehmen fürs Essen, Hinsetzen, Kauen, Reduktion fettreicher Speisen, Beachten individueller Unverträglichkeiten
- Abraten von unsinniger oder auch wiederholter Diagnostik (z. B. serologische Allergietests, wiederholte Endoskopien)
- Abraten/Relativieren von unsinnigen/unerprobten Diäten oder Therapien (z. B. Prä-, Pro-, Symbiotika, Darmpilzsanierung)
- Protonenpumpenhemmer (PPI): Bei fehlenden Alarmzeichen wird eine probatorische Behandlung mit PPI 20–40 mg über 4–8 Wochen empfohlen. Wichtig: Anschliessend PPI ausschleichen/wieder absetzen! PPI sollen auch bei Patient*innen verordnet werden, die nach H. pylori-Eradikationstherapie weiter symptomatisch sind
- H. pylori-Eradikationstherapie –> siehe GL Ulkuskrankheit/H. pylori Infektion
Bei erfolgloser Initialtherapie
Individuell kann eine Behandlung mit Prokineta oder Trizyklika versucht werden (geringe Evidenz)
- Prokinetika am ehesten wirksam bei Übelkeit, postprandialem Unwohlsein oder vorzeitigem Sättigungsgefühl, jedoch meist nicht als Dauertherapie
- Domperidon: 3 x 10 mg/d vor den Mahlzeiten, KI bei Rhythmusstörungen, weniger extrapyramidale UEW als Metoclopramid
- Metoclopramid: 3 x 10–20Tr./d vor den Mahlzeiten
- Trizyklika (z. B. Amitryptilin, Trimipramin) am ehesten bei epigastrischem Schmerz – niedrigdosiert beginnen! Andere Antidepressiva kommen nicht in Betracht
- Phytotherapeutika können im Einzelfall erwogen werden
- STW5 (Iberogast®), 3 x 20 Tr./d zu den Mahlzeiten