Definition
- Akute Diarrhö: Stuhlfrequenz ≥ 3 x/d, Konsistenz flüssig bis breiig
- Persistierende Diarrhö: Dauer > 14 d
- Chronische Diarrhö: Dauer > 3–4 Wochen
Diagnostik
Bei akuter Diarrhö sind für die weitere Diagnostik und Therapie entscheidend
- Klinisches Bild (Fieber, Hypovolämie, Abdominalschmerzen, Blut im Stuhl)
- Dauer der Symptomatik, ggfls. Inkubationszeit (bei V. a. Reisediarrhö)
- Alter
- Immunstatus
Red flags
- Ältere PatientInnen (> 70 J.)
- Immunsuppression (medikamentös, krankheitsbedingt)
- Vorbestehende Erkrankungen (chronisch entzündliche Darmerkrankungen, künstliche Herzklappen, Diabetes mellitus etc.)
- Schweres Krankheitsbild (z. B. Fieber, Dehydrierung, Sepsis)
- Angestellte in Lebensmittelbetrieben
- Vorausgehende Antibiotikatherapie (in den letzten 3 Monaten)
- Blutiger Stuhl
Was spricht für eine Parasitose?
- Meist langdauernde, nicht sehr schwere Durchfälle
- Kein Fieber
- Blutig allenfalls bei Amöben
- Inkubationszeit: Minimal 1 Woche, meist mehrere Wochen
- Symptome wechselnd: Blähungen, weiche breiige Stühle, Rumpeln im Bauch, gelegentlich auch Obstipation, übelriechendes Gas, gelegentlich Blut/Schleim (nur bei Amöben)
–> Abklärung auf Parasiten nur bei länger dauernden Durchfällen (> 2 Wochen)!
Ursachen für länger dauernde Diarrhö (1–4 Wochen ohne Entzündung)
- Postenteritische Laktoseintoleranz
- Infekt-getriggertes Reizdarmsyndrom
- Darmfloraverschiebung
- Chronisch entzündliche Darmerkrankung (seltener)
Cave Reiserückkehrer: Malaria, Dengue Fieber verursachen auch oft Durchfall!
Wann ist eine Erregerdiagnostik erforderlich?
- Die akute Diarrhö mit Red flags und der schwere akute Durchfall vom entzündlichen Typ (Dysenterie) sollen abgeklärt und adäquat behandelt werden!
Ein Erregernachweis durch „Stuhltests“ (Multiplex PCR-Panels, Einzeltests) ist bei akuter Diarrhö wie folgt indiziert
Ohne Reiseanamnese
- Bei älteren Patienten (v. a. bei frailty und Fieber)
- Panel „Basis‟
- Entzündlich (Dysenterie: Fieber, Abdominalschmerzen, Blut im Stuhl)
- Panel „Dysenterie‟ – falls negativ: Einzeltest Entamoeba histolytica DNA
- Nach Antibiotikatherapie/nach Spitalaufenthalt
- Einzeltest C. difficile (Antigen und Toxin)
- Bei Immunschwäche
- Panel „Basis‟
Akute Reisediarrhö
- Entzündlich (Dysenterie)
- Panel „Dysenterie‟
- Bei Rückkehr aus tropische Gebieten
- Auch Malaria, Dengue-Fieber und Typhus erwägen (Nachweis von S. typhi mittels Blutkultur)
⇒ Praktische Hinweise
- In den allermeisten Fällen zunächst zuwarten. Dauert die Diarrhö länger als 7–10 Tage, kommen nur noch Protozoen in Frage, welche dann abgeklärt werden sollten.
- Für den Beginn der Behandlung müssen die Resultate der Bakteriologie nicht abgewartet werden (empirische Therapie)
- Untersuchung auf Wurmeier nur bei spezifischer Anamnese. Würmer machen keinen Durchfall.
- Häufigste Gründe für eine länger dauernde Diarrhö (1–4 Wochen, ohne Entzündung): Postenteritische Laktoseintoleranz, Infekt-getriggertes Reizdarmsyndrom, (seltener) chronisch entzündliche Darmerkrankung oder Darmfloraverschiebung
Diagnostik
- Calprotectin (chronisch entzündliche Darmerkrankung)
- TSH (Hyperthyreose)
- Laktoseintoleranz
- Sprue-Serologie
- Medikamentenanamnese (u. a. Olmetec®)
- Stuhltests
- Nach Antibiotikatherapie: Einzeltest C. difficile
Bei Immunkompetenten, mit und ohne Reiseanamnese: Panel „Protozoen‟
Therapie
- Rehydrierung, oral (ev. intravenös)
- Loperamid bei nicht-entzündlicher Diarrhö
- Laktosekarenz 1–2 Wochen
- Nicht anwenden: Kohle, spezielle Diäten
Empirische antibiotische Behandlung sollte (nur) in folgenden Situationen erfolgen
- Schwere Symptomatik (mehrtägiges Fieber, massiver Volumenmangel)
- Invasive bakterielle Infektion mit blutiger Diarrhö (Dysenterie)
- Erhöhtes Risiko für Komplikationen: > 70 J. mit Frailty/Komorbiditäten und Fieber, Immunsupprimierte, Komorbiditäten wie z. B. Atherosklerose
- Für den Beginn der Behandlung bei schwerer Erkrankung oder Dysenterie müssen die Resultate der Bakteriologie nicht abgewartet werden (–> empirische Therapie)
- Cave: Keine Antibiotika bei hohem Verdacht auf EHEC/VTEC (Enterohämorrhagische/verotoxinbildende E. coli), z. B. wenn der Erreger bei einem Outbreak bereits bei anderen Personen nachgewiesen wurde
Antibiotika
- Azithromycin 1 g Einmaldosis oder 1 x 500 mg für 3 d = Primäre Wahl für Reiserückkehrende aus Asien oder bei Dysenterie (oder generell als Alternative zu Ciprofloxacin).
Kinder: Azithromycin 10 mg/kgKG (es gibt Sirup in passender Dosierung) für 3 d
oder - Ciprofloxacin 750 mg Einmaldosis oder 2 x 500 mg/d für 3 d (nicht bei Kindern)
Hinweis: Falls nach Einmaldosis noch persistierende schwere Symptomatik, dann Therapie auf 3 Tage verlängern (mit tieferer Dosierung)
- C. difficile assoziierte Diarrhö: Metronidazol oder orales Vancomycin, je nach Schweregrad
Probiotika
- Aktuell erhältliche Probiotika (z. B. Perenterol, Florosan, Lactoferment) haben bei akuter Diarrhö keinen nachgewiesenen Nutzen und können bei immunkompromittierten Personen sogar zu Infektionen führen
- Probiotika zur Prävention einer rezidivierenden C. difficile-Infektion sind zum Teil wirksam, jedoch nicht zusammen mit Antibiotika (kein Zusatznutzen)