Guideline Kurzversion

Akute Diarrhö

Erstellt von: Dr. med. U. Beise Letzte Änderung: 10/2025

Definition

  • Akute Diarrhö: Stuhlfrequenz ≥ 3 x/d, Konsistenz flüssig bis breiig
  • Persistierende Diarrhö: Dauer > 14 d
  • Chronische Diarrhö: Dauer > 3–4 Wochen

Diagnostik

Bei akuter Diarrhö sind für die weitere Diagnostik und Therapie entscheidend

  • Klinisches Bild (Fieber, Hypovolämie, Abdominalschmerzen, Blut im Stuhl)
  • Dauer der Symptomatik, ggfls. Inkubationszeit (bei V. a. Reisediarrhö)
  • Alter
  • Immunstatus

Red flags

  • Ältere PatientInnen (> 70 J.)
  • Immunsuppression (medikamentös, krankheitsbedingt)
  • Vorbestehende Erkrankungen (chronisch entzündliche Darmerkrankungen, künstliche Herzklappen, Diabetes mellitus etc.)
  • Schweres Krankheitsbild (z. B. Fieber, Dehydrierung, Sepsis)
  • Angestellte in Lebensmittelbetrieben
  • Vorausgehende Antibiotikatherapie (in den letzten 3 Monaten)
  • Blutiger Stuhl

Was spricht für eine Parasitose?

  • Meist langdauernde, nicht sehr schwere Durchfälle
  • Kein Fieber
  • Blutig allenfalls bei Amöben
  • Inkubationszeit: Minimal 1 Woche, meist mehrere Wochen
  • Symptome wechselnd: Blähungen, weiche breiige Stühle, Rumpeln im Bauch, gelegentlich auch Obstipation, übelriechendes Gas, gelegentlich Blut/Schleim (nur bei Amöben)

–> Abklärung auf Parasiten nur bei länger dauernden Durchfällen (> 2 Wochen)!

Ursachen für länger dauernde Diarrhö (1–4 Wochen ohne Entzündung)

  • Postenteritische Laktoseintoleranz
  • Infekt-getriggertes Reizdarmsyndrom
  • Darmfloraverschiebung
  • Chronisch entzündliche Darmerkrankung (seltener)

Cave Reiserückkehrer: Malaria, Dengue Fieber verursachen auch oft Durchfall!

Wann ist eine Erregerdiagnostik erforderlich? 

  • Die akute Diarrhö mit Red flags und der schwere akute Durchfall vom entzündlichen Typ (Dysenterie) sollen abgeklärt und adäquat behandelt werden!

Ein Erregernachweis durch „Stuhltests“ (Multiplex PCR-Panels, Einzeltests) ist bei akuter Diarrhö wie folgt indiziert

Ohne Reiseanamnese   

  • Bei älteren Patienten (v. a. bei frailty und Fieber)
    • Panel „Basis‟
  • Entzündlich (Dysenterie: Fieber, Abdominalschmerzen, Blut im Stuhl)
    • Panel „Dysenterie‟ – falls negativ: Einzeltest Entamoeba histolytica DNA
  • Nach Antibiotikatherapie/nach Spitalaufenthalt
    • Einzeltest C. difficile (Antigen und Toxin)
  • Bei Immunschwäche
    • Panel „Basis‟

Akute Reisediarrhö

  • Entzündlich (Dysenterie)
    • Panel „Dysenterie‟
  • Bei Rückkehr aus tropische  Gebieten
    • Auch Malaria, Dengue-Fieber und Typhus erwägen (Nachweis von S. typhi mittels Blutkultur)

Praktische Hinweise

  • In den allermeisten Fällen zunächst zuwarten. Dauert die Diarrhö länger als 7–10 Tage, kommen nur noch Protozoen in Frage, welche dann abgeklärt werden sollten.
  • Für den Beginn der Behandlung müssen die Resultate der Bakteriologie nicht abgewartet werden (empirische Therapie)
  • Untersuchung auf Wurmeier nur bei spezifischer Anamnese. Würmer machen keinen Durchfall.
  • Häufigste Gründe für eine länger dauernde Diarrhö (1–4 Wochen, ohne Entzündung): Postenteritische Laktoseintoleranz, Infekt-getriggertes Reizdarmsyndrom, (seltener) chronisch entzündliche Darmerkrankung oder Darmfloraverschiebung

Diagnostik

  • Calprotectin (chronisch entzündliche Darmerkrankung)
  • TSH (Hyperthyreose)
  • Laktoseintoleranz
  • Sprue-Serologie
  • Medikamentenanamnese (u. a. Olmetec®)
  • Stuhltests
    • Nach Antibiotikatherapie: Einzeltest C. difficile

Bei Immunkompetenten, mit und ohne Reiseanamnese: Panel „Protozoen‟

Therapie

  • Rehydrierung, oral (ev. intravenös)
  • Loperamid bei nicht-entzündlicher Diarrhö
  • Laktosekarenz 1–2 Wochen
  • Nicht anwenden: Kohle, spezielle Diäten

Empirische antibiotische Behandlung sollte (nur) in folgenden Situationen erfolgen

  • Schwere Symptomatik (mehrtägiges Fieber, massiver Volumenmangel)
  • Invasive bakterielle Infektion mit blutiger Diarrhö (Dysenterie)
  • Erhöhtes Risiko für Komplikationen: > 70 J. mit Frailty/Komorbiditäten und Fieber, Immunsupprimierte, Komorbiditäten wie z. B. Atherosklerose
  • Für den Beginn der Behandlung bei schwerer Erkrankung oder Dysenterie müssen die Resultate der Bakteriologie nicht abgewartet werden (–> empirische Therapie)
  • Cave: Keine Antibiotika bei hohem Verdacht auf EHEC/VTEC (Enterohämorrhagische/verotoxinbildende E. coli), z. B. wenn der Erreger bei einem Outbreak bereits bei anderen Personen nachgewiesen wurde

Antibiotika

  • Azithromycin 1 g Einmaldosis oder 1 x 500 mg für 3 d = Primäre Wahl für Reiserückkehrende aus Asien oder bei Dysenterie (oder generell als Alternative zu Ciprofloxacin).
    Kinder: Azithromycin 10 mg/kgKG (es gibt Sirup in passender Dosierung) für 3 d
    oder
  • Ciprofloxacin 750 mg Einmaldosis oder 2 x 500 mg/d für 3 d (nicht bei Kindern)

Hinweis: Falls nach Einmaldosis noch persistierende schwere Symptomatik, dann Therapie auf 3 Tage verlängern (mit tieferer Dosierung)

  • C. difficile assoziierte Diarrhö: Metronidazol oder orales Vancomycin, je nach Schweregrad

Probiotika

  • Aktuell erhältliche Probiotika (z. B. Perenterol, Florosan, Lactoferment) haben bei akuter Diarrhö keinen nachgewiesenen Nutzen und können bei immunkompromittierten Personen sogar zu Infektionen führen
  • Probiotika zur Prävention einer rezidivierenden C. difficile-Infektion sind zum Teil wirksam, jedoch nicht zusammen mit Antibiotika (kein Zusatznutzen)