Definition
- Akute Diarrhö
- Tägliche Stuhlmenge > 200 g
- Stuhlfrequenz > 3/d
- Konsistenz flüssig bis breiig
- Chronische Diarrhö
- Dauer > 3–4 Wochen
- Dysenterie
- Schleimig-blutiger Stuhl mit Fieber
Diagnostik
Bei akuter Diarrhö sind für die weitere Diagnostik und Therapie entscheidend
- Klinisches Bild (Fieber, Hypovolämie, Abdominalschmerzen, Blut im Stuhl)
- Dauer der Symptomatik
- Inkubationszeit (bei V. a. Reisediarrhö)
Red flags
- Ältere PatientInnen (> 70 J.)
- Immunsuppression (medikamentös, krankheitsbedingt)
- Vorbestehende Erkrankungen (chronisch entzündliche Darmerkrankungen, künstliche Herzklappen, Diabetes mellitus etc.)
- Schweres Krankheitsbild (z. B. Fieber, Dehydrierung, Sepsis)
- Angestellte in Lebensmittelbetrieben
- Vorausgehende Antibiotikatherapie (in den letzten 3 Monaten)
Was spricht für eine Parasitose?
- Meist langdauernde, nicht sehr schwere Durchfälle
- Kein Fieber
- Blutig allenfalls bei Amöben
- Inkubationszeit: Minimal 1 Woche, meist mehrere Wochen
- Symptome wechselnd: Blähungen, weiche breiige Stühle, Rumpeln im Bauch, gelegentlich auch Obstipation, übelriechendes Gas, gelegentlich Blut/Schleim (nur bei Amöben)
–> Abklärung auf Parasiten nur bei länger dauernden Durchfällen!
Ursachen für länger dauernde Diarrhö (1–4 Wochen ohne Entzündung)
- Postenteritische Laktoseintoleranz
- Infekt-getriggertes Reizdarmsyndrom
- Darmfloraverschiebung
- Chronisch entzündliche Darmerkrankung (seltener)
Cave Reiserückkehrer: Malaria, Dengue Fieber verursachen auch oft Durchfall!
Wann ist eine Erregerdiagnostik erforderlich?
- Die akute Diarrhö mit Red flags und der schwere akute Durchfall vom entzündlichen Typ (Dysenterie) sollen abgeklärt und adäquat behandelt werden!
Erregernachweis akute Diarrhö – nur
Bei Dysenterie (Basis*)
- Salmonella, Shigella/Enteroinvasive E. coli (EIEC), Campylobacter, Yersinia enterocolitica
- Kosten: CHF 100.–
Bei Dysenterie mit Reisenamnese (Reise 1*)
- Zusätzlich zu Basis*: Vibrio cholerae, ETEC, EHEC, EAEC
- Kosten: CHF 180.–
In seltenen Fällen soll bei Reiseanamnese zusätzlich auch auf Protozoen abgeklärt werden (Reise 2*)
- Zusätzlich zu Reise 1*: Giardia lamblia, Entamoeba histolytica, Blastocystis hominis, Dientamoeba fragilis, Cryptosporidium, Cyclospora cayetanensis
- Kosten: CHF 270.–
* Stuhl-Panel-Kombination der Analytica Medizinische Laboratorien AG, Zürich
Praktische Hinweise
- In den allermeisten Fällen zunächst zuwarten. Dauert die Diarrhö länger als 7–10 Tage, kommen nur noch Protozoen in Frage, welche dann abgeklärt werden sollten. Einmalig einen Protozoennachweis mittels PCR (Protozoen*) durchführen. Kosten: CHF 90.–
- Für den Beginn der Behandlung müssen die Resultate der Bakteriologie nicht abgewartet werden (empirische Therapie)
- Untersuchung auf Wurmeier nur bei spezifischer Anamnese. Würmer machen keinen Durchfall. Kosten: 3 x Nativ-Stuhlprobe auf Wurmeier (3 x CHF 45.–)
- Calprotectin (chronisch entzündliche Darmerkrankung), TSH (Hyperthyreose), Laktoseintoleranz, Sprue-Serologie, Medikamentenanamnese (u. a. Olmetec®)
Therapie
Empirische antibiotische Behandlung sollte erfolgen bei
- Schwerer Symptomatik (Fieber, Volumenmangel)
- Invasiver bakterieller Infektion (Dysenterie)
- Patienten mit erhöhtem Risiko für Komplikationen: > 70 J., Immunsupprimierte, Komorbiditäten wie Herzerkrankung
Medikamente
- Ciprofloxacin 2 x 500 mg für 3–5 d
- Azithromycin 1 g single dose für Reiserückkehrer aus Asien (oder generell als Alternative zu Ciprofloxacin)
- Für Kinder: Azithromycin 10 mg/kg für 3 d (es gibt Sirup in passender Dosierung)
- Dysenterie: Azithromycin 1 x 500 mg/d für 3 d (immer erste Wahl bei Asienrückkehrern, ansonsten nach Erregernachweis)
- Cl. difficile assoziierte Diarrhö: Metronidazol 3 x 500 mg/d für 10 d
Ausserdem
- Rehydrierung oral, wenn nötig i.v.
- Bei Krämpfen/starkem Durchfall: Loperamid
- Laktosekarenz 1–2 Wochen (z. B. laktosefreie Milch)
- Auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten
- Zusatz von Probiotika: Nur bei C. difficile, nicht zusammen mit Antibiotika (weil kein Zusatznutzen)
- Biologika wie Perenterol, Florosan, Lactoferment: Geringe Wirksamkeit