Guideline Kurzversion

Hepatologie

Erstellt von: Dr. med. Uwe Beise Letzte Änderung: 10/2025

Leberenzyme

Tabelle: Enzymmuster und Hinweise auf zugrunde liegende Erkrankungen

 

Hepatozellulärer Schaden

Biliärer Schaden (Cholestase*)

Toxisch

GOT

↑↑

GPT

↑↑

(↑)

GGT

↑↑

↑↑

AP

(↑)

↑↑

Bilirubin

(↑)

(↑)

(↑)

 

 

              ⬇︎

              ⬇︎

              ⬇︎

  • Autoimmun-/Virushepatitis
  • Metabolische Störung
  • Medikamente
  • Etc.
  • Intra-/extra-hepatische Cholestase
  • Biliärer oder pankreatogener Tumor/Entzündung
  • Medikamente
  • Alkohol
  • MAFLD
  • Medikamente
  • Etc.

* Initial können bei akuter Cholestase die GGT und AP noch normal und nur GPT und GOT erhöht sein.
Bilirubin braucht es nicht für eine Cholestase-Diagnose. Erhöhtes Bilirubin ist Ausdruck des Schweregrades der hepatischen Exkretionsstörung und Ausdruck des Zeitverlaufes.

  • Transaminasen (GOT/AST und GPT/ALT)
    • Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT) (Aspartat-Aminotransferase/AST)
      • Ist nicht leberspezifisch. Bei isoliertem Anstieg ist eine extrahepatische Ursache wahrscheinlicher. Die diagnostische Sensitivität für eine Lebererkrankung beträgt
        ca. 70 %
      • Kann auch durch angeborene Muskelerkrankungen, Myokardinfarkt und extreme Körperaktivität erhöht sein. Bei muskulärem Ursprung ist auch die Kreatinkinase deutlich erhöht
    • Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT) (Alanin-Aminotransferase/ALT)
      • Ist leberspezifisch. Die diagnostische Sensitivität für Leber- und Gallenwegserkrankungen beträgt ca. 85 %
      • Ist vorwiegend im Zytoplasma der Hepatozyten gelöst und bereits bei einer geringen Leberschädigung serologisch nachweisbar
      • Starke Erhöhung (> 10-fach)
        • Akute Virushepatitis (> 25-fach des oberen Normwerts), Autoimmunhepatitis, akute toxische, ischämische oder hypoxische Leberschädigung
      • Mässige Erhöhung (5–10-fach)
        • Leichte virale, medikamentöse, äthyltoxische sowie drogeninduzierte (Kokain, Ecstasy) Hepatitiden
        • Autoimmunhepatitis
      • Leichte Erhöhung (< 5-fach)
        • Chron. Virushepatiden, Leberzirrhose, metabolische Fettlebererkrankung, Hämochromatose, Lebertumoren, cholestatische Lebererkrankungen
      • Normale Transaminasen möglich bei
        • Hämochromatose, chron. Hepatitis B, D und C, Leberfibrose oder Zirrhose, metabolische Fettlebererkrankung
      • De-Ritis-Quotient (DRQ) GOT/GPT
        • Norm 0,6-0,8; DRQ < 1 bei geringem Leberschaden, DRQ > 1 bei schwerem Leberschaden; bei bekannter ALD (Alcohol-associated liver disease) oder MetALD (Metabolic and alcohol-associated liver disease), Hepatitis B, D oder Hinweis auf die Entwicklung einer Zirrhose
          Anmerkung: Ein erhöhter De-Ritis-Quotient ist nicht aussagekräftig, wenn die Leberfunktionsparameter (Leberenzyme, Bilirubin, Quick) im Normbereich liegen
  • Gamma-GT (GGT)
    • Erhöhte Werte sind Zeichen für eine Leber-/ und/oder Gallenwegserkrankung
    • Eine geringe Erhöhung ist ein unspezifischer Hinweis auf eine Hepatopathie oder eine medikamentös toxische Enzyminduktion
    • Ist GGT im Vergleich zur AP disproportional stark erhöht, spricht dies für eine alkoholische Leberschädigung –> Zudem ist die GGT zusammen mit der alkalischen Phosphatase ein entscheidender Faktor zur Beurteilung einer Cholestase
  • Alkalische Phosphatase (AP)
    • Ist nicht leberspezifisch. Ursprung in Leber und Knochen. Ist AP erhöht, so soll mittels GGT Leberursprung bestätigt/ausgeschlossen werden
    • Erhöht bei Cholestase, entzündlich, toxisch medikamentös, neoplastisch oder Konkrement obstruktiv bedingt
    • Erhöhte Werte können im letzten Schwangerschaftstrimenon (plazentarer Ursprung) und in starker Wachstumsphase im Kindesalter ohne Krankheitswert sein
  • Bilirubin
    • Die Höhe des Bilirubins ist ein wichtiger Marker des Schweregrads einer Lebererkrankung und der Prognose
    • Für die Differentialdiagnose ist Bilirubin – zusätzlich zu Transaminasen, GGT, AP – häufig ohne diagnostischen Wert, da eine Erhöhung sowohl bei primär hepatozellulärer Schädigung als auch bei Cholestase vorliegen kann
    • Wichtig zur Diagnose, Differentialdiagnose und Verlaufskontrolle eines Ikterus/einer Hämolyse (indirektes Bilirubin)
  • Ein generelles Leber-Checkup bei asymptomatischen Gesunden ist nicht indiziert!
  • Case finding wird bei Patienten mit bestimmten Risikofaktoren (RF) empfohlen
    • Diabetes mellitus, Einnahme von Phytopharmaka oder „Supplementen“, RF für chronische Hepatitis oder Schistosomiasis, Alkohol- oder Drogeneinnahme. Empfohlener Lebertest: GPT (ALT)
    • Zur Frühdiagnostik von stummen chronischen Hepatitiden wird die Bestimmung von Anti-HBc IgG/IgM, HBsAG und Anti-HBs sowie Anti-HCV-AK empfohlen (s. a. mediX GL Check-up)
    • Bei Verdacht auf Hämochromatose zudem Bestimmung des Ferritins und nüchtern gemessener Transferritinsättigung (s. a. mediX GL Hämochromatose)

Indikation zur weiterführenden Diagnostik
Bei erhöhten Leberenzymen, wenn

  • diese chronisch (≥ 6 Monate) bestehen, oder
  • das Dreifache der Norm überschreiten, oder
  • die Patienten symptomatisch sind (klinische Zeichen einer Lebererkrankung)
  • Immer mit Virus-Serologie bei jeder Transaminasenerhöhung, sofern nicht vorbekannt

Abklärungsschritte

 1. Schritt: Abklärung auf häufige Ursachen

  • Laboruntersuchungen
    • Vervollständigung der Leberfunktionswerte, falls nicht schon gemacht: GOT, GPT, AP, Bilirubin, ev. INR, Albumin
    • Screening auf chronische Virushepatitis
      • HBsAG, anti-HBc, anti-HCV
      • Weitere Hepatitis-Tests können später gemacht werden, falls der Befund positiv ist
    • Screening Alkohol
      • Hämatogramm (MCV ↑, Tc ↓), CDT (Aussagekraft beschränkt, positiv wenn über
        60 g Alkohol in den letzten 7 Tagen), Cage-Fragen oder AUDIT-C (Fragebogen zur Erkennung eines problematischen Alkoholkonsums)
    • Screening metabolisches Syndrom
      • Lipidwerte, Glukose, Blutdruckmessung, BMI
    • Screening Hämochromatose
      • Transferrinsättigung nüchtern > 45 % ist verdächtig auf Hämochromatose. Tf-Sättigung > 60 % bei Männern bzw. > 50 % bei Frauen ist ein deutlicher Hinweis
      • Ferritinbestimmung ist als initialer Screeningtest eher ungeeignet. Falls Ferritin bestimmt wird, dann nur zusammen mit CRP und nüchtern Transferrinsättigung!
        –>  Siehe auch mediX GL Hämochromatose
  • Sonographie Abdomen (CT oder MRI)

2. Schritt: Abklärung auf extrahepatische Ursachen

Findet sich in den oben genannten Tests keine Ursache für die erhöhten Transaminasen, müssen extrahepatische Ursachen (v. a. Muskel- und Schilddrüsenerkrankungen) ausgeschlossen werden

3. Schritt: Abklärung auf seltene Ursachen

  • Serum-Coeruloplasmin bei Patienten unter 40 J., tiefe Werte von Coeruloplasmin
    –> M. Wilson
  • Serumeiweiss-Elektrophorese oder quantitiative Immunglobulin-Bestimmung
    • Erhöhtes IgG (mehr als 1,2-fach der oberen Normgrenze) –> V. a. Autoimmunhepatitis
    • α1-Antitrypsin –> Alpha-1-Antitrypsin-Mangel
    • AMA (Antimitochondriale AK) –> Suche nach Primär Biliärer Cholangitis (PBC)
      Erhöhte AP und AMA sind ein starker Hinweis auf PBC

4. Schritt: Elastographie

  • Die Elastographie entweder mittels Fibroscan oder share Wave-Elastographie kann im Rahmen der Erstdiagnostik oder Verlaufskontrolle bei chronischen Lebererkrankungen eingesetzt werden, jedoch nur wenn klare Hinweise für eine Fibrose im Labor (Fib4-Score) oder in der Sonographie bestehen

5. Schritt: Leberbiopsie

  • Nur bei speziellen Fragestellungen

Hepatitis A

  • Übertragung
    • Fäkal-oral (Wasser, Lebensmittel [z. B. Mischung gefrorener Beeren], Muscheln, infizierte Personen)
    • Ist praktisch immer selbstlimitierend und führt zu einer lebenslangen Immunität
  • Diagnostik
    • Frische Infektion: > 10-fache Erhöhung der anti-HAV-IgM
    • Persistierend niedrige IgM-Titer nach Impfung und durchgemachter Infektion sind möglich
    • Immunität: Anti-HAV-IgG
  • Impfung
    • Impfempfehlung insb. für Reisende, vor einer Schwangerschaft sowie bei MSM, Drogenkonsumenten, beruflich Exponierten, chronisch Kranken und v. a. chronisch Lebererkrankten (MASLD, HBV, HCV, HIV)
    • Hepatitis A-Impfung mit monovalentem Impfstoff Havrix® 720 (ab 1. bis 18. Geburtstag) bzw. Havrix®1440 (ab 19. Geburtstag): 2 Dosen im Abstand von 6 Monaten
    • Kombinationsimpfung (Hep A+B) mit Twinrix® 720/20: 1.–15. Geburtstag –> 2 Dosen
      (0, 6 Monate), ab 16. Geburtstag –> 3 Dosen (0, 1, 6 Monate)
    • Weitere Informationen siehe aktueller BAG Impfplan, mediX FS Impfungen

Hepatitis B

Übertragung

  • Kontaminiertes Blut, Nadelstich, needle sharing, ungeschützter GV, materno-fetale Infektion
  • Hohe Prävalenz, z. B. in Balkanregion, Mittelmeerländer, Asien, Afrika

Symptome

  • Prodromalstadium (1 Woche): Grippale Symptome; Appetitlosigkeit, Übelkeit, Bauchschmerzen; Arthralgien und flüchtiges Exanthem
  • Lebermanifestation (4–8 Wochen): Zuerst (Skleren-)Ikterus, dunkler Urin, heller Stuhl, dolente Hepatomegalie

Indikationen zur Diagnostik

  • Transaminasenerhöhung, klinische Zeichen einer Hepatitis
  • Familien- oder Haushaltsangehörige bzw. Sexualpartner HBV-Infizierter (diskordante Partner impfen!)
  • Promiskuität und MSM
  • Aktive und ehemalige i.v. Drogenkonsumenten
  • Koinfektion (HIV, HAV, HCV)
  • Schwangere
  • Herkunft aus Hochprävalenzgebiet

Screening auf Hepatitis B

  • Alle Personen mit Geburtsort Asien/Afrika/Balkan einmal auf Anti-HBc IgG/IgM, HBsAG und Anti-HBs testen. Wenn negativ –> impfen, wenn positiv –> Therapiebedarf und Nachsorgekonzept klären
  • Alle Schwangeren sollen zumindest auf HBsAG gescreent werden

Virusserologie bei Verdacht auf Hepatitis-B-Infektion

  • Anti-HBc IgG/IgM, HBsAG und Anti-HBs wenn positiv: –> HBeAG, anti-HBe, HBV-DNA
  • Wenn HBsAG positiv, dann einmal Hepatitis-D-Antikörper bestimmen

Weitere Laborparameter

  • Akute Hepatitis: Transaminasen ­ (> 10 x; ALT [GPT] > ASAT [GOT]), Cholestaseparameter ­ (Bilirubin, Alkalische Phosphatase, Gamma-GT), anti-HBc IgM, HIV, Anti-HAV IgM, Anti-HCV, HEV PCR, IgG (als Parameter für autoimmune Hepatitis)
  • Chronische Hepatitis: Transaminasen ­ (2–5 x; ALT > ASAT)

Tabelle: Diagnostische Kriterien einzelner Hepatitis-B-Verlaufsformen

Akute Hepatitis B

  • HBsAG (+)
  • Anti-HBc (+)
  • Bei fehlendem HBsAG: HBeAG, HBV-DNA
  • Verlauf < 6 Monate

Chronische Hepatitis B

 

  • HBsAG (+) > 6 Monate
  • Transaminasenerhöhung
  • HBV-DNA initial > 2’000 IU/ml

Chronische Hepatitis B-Infektion
(früher HBsAg-Träger genannt)

  • HBsAg (+) > 6 Monate
  • Persistierend normale Transaminasen
  • Hochvirämisch: HBeAG (+/-), HBV-DNA > 2’000 IU/ml
  • Tiefvirämisch: HBeAG (-), HBV-DNA ≤ 2’000 IU/ml

Ausgeheilte Hepatitis B

 

  • Serokonversion von HBsAG (+) zu (-)
  • Auftreten von anti-HBs ≥ 10 IU/l
  • HBV-DNA (-)
  • Normale Transaminasen

Verlaufskontrolle einer akuten HBV-Infektion

  • Je nach Dynamik und klinischem Verlauf
  • Bei schwerem Krankheitsbild initial ggfls. tägliche Kontrollen (AZ, Transaminasen, Syntheseparameter [Quick])
  • Bei leichtem Krankheitsbild: Wöchentliche Kontrollen (AZ, Transaminasen, Quick)
  • Konversion HBsAG (+) –> HBsAG (-) und das Auftreten von anti-HBs (> 10 IU/l) sind Zeichen der Ausheilung (mit Immunschutz), wenn Transaminasen wieder normal sind
  • Bei HBsAg negativ/anti-HBs < 10 IU/l: HBV-DNA bestimmen; Kontrolle nach 12 Monaten

Verlaufskontrolle einer chronischen HBV-Infektion (bei fehlender Therapieindikation)

  • Kontrolle je nach klinischer Aktivität initial alle 3 Monate – bei Vorliegen einer Leberzirrhose anschliessend alle 6 Monate, sonst alle 12 Monate
    • Leberentzündungs- und Synthese-Parameter, Blutbild, Quick
    • HBeAg (wenn initial positiv)
    • HBsAg, wenn negativ: anti-HBs
    • HBV-DNA (quantitativ)
    • Sonographie alle 6 Monate bei nachgewiesener Zirrhose oder bei HCC positiver Familienanamnese kombiniert mit asiatischer Herkunft auch ohne Zirrhose. Alpha-Fetoprotein wird in Kombination mit der Sonographie empfohlen (8)

 Impfung

  • Pragmatisch „liberales“ Angebot an alle, da viele Aspekte (STD, Reiseimpfung, Karzinomprävention, ökonomische Aspekte); (siehe BAG Impfplan)
  • Postexpositionsprophylaxe innert 48 h für Nicht-Immune nach Risikosituation (Nadelstich) (siehe mediX FS Stichverletzungen)
  • Patienten mit HBV-Infektion sollten gegen Hepatitis A geimpft werden

Siehe auch mediX FS Impfungen

Therapieindikation

Akute Hepatitis B

  • In der Regel keine Notwendigkeit einer spezifischen Therapie, da hohe Spontanheilungsrate
  • Ausnahme: Fulminante Hepatitis mit drohendem Organversagen/Transplantationsnotwendigkeit

Chronische Hepatitis B

Behandlungsindikationen

  • HBV-DNA > 2’000 IU/ml, erhöhtes ALT (GPT) > 2-fach oberer Normwert
  • Alle Patienten mit Leberzirrhose (–> Elastographie)
  • Immunsupprimierte Patienten (z. B. Prednisontherapien, Biologika, Chemotherapien während der Therapie und 6 Monate über Therapieende)

Behandlung

  • Die Therapie besteht in der Regel in einer sehr gut verträglichen Langzeittherapie mit Tenofovir eine Tablette pro Tag. Dabei ist die konsequente Therapieadhärenz entscheidend

Hepatitis C

Risikogruppen

  • I.v. Drogenkonsum; Piercing, Tätowieren, Akupunktur unter nicht sterilen Bedingungen
  • Sexuelles Infektionsrisiko in stabiler diskordanter (ein Partner ist positiv) heterosexueller Beziehung gering; erhöhtes Risiko bei HIV-Infektion und MSM
  • Herkunft aus Land mit hoher Prävalenz
  • Operationen und Bluttransfusionen vor 1992
  • Erhöhte Prävalenz in der Schweiz bei Geburtsdatum 1950–1985 und bei Erstgenerations-Immigranten aus Italien Jahrgang 1960 und älter

Symptome und Verlauf

  • Die HCV-Infektion verläuft bei ca. 80 % inapparent, sonst unspezifische Allgemeinsymptome: Fatigue, Gelenkschmerzen, kognitive Beeinträchtigungen, rechtsseitige Oberbauchbeschwerden
  • Eine akute HCV-Infektion geht in 50–85 % in eine chronische Hepatitis C über (definitionsgemäss > 6 Monate HCV-RNA positiv)

Diagnostik und Screening

  • Eine HCV-Diagnostik sollte ein- oder mehrmalig erfolgen nach anamnestischen Risikofaktoren
    • Patienten mit Symptomen einer Hepatitis
    • Erhöhte Transaminasen
    • Fatigue oder Gelenkschmerzen ohne klare Ursache
    • Empfänger von Blutprodukten vor 1992
    • Operationen oder Transfusionen in Ländern mit niedrigem Hygienestandard
    • Hämodialyse
    • Aktueller Drogenkonsum (i.v., sniffing, rauchen)
    • Koinfektionen (HBV, HIV)
    • Kontaktpersonen von HCV-Infizierten
    • Kinder HCV-positiver Mütter
    • Schwangere (1. Trimenon)
    • MSM
    • Sexarbeiter/innen und Promiskuität
    • Freiheitsentzug
    • Patienten mit Tattoos und Piercings, die nicht steril angebracht wurden
    • Immigration/Reisende aus Hochprävalenzgebieten (Zentral- und Ostasien, Nordafrika, osteuropäischen Ländern, Frankreich und Italien)
    • Piercing oder Tattoo unter ungenügend/fraglich sterilen Bedingungen (z. B. Ferientattoo, Tattoo im Strafvollzug)
    • Gefängnisinsassen/Gefängnispersonal
    • Transplantationsempfänger

Ausserdem

  • Bei Personen der Geburtenjahrgänge 1950–1985

Vorgehen

  • Antikörper-Suchtest auf Hep C (–> Anti-HCV-Antikörper)
    • Bei positivem Befund muss eine Bestätigung erfolgen (PCR-Test auf HCV-RNA)
    • Bei negativem PCR-Testergebnis handelt es sich wahrscheinlich um eine frühere, spontan ausgeheilte oder behandelte Infektion. Bei Vorliegen eines positiven PCR-Tests liegt eine aktive Hepatitis-C-Infektion vor

Bei jeder chronischen Hepatitis C muss eine Leberzirrhose ausgeschlossen werden!

  • APRI-Score (oder Fib4-Score): Bei bestätigter aktiver Hep C –> Bestimmung von AST/GOT und Thrombocyten für APRI-Score. Bei Score > 0,5 ist empholen, eine Elastograpie beim Spezialisten durchzuführen (Fragestellung: Fibrosegrad, Leberzirrhose?) (s. a. –> HepCare).

Bei Leberzirrhose halbjährlich Ultraschall zum Ausschluss eines HCC

Vollständige Checkliste: HepCare

  • Bei nachgewiesener Hep-C-Virämie (PCR-positiv) wird eine antivirale Therapie empfohlen (auch bei akuter Hep C)

Patienten- und Fachinformation Hepatitis C: hepatitis-schweiz.ch, Patientenorganisation und kostenlose Peer-to-Peer-Beratung: www.hepc.ch

Antivirale Medikation

  • Erste Behandlung/ohne Zirrhose (alle Genotypen)
    • 8 Wochen Maviret® (Glecaprevir/Pribentasvir): 3 Tabletten mit Imbiss
    • 12 Wochen Epclusa® (Sofosbuvir und Velpatasvir): 1 Tablette
  • Patienten mit Child-A-Zirrhose (alle Genotypen)
    • 12 Wochen Epclusa®
    • 8–12 Wochen Maviret®
  • Patienten mit Child B-Zirrhose: Nur Epclusa® möglich
  • Patienten mit Niereninsuffizienz: Nur Maviret® möglich
  • Präexpostionsprophylaxe (PREP bei HIV) bei MSM: Nur Maviret® möglich

Hinweis: Interaktionspotential mit den Hepatitis-C-Medikamenten prüfen –> www.hep-druginteractions.org.

Kontrollen

  • Abschlusskontrolle: 12 Wochen nach Therapieabschluss –> Untersuchung auf HCV-RNA. Bei fehlendem HCV-Nachweis gilt der Patient als geheilt

Weitere Informationen zur Therapie und Therapiekontrolle: www.hepcare.ch, Statement SASL, SSG und SSI (7), www.SASL.ch.

Impfung

  • Bei stabiler klinischer Situation immer gegen Hepatitis A und B impfen (falls kein Immunschutz oder eine chronische Infektion vorliegen)
  • Bei Patienten mit Leberzirrhose auch Pneumokokken-Impfung

Hepatitis D

Übertragung

  • Gleiche Übertragungswege wie bei Hepatitis B; nur möglich wenn auch HBV übertragen wird oder HBV-Infektion besteht

Krankheitsverlauf und Symptome

  • Koinfektion (gleichzeitige Infektion mit HBV)
    • Akute Hepatitis, meist selbstlimitierend
    • Schwere Verläufe möglich, Risiko für fulminantes Leberversagen erhöht
    • Chronifizierung seltener (ca. 5–10 %)
  • Superinfektion (HDV-Infektion bei bestehender chronischer HBV-Infektion)
    • Häufigste Form, führt in bis zu 80–90 % der Fälle zu chronischer HDV/HBV-Koinfektion
    • Raschere Progression zur Leberzirrhose und erhöhtes Risiko für hepatozelluläres Karzinom (HCC)

Diagnostik

  • Indikation: Bei Patienten mit bekannter HBsAg-Positivität
  • Anti-HDV-IgM
  • Anti HDV-IgG
  • Wenn HDV-AK positiv sind, muss HDV-RNA bestimmt werden

Therapie

Eine antivirale Therapie wird in der Regel empfohlen bei

  • Chronischer HDV-Infektion mit nachweisbarer HDV-RNA und
    fortschreitender Lebererkrankung (Fibrose, Zirrhose, entzündliche Aktivität) oder klinischen Zeichen einer Dekompensation
  • Medikamente: Bulevirtid (Hepcludex®), ev. Peg-Interferon (Indikation und Verlaufskontrolle beim Hepatologen)

Hepatitis E

Übertragung

  • Fäkal-oral, selten durch Blutprodukte, Organspenden
  • In Entwicklungsländern: Kontaminiertes Wasser, rohe Fleischprodukte
  • In Europa: Zumeist autochthon durch unzureichend gegartes, infiziertes Schweinefleisch (seltener Wild) übertragen

Krankheitsverlauf und Symptome

  • Vermutlich unterschiedlich je nach HEV-Genotyp
    • Genotyp 1, prävalent in Asien mit 1–2 % Risiko für Leberversagen, insb. bei Schwangeren (Frühgeburt, Blutung, Mortalität), aber keine chronische Infektion
    • Genotyp 3–4, prävalent in Europa fast immer asymptomatisch und selbstlimitierend. Chronische Hepatitis E (Nachweis von Virus-RNA > 6 Monate im Blut oder Stuhl) kommt nur bei Immunsupprimierten (z. B. HIV) vor; Verlauf meist asymptomatisch

Labor

  • Anstieg Transaminasen (AST/GOT, ALT/GPT) unterschiedlicher Ausprägung
    • Indikation zur Virus-Serologie besteht bei anamnestischen Hinweisen bei Patienten mit Lebererkrankung oder hämatologischen Malignomen sowie bei Schwangeren und Organtransplantierten
    • Zur Diagnostik einer akuten HEV-Infektion direkt HEV-RNA (PCR), da der Antikörpertest zu ungenau ist.

Therapie

  • Bei Immunkompetenten ist meist keine (spezifische) Therapie erforderlich; bei schweren Verläufen Zuweisung an ein spezialisiertes Zentrum

Fettlebererkrankung (MASLD, MASH, MetALD)

Neue Nomenklatur (seit 2024)

  • NAFLD heisst neu MASLD (Metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease)
  • NASH heisst neu MASH (Metabolic dysfunction-associated steatohepatitis)
  • MetALD bezeichnet eine separate Gruppe von MASLD-Patienten, die 140–350 g/Woche (Frauen) bzw. 210–420 g/Woche (Männer) Alkohol konsumieren. Die neue Definition verlangt neben der Lebersteatose das Vorhandensein von mindestens einem kardiometabolischen Risikofaktor

Symptome/Anamnese

  • Reine Hepatomegalie, einfache Steatose und durch Transaminasenerhöhung gekennzeichnete MASLD/NAFLD sind asymptomatisch
  • Eine klinisch manifeste Hepatitis durch Alkohol oder MASH (NASH) ist Zeichen einer fortgeschrittenen Erkrankung

Screening

Ein allgemeines Screening auf eine Fettleber wird nicht empfohlen!

  • Stattdessen Case finding: Bei Patienten mit folgender Konstellation ist eine Suche nach einer Fettleber bzw. Leberfibrose sinnvoll
    • Typ-2-Diabetes mellitus mit erhöhten Transaminasen (hohe Prävalenz: 50-70 % haben auch MASLD)
    • Erhöhte Leberwerte (v. a. GPT/ALT, GGT), wenn andere Ursachen ausgeschlossen sind
    • Patienten mit unklarer Hepatomegalie oder sonografischem Hinweis auf Steatose

Diagnostische Tools

  • Screening-Fragebogen (bei Verdacht auf Alkoholkonsum)
  • Für die Hausarztpraxis wird u. a. der Audit-C empfohlen
  • Fib-4-Score: Bei erhöhten Transaminasen oder sonographischem Befund einer Fettleber soll die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Fibrose ermittelt werden –> Fib4-Score
  • Sonographie: Homogene Hyperechogenizität der Leber (Cave: Eine Fibrose und Zirrhose können mit der Sonographie alleine oft nicht unterschieden werden

Ein Algorithmus zur Abklärung von Patienten mit einer sonographischen Steatose sowie von Patienten mit chronisch erhöhtenTransaminasen findet sich in der Vollversion der Guideline

MASLD/NAFLD

  • Lifestyleveränderungen sind die entscheidenden Massnahmen
    • Körperliche Aktivität von mind. 180 min/Woche
    • Gewichtsreduktion durch Fitness und Diät wie auch vermittelt durch GLP-1 Rezeptoragonisten verbessert die Prognose
    • Ernährungsumstellung –> siehe mediX GL Adipositas
    • Behandlung von Typ-2-Diabetes und Hyperlipidämie 

MetAld/ASH

  • Alkoholabstinenz (Entzug)

Autoimmun-Lebererkrankungen

Tabelle: Laborbefunde bei Autoimmun-Lebererkrankungen

Erkrankung

Laborbefunde

Autoimmunhepatitis (AIH)

  • Transaminasen ↑ (AST, ALT)
  • IgG ↑, Quick ↓, Albumin ↓
  • ANA, SMA, LKM-1 positiv
  • Ev. Hyperbilirubinämie

Primär sklerosierende Cholangitis (PSC)

  • Cholestaseparameter ↑ (AP, γ-GT)
  • p-ANCA positiv
  • Bilirubin ↑ (im Verlauf)
  • Transaminasen leicht ↑

Primär biliäre Cholangitis (PBC)

  • Cholestaseparameter ↑ (AP, γ-GT)
  • AMA positiv (> 90 %)
  • IgM ↑
  • Bilirubin ↑ (spät)

Symptome

  • Unspezifisch: Müdigkeit, Abgeschlagenheit, oft auch lange asymptomatisch
  • DD gegen medikamentöse Hepatitis (Nitrofurantoin, Methyldopa) kann initial schwierig sein

 Labor

  • Chronisch erhöhte Transaminasen, mit Spitzen im entzündlichen Schub. Typischerweise sind Transaminasen 3–10fach über dem oberen Normwert. Später auch erhöhte Cholestaseparameter
  • Typ 1: In 95 % antinukleäre Antikörper (ANA) und anti-SMA (AK gegen glatte Muskelzellen)
  • Typ 2 (selten): Antikörper gegen Leber-, Nierenmikrosomen (anti-LKM) und gegen Leber-Cytosol-AG (ALC-1). Cave: Auch bei Hepatitis C können sich diese Auto-AK finden!
  • Typisch: Erhöhung von IgG. Frühzeitig Abfall von Quick und Albumin
  • Vorgehen in der Praxis
    Die beste und kostengünstigste Screening-Methode ist die Bestimmung von IgG. Ist dieses erhöht nach Typ 1-AK suchen –> bei negativem Befund nach Typ 2-AK suchen

Therapie (beim Spezialisten)

  • Immunsuppressive Therapie initial mit Prednison, langfristig mit Azathioprin

Symptome

  • Zunächst asymptomatisch, später Müdigkeit und Erschöpfung, quälender Juckreiz (20–70 %), Ikterus, ev. Rheuma-ähnliche Symptome, Hepatomegalie

Labor

  • Unspezifisch erhöhte AP und Gamma-GT (Cholestaseparameter), AMA meist erhöht. Prognostisch bedeutsam: PBC GLOBE score (Alter, Bilirubin, Alkalische Phosphatase, Albumin, Thrombozyten)

Therapie

  • Ursodeoxycholsäure (UDCA) lebenslang. Falls trotzdem Fortschreiten bis zur dekompensierten Zirrhose –> Lebertransplantation

Symptome

  • Unklare Oberbauchbeschwerden, Fatigue, Pruritus, Ikterus. Bei Diagnose sind bis zu
    50 % der Patienten symptomlos (Verdacht durch Leberenzymkonstellation)

Labor und Diagnostik

  • Erhöhte Cholestaseparameter (Gamma-GT, AP), pANCA (perinukleäre antineutrophile zytoplasmatische Antikörper) bei ca. 70 %
  • Die Diagnose wird im MRCP gestellt
  • Koloskopie mit Frage nach gleichzeitiger Colitis ulcerosa

Therapie

  • Medikamentös: Ursodeoxycholsäure (UDCA), jedoch ohne Einfluss auf die Prognose
  • Interventionelle Dilatation dominanter Gallenwegsstenosen
  • Lebertransplantation im Endstadium
    Beachte: Sich ev. entwickelnde Gallengangskarzinome nicht verpassen!

Morbus Wilson

Symptome

  • Treten meist zwischen dem 3. und 45. Lebensjahr auf
  • Unbehandelt stehen v. a. hepatische, neurologische und psychiatrische Symptome, Kaiser-Fleischer Ring (Kupferablagerung in der Cornea – Spaltlampenuntersuchung). Die Schwere der Symptome und auch der Symptombeginn sind sehr heterogen
  • Bei Kindern und Jugendlichen sind Symptome einer Hepatitis bzw. eines Leberversagens typisch, neurologische Symptome (Dysarthrie, Bewegungsstörungen, Dystonie u.a.) treten meist später auf
  • Typische Erstmanifestation ist eine schwere Hepatitis kombiniert mit hämolytischer Anämie

 Diagnostik

  • Bestimmung vom Coeruloplasmin im Serum: Bei M. Wilson typischerweise erniedrigt. Beachte: Normale Werte schliessen die Erkrankung nicht aus, v. a. wenn hepatische Symptome vorhanden sind
  • Kupferausscheidung im Urin (24 h) soll bestimmt werden, falls Coeruloplasmin normal, aber weiterhin Unklarheit bzw. Krankheitsverdacht besteht (–> Überweisung zum Spezialisten)

Therapie

  • Trientin, Zink, D-Penicillamin 10–20 mg/kgKG täglich. Die Therapie und Kupferausscheidung im Urin soll lebenslang engmaschig durch Hepatologen erfolgen
  • Bei Leberversagen Lebertransplantation (mit insgesamt guter Prognose)