Diffuser Haarausfall
Symptome
- Akuter Haarverlust (> 80 % der Kopfhaare) Tage bis Wochen nach dem Auslöser (Chemo-/Radiotherapie, Schwermetallvergiftung)
- Ausrufezeichenhaare sind häufig (als Zeichen des dystrophischen Haarwachstums)
Diagnostik
- Typische Anamnese und Erscheinungsbild
Symptome
- Diffuser, leichter bis mässiger Haarausfall, oft bitemporal betont, jedoch ohne sichtbare Haarlichtung (keine vollständige Glatzenbildung). Haarausfall kann bis 6 Monate nach Beseitigung der auslösenden Ursache anhalten
- Auslöser: Psychisches oder physisches Trauma, febrile Infekte, Eisenmangel, Dysthyreose, Medikamente, Hormonsubstitution, starker Gewichtsverlust, Lues, u. a.
Diagnostik
- Plötzlich auftretender nichtinflammatorischer diffuser Haarausfall ohne Vernarbung spricht bei vorausgegangenem Auslöser stark für ein TE
- Labor: BB, Ferritin, TSH, CRP, BZ – je nach Anamnese zusätzlich: Vitamin B12, antinukleäre Antikörper (ANA), HIV, Lues-Serologie
- Medikamentenanamnese
Therapie
- Beseitigung der zugrunde liegenden Ursache, Spontanremission abwarten (bis 6 Monate)!
- Bei chronischem TE: Ev. Minoxidil 2 % (2 x/d) oder 5 % (1 x/d) versuchen (wenn keine Spontanremission mehr zu erwarten ist). Die Minoxidil-Therapie muss kontinuierlich erfolgen. Das Therapieergebnis kann erst nach ca. 12 Monaten bewertet werden
- Eisentherapie: Anheben der Ferritinwerte auf bis zu 70 ng/ml wird von einzelnen Autoren empfohlen. Der Nutzen einer Eisensubstitution ist bei Patientinnen ohne eindeutige Eisenmangelanämie aber nicht belegt
Prognose
- Nach Ausschaltung des auslösenden/ursächlichen Faktors sehr gute Prognose. Zunächst setzt sich der Haarausfall meist noch 2–3 Monate fort, bis das Haarwachstum einsetzt. Kosmetisch sichtbare Besserung nach 6–12 Monaten
Lokalisierter Haarausfall
Symptome
- Bei Männern: Allmählich zunehmender Haarverlust frontoparietal („Geheimratsecken"), frontal und/oder Vertex. Prävalenz bei > 65-Jährigen: > 50 %
- Bei Frauen: Gleichmässige Haarlichtung der Scheitelregion, Haarsaum an Stirnhaargrenze bleibt erhalten. Beginn jederzeit nach der Pubertät
Diagnostik
- Erscheinungsbild, Familienanamnese, ev. Trichogramm, negativer Pulltest
- Trichogramm
- 60 bis 70 Haare zur Probenentnahme von der Kopfhaut entfernen
- 5 Tage zuvor die Haare nicht mehr waschen, 14 Tage vorher keine Färbung, Haartönung o. ä.
- Bei Frauen mit Androgenisierungszeichen (Hirsutismus, Menstruationsstörungen etc.) –> Hormonbestimmung (DHEAS, Gesamt- und/oder freies Testosteron)
Therapie
- Minoxidil (Neocapil® oder Regaine® Lösung 2 % oder 5 %). Therapiedauer unbegrenzt
NW: Haarwachstum im Gesicht, Kontaktekzem. Therapieerfolg nach 6–12 Monaten evaluieren
Beachte: 2–4 Wochen nach Absetzen von Minoxidil ev. passager verstärkter Haarausfall ("shedding-Effekt") - Finasterid 1 mg/d, nur für Männer zugelassen
- Haartransplantation: Einzige Therapie mit dauerhaftem Resultat
- Antiandrogene (z. B. Cyproteronacetat/Diane 35®, ev. in Kombination mit Androcur®) bei Frauen mit zusätzlichen Androgenisierungszeichen
- Spironolacton: In Einzelfällen erwägen, wenn Minoxidil nicht wirksam ist; in der Schwangerschaft kontraindiziert!
Symptome
- Akut, potentiell reversibel, häufig assoziiert mit psychischem Stress
- Erscheinungsbild
- Klassisch: Runde oder ovale, nicht vernarbende Alopezieherde, keine Zerstörung der Haarfollikel
- Ophiasistyp: Bandförmiger Haarverlust temporal und okzipital
- Alopecia totalis: Totaler Verlust der Kopfhaare
- Alopecia universalis: Verlust der Kopf- und Körperbehaarung
- Assoziation mit atopischer Dermatitis, Schilddrüsenpathologien, anderen Autoimmunerkrankungen (Vitiligo, entzündliche Darmerkrankungen)
- Nagelbeteiligung mit Tüpfelnägeln oder Trachyonychie möglich
- Spontanheilungsrate ca. 50 % innert 1 Jahr – jedoch Rezidivneigung
- DD: Alopecia syphilitica (mottenfrassartig)
Diagnostik
- Klinik, PA und FA, Schilddrüsenparameter, Biopsie nur in speziellen Fällen
- Pulltest: Lose Haare, die sich auf leichten Zug lösen, deuten auf Aktivität der Erkrankung hin
Therapie
- Topische Steroidcreme/-lösung für bis zu 3 Monate (z. B. Dermovate® Scalp Application)
- Intraläsionale Steroidinjektion (bei einzelnen, kleinen Herden)
- Topische Immuntherapie mit Diphenylcyclopropenon (DPCP): Wird wöchentlich appliziert zur Induktion eines Kontaktekzems. Erste Effekte sind nach etwa 3 Monaten zu erwarten
Unklare/umstrittene Wirksamkeit
- Ruxolitinib (Jakafi®), Simvastatin/Ezetemib mit ersten positiven, aber noch zu bestätigenden Studienergebnissen
- Zink, Biotin mit umstrittener Wirksamkeit
- Vitamin D: Möglicherweise ausgeprägtere Alopezie bei tiefen Vitamin D-Spiegeln. Die Substitution von Vitamin D zeigt bei verschiedenen Haarerkrankungen jedoch keine relevante Wirkung
Vernarbende Alopezien
Symptome
- Lokalisierte, alopezische Areale mit Vernarbung und Untergang der Haarfollikel. Mehr oder weniger entzündlicher Aspekt je nach Ätiologie mit Erythem, Pustelbildung, Büschelhaaren. Zugrunde liegende Erkrankungen: z. B. tiefe Mykose, bakterielle Infekte, Lichen planopilaris, Acne keloidales nuchae
Diagnostik
- Klinik, Biopsie, ev. bakterieller Abstrich
- Wichtig: Klinische Unterscheidung zu nicht-vernarbenden Alopezien! Vernarbende Alopezien zeichen sich durch Irreversibilität, chronisch-progrediente Verläufe und schlechtes Therapieansprechen aus
Therapie
- Je nach Diagnose dermatologische Behandlung; ev. chirurgischer Eingriff
- Prognose: Häufig sehr langwieriger Verlauf mit Progredienz der Vernarbung