Guideline

Harnwegsinfekte Erwachsene

Erstellt von: Rainer Weber Zuletzt revidiert: 12/2021 Letzte Änderung: 12/2021

Aktualisierung 12/2021

  • Aktualisierung Antibiotikatherapien
    • Wichtig: Chinolone sollen grundsätzlich nicht mehr verwendet werden für leichte oder mässig schwere Infektionen (z. B. rezidivierende unteren HWI), solange andere empfohlene Antibiotika eingesetzt werden können (weitere Informationen EMA)
  • Vertiefte Besprechung nicht-antibiotischer Therapieoptionen bei akuter unkomplizierter Harnwegsinfektion bei Frauen sowie der Rezidivprophylaxe
  • Vertiefte Darstellung der Harnwegsinfektionen bei Männern, inkl. Prostatitis
  • Erweiterung der Differentialdiagnosen
  • Daten zur Resistenzsituation in der Schweiz.

 

1. Vorbemerkungen

Harnwegsinfektionen (HWI) sind – nach den Atemwegsinfektionen – der zweithäufigste Grund für Antibiotikaverschreibungen in der ambulanten Praxis. Zum Schutz des Mikrobioms und zur Prävention der Resistenzentwicklung ist deshalb ein „rationaler Gebrauch“ von Antibiotika essenziell

  • Die meisten HWI in der Praxis verlaufen gutartig, können aber auch zu lebensbedrohlichen Situationen mit Sepsis (SIRS) oder zu intra- oder perirenaler Abszessbildung führen – insbesondere bei kompliziertem HWI mit Abflusshindernis
  • Dysurie hat eine breite Differentialdiagnose und umfasst nicht nur HWI, sondern auch sexuell übertragbare Erkrankungen, Vaginitis, Prostatitis sowie nicht-infektiöse Erkrankungen
  • Eine asymptomatische Bakteriurie darf nicht behandelt werden, ausser in der Schwangerschaft und vor urologischen Eingriffen
  • Aufgrund der zunehmenden antibiotischen Resistenz, und da jegliche Antibiotikagabe – auch wenn indiziert – das Mikrobiom nachhaltig schädigt, wird bei unkomplizierter HWI bei Frauen – in Absprache und im Einverständnis mit den Frauen – zunehmend versucht, ohne Antibiotika – mit Schmerzmitteln und Flüssigkeit oder mit nicht-antibiotischen Substanzen – zu behandeln. Das Risiko für eine Pyelonephritis ist dadurch aber leicht erhöht
  • Jegliche antibiotische Therapie – ist ein Risikofaktor für ein Rezidiv einer HWI
  • Aufgrund der hohen Resistenzrate soll bei rezidivierenden HWI immer eine mikrobiologische Diagnostik gemacht werden. Auch bei schwerem Krankheitsbild und bei komplizierten HWI muss immer eine mikrobiologische Diagnostik durchgeführt werden
  • HWI gehören zu den häufigsten im Spital erworbenen Infektionen (nosokomiale Infektionen) – bei Patientinnen und Patienten mit und ohne Blasenkatheter. In der hausärztlichen Nachbetreuung (nach Spitalaufenthalt) ist einerseits die Anamnese wichtig, ob während der Hospitalisation ein Blasenkatheter verwendet wurde (z. B. perioperativ); andererseits muss mit Antibiotika-resistenten Erregern gerechnet werden.

 

2. Definitionen und Differentialdiagnosen

2.1. Klinische Einteilung und Definitionen

  • Die Einteilung der HWI erfolgt „syndromisch“ und nicht anatomisch oder topographisch. Differentialdiagnose und Therapie bei Frauen und Männern werden im Folgenden getrennt betrachtet
  • Die Begriffe „unkompliziert“ bzw. „kompliziert“ werden – wenn auch uneinheitlich – verwendet, um das pathophysiologischeSetting der Infektion sowie das Risiko für eine Infektion zu beschreiben
  • Die Semantik „unkomplizierte“ HWI wurde initial für ansonsten gesunde, nicht-schwangere, prämenopausale Frauen mit normalen Harnwegen und ohne Instrumentierung verwendet. Viele HWI bei gut eingestelltem Diabetes mellitus, bei postmenopausalen Frauen, bei vielen Männern und bei Kindern ohne anatomische Malformationen sind auch unkompliziert
  • „Komplizierte“ HWI entstehen bei einem Abflusshindernis oder Abflussstörungen in den Harnwegen und treten bei Personen mit funktionellen oder strukturellen Pathologien auf; der Ausdruck wird oftmals aber auch für einen St. n. Instrumentierung oder bei Patient*innen mit Blasenkatheter, mit systemischen Erkrankungen oder mit verminderter Immunantwort verwendet
  • Die Unterscheidung „untere“ versus „obere“ HWI ist klinisch oftmals schwierig, da Patientinnen mit „Zystitis" auch unter Fieber und Flankenschmerzen leiden können aufgrund von der Blase her ausstrahlenden Schmerzen, ohne dass gleich eine Pyelonephritis vorliegt; oder Patientinnen mit einer Pyelonephritis sich primär mit einer zu einer „Zystitis" passenden Symptomatik präsentieren können.
    –> Deshalb sollte im Zweifel bei mit Antibiotika zuwartender Therapiestrategie sorgfältig auf die Kardinalsymptome mit wegweisendem Charakter geachtet werden: Verschlechterung des Allgemeinzustands, Hypotonie, Fieber, Schüttelfrost, Flanken/Rückenschmerzen, Nausea/Erbrechen sind hinweisend für einen aufsteigenden Infekt.

2.2. Dysurie

Die Differentialdiagnose der Dysurie umfasst

  • Harnwegsinfektionen
  • Urethritis, v. a. durch sexuell übertragbare Infektionen, inkl. Herpes genitalis
  • Vaginitis (Trichomonas vaginalis, Candida)
  • Lokales Trauma oder Irritation
  • Postmenopausaler (lokaler) Östrogenmangel
  • Interstitielle Zystitis (Interstitial Cystitis/Bladder Pain Syndrome (IC/BPS) (14, 15)
  • Prostatitis
  • Epididymitis
  • Urolithiasis (Ureterstein)
  • Blasenkarzinom
  • Systemerkrankungen (Morbus Reiter, Morbus Behçet).

2.3. „Sterile“ Leukozyturie

Die Differentialdiagnose einer Leukozyturie bei negativer Bakterienkultur umfasst

  • Alle sexuell übertragbaren Infektionen (Gonokokken, Chlamydien, Herpes genitalis und Trichomonaden)
  • St. n. kürzlich erfolgreich therapierter HWI
  • Tuberkulose
  • Schistosomiasis
  • Prostatitis (kann mit negativer Urinkultur einhergehen)
  • Chronische interstitielle Zystitis
  • Nierensteine
  • Blasentumore
  • Polyzystische Nierenerkrankung
  • Kürzliche instrumentelle Intervention oder Blasenkatheter
  • Radiotherapie des Beckens
  • Autoimmunerkrankungen, wie systemischer Lupus erythematodes.

 

3. Epidemiologie, Antibiotikagebrauch und Resistenz

Epidemiologie

  • Frauen sind doppelt so häufig von HWI betroffen wie Männer
  • 50 % aller Frauen haben 1 x im Leben einen HWI, fast 20 % werden einen 2. HWI haben, davon 30 % einen 3. HWI, 80 % dieser Frauen werden rezidivierende HWI haben
  • Inzidenz Frauen: 15–25 J. 70/1‘000, im mittleren Aller seltener, im Alter > 75 J. 140/1‘000 Einwohner
  • Asymptomatische Bakteriurie: Sexuell aktive Frauen (ohne SS) 5–6 %, bei > 70-jg. Frauen 18 %, in Altersheimen 25–50 % (Männer 15–40 %)
  • Bei jungen Männern sind HWI selten (Inzidenz: 1/1‘000), in hohem Lebensalter > 75 J. werden sie häufiger (Inzidenz: 40/1‘000).

Antibiotikagebrauch und Resistenz (1­–3, 5–7)

Schweiz

  • ANRESIS (https://www.anresis.ch/de/) (1, 3): Schweizerisches Zentrum für Antibiotikaresistenzen, repräsentatives nationales Überwachungssystem und Forschungsinstrument für Antibiotikaresistenzen und Antibiotikakonsum.

Europa

Eine Abfrage bei ANRESIS im 10/2021 ergab für die häufigsten Erreger einer akuten unkomplizierten HWI die Daten in Tabelle 1

  • Obwohl ANRESIS explizit Daten von ambulanten Patientinnen und Patienten erfasst und getrennt von Daten aus Spitälern darstellt, werden wohl weniger Urinkulturen von erstmaligen unkomplizierten HWI untersucht und somit erfasst, sondern eher solche von Therapieversagen oder Rezidiven. Somit werden die Resistenzraten bei ANRESIS möglicherweise überschätzt
  • Deshalb werden in Tab. 2 die Daten aus einer Schweizer cross-sectional Studie (6/2017–8/2018) aus 161 Hausarztpraxen und 2 grossen walk-inPraxen gegenübergestellt, welche in der Tat eine tiefere Resistenzrate zeigen (6).

Tabelle 1: Resistenzraten (%) von Escherichia coli, Staphylococcus saprophyticus, Klebsiella pneumoniae, Proteus mirabilis in der Schweiz, 2019. [ANRESIS (1), Abfrage 10/2021: Erreger, aus Urinproben, Alter >15, Jahr 2019, Durchschnitt der Resistenz in der Schweiz sowie aufgeschlüsselt in 8 Regionen der Schweiz]

* Die Zahl 64,5% = „nicht vollständig empfindlich“. Dies ist die Summe aus 33,5% „intermediär empfindlich“ + 31,0% „resistent". Bei den anderen dargestellten Antibiotika ist die Rate von „intermediär empfindlich“ = 0 oder fast Null.
** TMP/SMX (Trimethoprim-Sulfamethoxazol, Cotrimoxazol)

Tabelle 2: E. coli-Resistenzraten (%) in 163 Praxen der Schweiz (6/2017–8/2018) (6)

* Wegen steigender Resistenzraten und potenzieller Nebenwirkungen sollen Chinolone nicht zur empirischen Therapie des HWI eingesetzt werden (6).

 

4. Diagnostik

Die Diagnose HWI (10–17, 19–25) beruht immer auf einer passenden klinischen Symptomatik. Wegen der hohen Prävalenz einer asymptomatischen Bakteriurie ist weder ein positiver Streifentest noch eine positive Urinkultur allein ausreichend, um eine HWI zu diagnostizieren.

Anamnese und Klinik

⇒ Symptomatik siehe auch einzelne Krankheitsbilder in Kapitel 5

  • Bei typischer Klinik – Dysurie und Pollakisurie ohne Ausfluss/vaginale Irritationen – ist ein akuter unkomplizierter HWI bei einer Frau sehr wahrscheinlich (> 90 %)
  • Die Behandlung kann bei einer erstmaligen unkomplizierten HWI ausschliesslich anhand der Anamnese erfolgen. Aufgrund der zunehmenden Antibiotikaresistenz ist allerdings bei jeglichem Rezidiv eine Urinkultur und eine erreger- und resistenzgerechte Therapie indiziert
  • Zusätzliche Symptome wie vaginale Irritationen oder Ausfluss reduzieren die Wahrscheinlichkeit eines HWI
  • Fieber, Schüttelfrost, Flanken-/Rückenschmerzen und/oder Nausea/Erbrechen lenken den Verdacht auf einen aufsteigenden Infekt
    • Bildgebende Untersuchung auf Abflusshindernis indiziert, je nach Allgemeinzustand und Vitalparameter, parenterale Antibiotika-Therapie in der Praxis initiieren und/oder Hospitalisation erwägen
  • Die Symptomatik beim Mann ist identisch wie bei der Frau. Die mit Prostatitis assoziierte Symptomatik wird in Kapitel 5 beschrieben
  • Bei älteren (geriatrischen) Patientinnen und Patienten sind anamnestisch die Symptome einer HWI nicht immer klar zu eruieren, sind aber doch meist vorhanden. Neu aufgetretene unspezifische Beschwerden wie unklares Fieber bei Bauchschmerzen, Kontinenzproblemen oder Nykturie können auf einen HWI hinweisen; dies insbesondere auch bei liegendem Blasenkatheter. Veränderungen der Kognition oder des Allgemeinzustandes oder ein Delir allein – ohne HWI-Symptomatik – sind aber meistens nicht auf eine HWI zurückzuführen, auch wenn die Urinuntersuchung eine Bakteriurie zeigen würde. Letztere ist bei älteren Personen oft als asymptomatische Bakteriurie zu interpretieren.

Urin-Streifentest

Indikation: Immer bei unklarer Differentialdiagnose, aber auch ein routinemässiger Einsatz bei jedem Verdacht auf HWI ist begründbar

  • Nachweis von Leukozyten und/oder Nitrit (Nitritbildung durch Enterobakterien) und ev. Blut. Nitrit bleibt negativ bei S. saprophyticus oder Gram-positiven Bakterien (Enterokokken)
  • Ein negativer Urin-Streifentest schliesst bei typischer Klinik eine Infektion nicht aus, lenkt den Verdacht jedoch eher auf spezifische Erreger wie Chlamydien
  • Bei unklarem HWI (z. B. Pollakisurie ohne Dysurie) erhöht ein positiver Streifentest die Nachtestwahrscheinlichkeit. Sensitivität: Ca. 75 %, Spezifität: 46–66 %; PPV: 76–82 %, NPV: 57–68 %
  • Liegen HWI-Symptome und ein positiver Streifentest vor, kann bei erstmaligem HWI auf eine weitere Diagnostik verzichtet werden – ausser bei Hinweisen auf eine komplizierte oder aufsteigende HWI!

Urinkultur

Eine Urinkultur ist bei erstmaligem klinisch „typischem“  HWI bei Frauen nicht zwingend; angesichts der zunehmenden Resistenzproblematik aber bei Rezidiven immer notwendig.

Indikation

In folgenden Situationen sollte immer eine Urinkultur (+ Antibiogramm) angelegt werden

  • Rezidivierende HWI
  • HWI in der Schwangerschaft
  • Pyelonephritis
  • Komplizierte HWI
  • HWI bei Männern
  • HWI nach vorheriger anderweitiger Antibiotikatherapie (in den zurückliegenden Wochen)
  • Bei uncharakteristischen Symptomen oder Symptompersistenz.

Vorgehen

  • Mittelstrahlurin, ohne lokale Desinfektion.

Bewertung

  • Von einer positiven Urinkultur spricht man bei ≥ 105 Keimen/ml bei asymptomatischer Patientin bzw.  ≥ 102 Keimen/ml bei symptomatischer Patientin und 103 Keimen/ml bei symptomatischem Patienten
  • Bei negativer Urinkultur und Leukozyturie sollen Urethritis, chronische Prostatitis, Kolpitis und urogenitale TB und ggfls. weitere Differentialdiagnosen einer sterilen Leukozyturie (–> s. Kap. 2.3) ausgeschlossen werden
  • Eine Urinkultur nach klinisch erfolgreicher Therapie ist nicht erforderlich – ausser in der Schwangerschaft.

Urinstatus/Urinsediment

  • Ist bei typischer Klinik nicht unbedingt erforderlich
  • Fehlender Nachweis von Leukozyten (< 10 Leukozyten pro Gesichtsfeld) schliesst eine HWI praktisch aus.

Sonographie der Harnwege

  • Bei V. a. funktionelle oder anatomische Veränderungen, Urolithiasis, Pyelonephritis oder bei häufigen Rezidiven.

Hämatogramm und CRP

  • Bei V. a. Pyelonephritis, V. a. komplizierte HWI oder V. a. Urosepsis.

Urologische Abklärung beim Mann

  • –> Siehe Kap. 5.6.

 

5. Krankheitsbilder und Therapie

5.1. Asymptomatische Bakteriurie

Definition

  • ≥ 105 Kolonien von einem oder mehreren uropathogenen Keim/ml; mit oder ohne Pyurie (≥ 10 Leukozyten/mm3).

Asymptomatische Bakteriurie bei Schwangeren (8–11)

  • Prinzipiell besteht in der Schwangerschaft bei symptomatischer und asymptomatischer Bakteriurie ein erhöhtes Risiko für eine Pyelonephritis und für Schwangerschaftskomplikationen – sowohl für die Mutter wie für das Ungeborene. Ein systematisches Screening aller Schwangeren auf asymptomatische Bakteriurie wird aber nicht mehr generell empfohlen (9, 11)
  • Ein Screening wird weiterhin empfohlen bei Schwangeren mit Risikofaktoren wie Diabetes mellitus, Immunsuppression, funktionelle und strukturelle Pathologien der Harnwege, St. n. Pyelonephritis, St. n. Frühgeburt oder Spätabort.

Andere Personen und Situationen (8, 9)

  • Eine asymptomatische Bakteriurie soll weder gesucht noch behandelt werden, auch nicht bei älteren Frauen, Männern, Personen mit Diabetes mellitus, Personen mit Dauerkatheter oder bei St. n. Nierentransplantation
  • Ausnahmen: Screening und ggfls. antibiotische Therapie nach Antibiogramm vor oder bei urologischem Eingriff.

Asymptomatische Bakteriurie versus Harnwegsinfektion bei älteren, funktionell und/oder kognitiv eingeschränkten Personen mit Bakterurie (9)

  • Bei akuten mentalen Änderungen (Konfusion, Delirium) oder einem Sturz und Bakteriurie ohne lokale genito-urologische Symptomatik und ohne systemische Zeichen einer Infektion (Fieber, Hämodynamik, etc.) sollen andere Ursachen (als eine HWI) für die Verschlechterung gesucht, der Verlauf klinisch beobachtet und keine Antibiotika verabreicht werden.
    Begründung: Keine Hinweise, dass mit Antibiotika die Morbidität/Mortalität verringert werden kann; Gefahr der Resistenzentwicklung, C. difficile-Infektion, unerwünschte medikamentöse Wirkungen
  • Bei Patienten mit Bakteriurie und mit Fieber oder mit systemischen Infektzeichen (aber) ohne lokalisierende Symptomatik soll eine breitspektrige antibiotische Therapie gegen eine nicht-urologische und gegen urogenitale Infektion erwogen werden – in Absprache mit Patient*innen und Angehörigen
  • Bei Patienten mit einem liegenden Blasenkatheter oder einem suprapubischen Katheter ist ein Screening oder eine antibiotische Therapie bei asymptomatischer Bakteriurie nicht indiziert
  • Die Evidenz für oder gegen ein Screening (und Therapie) einer Bakteriurie zum Zeitpunkt der Entfernung von Blasenkathetern ist unklar. Eine antibiotische Therapie in dieser Situation könnte eine symptomatische HWI vorbeugen. Die Evidenz für diese Beobachtung stammt allerding fast ausschliesslich aus Studien mit chirurgischen Patient*innen, bei denen die Blasenkatheter nur kurzzeitig verwendet wurden.

5.2. Akute unkomplizierte Harnwegsinfektion bei Frauen

Pathogenese

  • HWI können bei normalen und bei pathologischen Harnwegen auftreten. Anatomische oder funktionelle Pathologien sowie die Schwächung einer Immunantwort begünstigen HWI und können zu schwereren Verläufen von HWI führen
  • Unkomplizierte HWI der Blase und der Niere bei Frauen sind die Folge von aszendierenden Infektionen durch die Kolonisierung der periurethralen Umgebung mit Erregern aus dem Darm, der Vagina oder der Haut. Zu einer hämatogen verursachten Pyelonephritis kommt es selten bei (meist) vorgeschädigter Niere
  • Bei ungefähr 3 % gesunder Frauen kann die Infektion weiter aufsteigen und zu einer Pyelonephritis führen. Bei Reflux in die Ureteren oder Abflusshindernissen wird das Risiko erhöht
  • Einige E. coli-Stämme besitzen eine besondere Adhäsionsfähigkeit durch Fimbrien und Pili
  • Bei Änderung des pH-Wertes und verminderter vaginaler Besiedelung mit Laktobazillen treten vermehrt Enterobacteriaceae und Anaerobier in der Scheide auf. Ihr Konzentrationsanstieg disponiert zu HWI, besonders mit zunehmendem Alter. Sexulle Aktivität trägt zur Kolonisierung und Infektion mit Enterobacteriaceae bei postmenopausal begünstigen Veränderungen der vaginalen Mukosa bei
  • Wiederauftretende HWI entstehen entweder durch ein Rezidiv, nachdem die initial ursächlichen Bakterien durch die Therapie supprimiert aber nicht eliminiert wurden und nach dem Stoppen der Antibiotika wieder zu einer Infektion führen; oder durch eine neue Infektion (Reinfektion) durch einen (molekular) anderen Erreger oder einen gleichen Erreger aus der periurethralen oder fäkalen Flora.

Erregerspektrum

  • 75–95 % der unkomplizierten HWI werden durch E. coli (75–95 %) verursacht, gefolgt von Staphylococcus saprophyticus (v. a. bei jungen Frauen) (5–15 %), andere Enterobacteriaceae (Proteus mirabilis, Klebsiella pneumoniae) und Enterokokken (selten). Andere kulturell nachgewiesen Bakterien sind meist Kontaminanten und nicht die Ursache der Symptomatik (wie S. aureus, Streptokokken, Laktobazillen)
  • Eine polymikrobielle Bakteriurie weist darauf hin, dass es sich nicht um einen Mittelstrahlurin handelt oder dass ein Abflusshindernis vorliegt oder dass der Urin aus einem Blasenkatheter entnommen wurde
  • Bei Frauen mit Dysurie und Leukozyturie, aber negativer Urinkultur, muss auch an Chlamydien (s. mediX GL Sexuell übertragbare Krankheiten) gedacht werden
  • Eine sterile Leukozyturie kann zudem bei Personen aus Tuberkulose-Endemiegebieten auf eine TB hinweisen.

Diagnostik

  • Bei erstmaliger klinisch „typischer“ Situation sind Urinsediment und Kultur nicht notwendig, aber angesichts der zunehmenden Resistenzproblematik ist eine mikrobiologische Erregeridentifikation und Resistenzprüfung bei Rezidiven, bei wiederholten HWI oder bei „atypischer Klinik zwingend.

Symptomatische Therapie

  • Zurückhaltung mit Antibiotika: Bis zur Hälfte der akuten unkomplizierten HWI heilen spontan ab. Antibiotika verkürzen aber die Symptomdauer. V. a. bei geringer Morbidität, und da jegliche Antibiotikagabe ein Risiko darstellt für ein Rezidiv sowie eine Resistenzentwicklung, kann auf Wunsch und/oder in Absprache mit der Patientin mit Antibiotika zugewartet werden (10)
  • Viel Flüssigkeit zur Prävention von Rezidiven (18)
  • Eine unbehandelte Zystitis scheint das Risiko einer Progression zur Pyelonephritis zwar leicht, aber unter Abwägung der negativen Auswirkungen der Antibiotika und der guten Behandelbarkeit einer unkomplizierten Pyelonephritis, wohl nicht signifikant zu erhöhen
  • Bei Patienten ohne Pyelonephritis in der Vorgeschichte und kurzer Symptomdauer (< 5 Tage) kann zunächst symptomatisch behandelt werden. Mit diesem Vorgehen können Antibiotika eingespart werden, das Pyelonephritis-Risiko ist allerdings leicht erhöht (10, 42)
    • Standby-Therapie: Die Patientin nimmt zunächst für 48 h NSAR (z. B. Ibuprofen 3 x 400 mg/d) ein, dann – bei persistierenden Beschwerden – Antibiotika (Rezept mitgeben)
    • Verschreibung von NSAR für 2 Tage, bei persistierenden Beschwerden erneut Arzt konsultieren (–> s. Antibiotikaverschreibung).

Therapie mit Antibiotika (10–12, 16, 17, 30)

1. Wahl

  • Nitrofurantoin (z. B. Furadantin®) 2 x 100 mg/d für 5 d. Hinweis: Orangefärbung des Urins.
    Nitrofurantoin sollte nur bei normaler Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance-Werte von > 60 ml/min) verabreicht werden. Das Erregerspektrum umfasst: Viele gramnegative Keime (nicht aber: Pseudomonas, Proteus, Morganella), oftmals aktiv gegen extended-spectrum Betalaktamase-bildende E. coli (austesten), Staphylococcus saprophyticus, Enterokokken.
    Anmerkungen
    • Zu beachten ist – wie oben erwähnt – die antibiotische Lücke bei Pseudomonas, Proteus, Morganella
    • Zudem nicht geeignet für Pyelonephritis (ungenügende Gewebepenetration) und bei Schwangeren und Stillenden
    • Aktuell ist die Resistenz bei E. coli noch sehr tief, fast vernachlässigbar, aber für einige Keime ist die Resistenzrate hoch, z. B. Klebsiellen (1, 6, 7).
  • Fosfomycin (Monuril®) in Einmaldosis (1 x 3 g). Fosfomycin muss nüchtern eingenommen werden, 2 h nach oder 2 h vor der Mahlzeit oder bevorzugt am Abend nach Leeren der Blase.
    Das Erregerspektrum des bakteriziden Fosfomycin umfasst: S. aureus (aber nicht Staphylococcus saprophyticus), Streptokokken, gramnegative Keime inklusive Pseudomonas; z. T. Enterokokken (austesten). Es existiert keine Kreuzresistenz zu anderen Antibiotika.
    Anmerkungen
    • Die Schweizerische Gesellschaft für Infektiologie und die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) empfehlen bei Nicht-Schwangeren Fosfomycin als Erstlinien-Antibiotikum (11, 17).
    • Aufgrund 11 % Differenz zugunsten von Nitrofurantoin im klinischen und mikrobiologischen Outcome in einer randomisierten Studie in JAMA 2018 und aufgrund des Wirkspektrums wird Nitrofurantoin in verschiedenen Guidelines dem Fosfomycin vorgezogen (30)
    • Zu beachten gilt die antibiotische Lücke bei S. saprophyticus (ein Bakterium, das bei rund 5–15 % die Ursache einer akuten Zystitis und gelegentlich auch Ursache einer Pyelonephritis sein kann)
    • Aktuell ist die Resistenz bei E. coli noch sehr tief, fast vernachlässigbar, aber für einige Keime ist die Resistenzrate hoch, z. B. Klebsiellen (1, 6, 7)
    • Nicht geeignet für Pyelonephritis und bei Schwangeren und Stillenden.

2. Wahl

  • Cotrimoxazol = TMP-SMX (Cotrimoxazol, z. B. Bactrim forte®) 2 x 1 Tbl./d für 3 Tage. Längere Therapiedauer ohne Zusatznutzen, aber mit erhöhter NW-Rate (z. B. Allergie).
    Anmerkungen
    • Wichtiges Standbein aus epidemiologischen Gründen, damit nicht alle Zystitiden mit Nitrofurantoin oder Fosfomycin behandelt werden (müssen) (5, 6). Resistenz von E. coli zwischen 14,3 % und 22,8 % (ANRESIS, ambulant, 2019)
    • In Regionen mit E. coli-Resistenzraten > 20 % oder wenn die Patientin in den letzten 3 Monaten bereits TMP-SMX für die Behandlung einer Zystitis eingenommen hat, ist die Substanz nicht die 1. Wahl (–> anresis.ch)!

Nicht empfohlen

  • Betalaktame (z. B. Cefuroxim oder Amoxicillin-Clavulansäure) sind weniger wirksam, machen relativ oft gastrointestinale NW und verursachen relevante Störungen der Darm- und Vaginalflora
  • Chinolone (Ciprofloxacin und Norfloxacin) sollten bei unkomplizierter Zystitis nicht eingesetzt werden, falls andere Therapieoptionen möglich sind.
    Begründung
    • Die Resistenzrate ist inzwischen hoch (rund 20 % der E. coli aus [ambulanten] Urinproben sind in der Schweiz resistent gegenüber Chinolonen), und Ciprofloxacin sollte für Indikationen aufgespart werden, bei denen aufgrund der Gewebegängigkeit und der Bioverfügbarkeit die Chinolone optimal sind (z. B. Pyelonephritis, oder beim Mann ggfls. Prostatitis!
    • Ausserdem warnen Gesundheitsbehörden wie EMA oder FDA vor dem Gebrauch von Chinolonen wegen unerwünschter Arzneimittelwirkungen (Chinolongebrauch assoziiert mit Aortenaneurysmen, Hypoglykämie, zentralnervösen Störungen, peripherer Neuropathie, Tendinopathien, Achillessehnenrupturen und muskulären Pathologien) (4).

In der Schweiz nicht registriert

  • Pivmecillinam, Nitroxolin, Trimethoprim.

Therapie mit nicht-antibiotischer Medikation (Phytotherapie) (10, 33, 40, 41, 45)

Die folgenden Medikationen haben zwar in kontrollierten Studien den Antibiotikagebrauch reduzieren können, hatten aber im Vergleich mit Plazebo kaum eine relevant bessere Wirkung und im Vergleich mit Antibiotika eine schlechtere Wirkung

  • Bärentraubenblätter-Extrakt (Uvae ursi folium, Arbutin, Arctuvan®): Patientinnen benötigten weniger Antibiotika, hatten aber länger Beschwerden, brauchten mehr Schmerzmittel und erkrankten häufiger an Pyelonephritis (41)
  • Kapuzinerkressenkrautpulver und Meerrettichwurzelpulver (Angocin®): Keine Evidenz für Wirksamkeit und umständlich zum Einnehmen (33)
  • Rosmarin, Liebstöckel, Tausendgüldenkraut (Canephron® [BNO 1045]): Keine Evidenz für bessere Wirksamkeit als Placebo; häufiger Pyelonephritis (40).

Kontrolluntersuchungen (Follow-up)

  • Nach einer akuten Zystitis ist in i. d. R. eine Nachkontrolle mit Urinuntersuchung nicht nötig. Dies gilt auch für Frauen mit gelegentlichen Reinfekten. Ausnahme ist die Schwangerschaft, dort werden Nachkontrollen mittels Urinkultur 1 Woche nach Therapieende empfohlen.

 

5.3. Harnwegsinfektion in der Schwangerschaft

Besonderheiten

  • Bei einer Schwangerschaft ist wegen möglicher Embryo- oder Fetotoxizität die Auswahl von Antibiotika beschränkt
  • Eine Urinkultur ist obligat
  • Prinzipiell besteht in der Schwangerschaft bei symptomatischer und asymptomatischer Bakteriurie ein erhöhtes Risiko für eine Pyelonephritis und für Schwangerschaftskomplikationen – sowohl für die Mutter wie für das Ungeborene
  • Der Nutzen eines systematischen Screenings aller Schwangeren auf asymptomatische Bakteriurie ist aber nicht belegt und wird nicht mehr generell empfohlen (9, 11)
  • Ein Screening wird aber weiterhin empfohlen bei Schwangeren mit Risikofaktoren wie Diabetes mellitus, Immunsuppression, funktionelle und strukturelle Störungen der Harnwege, St. n. Pyelonephritis, St. n. Frühgeburt oder Spätabort.

Diagnostik und Nachkontrolle

  • Immer Kultur anlegen!
  • Nach einer akuten Zystitis ist i. d. R. eine Nachkontrolle mit Urinuntersuchung nicht nötig. Dies gilt auch für Frauen mit gelegentlichen Reinfekten. Ausnahme ist die Schwangerschaft, dort werden Nachkontrollen mittels Urinkultur 1 Woche nach Therapieende empfohlen.

 

5.4. Rezidivierende Harnwegsinfektionen bei Frauen

Definitionen

  • 3 oder mehr Infektionen/Jahr oder ≥ 2 Infektionen in den letzten 6 Monaten.

Rückfall versus Neuinfektionen

  • Rückfälle (Rezidive) treten i. d. R. innert 14 Tagen nach anfänglichem Therapieerfolg infolge Persistenz des identischen Erregers auf. Oft ist der Verlauf einer HWI protrahiert und es finden sich in der erneuten Urinkultur keine Bakterien mehr. Die Symptome können einige Tage über die Antibiotikabehandlung hinaus andauern. Eine weitere Untersuchung soll erst bei Zunahme der Symptomatik erfolgen. Ein „echtes“ Rezidiv, also ein „Aufflackern“ der gleichen Infektion spricht für eine Resistenzproblematik
  • Neuinfektionen treten i. d. R. nach > 14 Tagen auf. Auch wenn bei einer Routinekultur oftmals ein gleiches Bakterium gefunden wird (aus der Haut, Darm- oder Vaginalflora), so wäre der Erreger bei molekularer Typisierung (meist) unterschiedlich.

Risikofaktoren für rezidivierende HWI

  • Geschlechtsverkehr (sexuell aktiv)
  • Frühere HWI und antibiotische Therapie
  • Verwendung von Diaphragma und spermiziden Substanzen (Kondome: Wegen spermizider Beschichtung)
  • Neue Partnerschaft
  • Schlecht eingestellter Diabetes mellitus
  • Lokaler (vaginaler) postmenopausaler Östrogenmangel
  • Inkontinenz
  • Obstruktion der Harnwege
  • Sphincter-Detrusor-Dyssynergie
  • Urologische Operationen (Bänder-, Netze-, Hebungsoperationen nach Senkung)
  • Blasenkatheter
  • Genetische Prädisposition
  • Nicht sicher als Risikofaktor belegt sind: Hallenbadbesuche, Kälteexposition, enge Unterwäsche, Vaginaldusche nach dem Sex, geringe Trinkmenge (13).

Differentialdiagnose

  • Differentialdiagnostisch ist zu erwägen, ob auch andere Ursachen als eine rezidivierende HWI für eine Dysurie in Frage kommen, insbesondere ob sexuell übertragbare Infektionen oder eine Vaginitis, oder ob gar eine komplizierte HWI vorliegen könnte.

Therapie

  • Anlegen einer Urinkultur und anschliessend gezielter resistenzgerechter Antibiotikumwechsel bzw. Therapiebeginn.

Antibiotische Prophylaxe

  • Siehe Tabelle
  • Langzeitiger Antibiotikagebrauch führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Resistenzproblemen und schädigt das Mikrobiom. Deshalb sind eine korrekte Diagnostik und Differentialdiagnose wichtig und – wenn möglich – nicht-antibiotische Massnahmen vorzuziehen
  • Bei HWI in zeitlichem Zusammenhang mit Geschlechtsverkehr: Postkoitale Einmaldosis von Cotrimoxazol forte ½ Tbl. oder Nitrofurantoin 50–100 mg
  • Antibiotische Langzeitprophylaxe als ultima ratio mit Cotrimoxazol oder Nitrofurantoin. Erfolgsrate 95 % in randomisierten Studien. Therapieversuch über 6 Monate, dann neu bewerten.
    Beachte: Antibiotika-Prophylaxe erst nach erfolgreicher Behandlung einer akuten Infektion, bestätigt durch negative Urinkultur 2 Wochen nach Therapieende. In der Schwangerschaft muss der Einsatz der genannten Antibiotika wegen unklarer Risiken für den Fetus kritisch abgewogen werden.

Verhaltensänderungen und nicht medikamentöse Prophylaxe

  • Wechsel der Verhütungsmethode (Vermeiden von Diaphragma und Kondom)
  • Ausreichende Trinkmenge (mind. 2–3 Liter/Tag) (Kontraindikationen beachten, z. B. Herzinsuffizienz) – eine aktuelle Studie bestätigt den Nutzen! (32)
  • Vollständige, regelmässige Entleerung der Blase
  • Miktion nach Geschlechtsverkehr
  • Verzicht auf übertriebene Genital-„Hygiene“, welche die körpereigene Vaginalflora zerstört (z. B. Vermeidung von „Intimsprays“), pH-neutrale Waschlotionen, rückfettend
  • Wärmeapplikation bei Schmerzen
  • Vermeiden von Unterkühlung (nicht durch Studien belegt).

Medikamentöse (nicht-antibiotische) Massnahmen (33–45)

  • Kontraindiziert: Schwangerschaft

Wirksamkeit in der Rezidivprophylaxe (bei akutem HWI gibt es keine Studien)

Wirksam

  • Östrogen lokal bei postmenopausalen Frauen: Estriol Creme, intravaginal über 8 Monate (z. B. Ovestin® Ovula oder 1 Applikatorfüllung/Tag über 2–3 Wo, danach 2 x/Wo.) (43).

Vielversprechend

  • D-Mannose (z. B. Femmanose®): Bindet sich an die bakteriellen Pili und vermindert dadurch die Adhärenz der E. coli am Urothel. In einer Studie (17) von Frauen mit rezidivierenden HWI war D-Mannose (2 g/d) so wirksam wie Nitrofurantoin (50 mg/d), wies aber signifikant weniger Nebenwirkungen auf (Untersuchungszeitraum: 6 Monate). Zudem weisen Metaanalysen (Vergleich D-Mannose versus Placebo sowie versus Antibiotika) auf eine klinisch relevante prophylaktische Wirksamkeit hin (38, 39).

Fraglich

  • OM-89, lyophilisierte Bakterienlysate von E. coli (Uro-Vaxom®): 1 Kps./d während 3 Monaten. Metaanalysen schliessen einen Effekt als Rezidivprophylaxe nicht aus. Die Metaanalysen beruhen auf sehr wenigen Studien, die alle nicht von guter Qualität sind. Vor Diskussion einer antibiotischen Rezidivprophylaxe kann ein Prophylaxe-Versuch mit Uro-Vaxom erwogen/vertreten werden (44)
  • Probiotika/Laktobacillen als intravaginale Ovula (z. B. Gynoflor®) zeigen günstigen Outcome (36, 37), müssen aber weiter untersucht werden
  • Cranberrysaft/Kapseln: 1 dl/d (im Infekt 3 dl/d). Schutzwirkung wahrscheinlich bestenfalls gering (34, 35), aber ohne Risiken. Studienergebnisse initial enthusiastisch, inzwischen aber uneinheitlich: Zahlreiche randomisierte Studien zeigen leider oftmals keine Wirkung.

Nicht empfohlen

  • Vitamin C, Methenamin (11), Angocin (Kapuzinerkressenkrautpulver und Meerrettichwurzelpulver) (33); BNO 1045 (Rosmarin, Liebstöckel, Tausengüldenkraut) (40); Bärentraubenblätter (41). Pflanzliche Arzneimittel sind ohne Evidenz für Wirksamkeit (45).

In Entwicklung

  • Vakzine gegen verschiedene Virulenzfaktoren von uropathogenen E. coli werden erforscht.

 

5.5. Akute unkomplizierte Pyelonephritis bei Frauen

Pathogenese

  • Bei ungefähr 3 % gesunder Frauen kann die Infektion der Blase weiter aufsteigen und zu einer Pyelonephritis führen. Bei Reflux in die Ureteren oder Abflusshindernissen wird das Risiko erhöht
  • Eine Pyelonephritis kann auch ohne vorherige (manifeste) Zystitis auftreten
  • Zu einer hämatogen verursachten Pyelonephritis kommt es selten bei (meist) vorgeschädigter Niere.

Diagnostik

Urinanalyse, Urinkultur zwingend, ggfls. Blutkulturen.

Therapie

  • Immer antibiotische Therapie (siehe Tabelle) (12, 16)
  • Beachte: Eine komplizierte Pyelonephritis mit hohem Fieber, Schmerzen, Schwäche, Erbrechen, Dehydrierung und Unmöglichkeit einer oralen Therapie/Rehydrierung soll stationär behandelt werden. Ebenso eine Pyelonephritis in der Schwangerschaft (i.v.-Therapie notwendig)!

 

5.6. Harnwegsinfektionen bei Männern, Prostatitis, Epididymitis

Vorbemerkungen

  • Zur Abklärung und Therapie der HWI bei Männern existieren wenige empirische Daten (19–25)
  • Unkomplizierte versus komplizierte HWI beim Mann: In vielen Empfehlungen wird eine HWI beim Mann grundsätzlich als kompliziert angesehen. Bei Männern ohne neurogene Blasenstörung mit Dysurie/Pollakisurie, ohne Anhaltspunkte für eine Infektion ausserhalb der Blase, ohne Fieber und ohne anamnestische oder klinische Risikofaktoren kann aber auch von einem unkomplizierten HWI ausgegangen werden.

Epidemiologie

  • Akute HWI sind bei jungen Männern selten, aber die Inzidenz der HWI beginnt ab 50 J. zu steigen und ab 80 J. sind die HWI gleich häufig wie bei Frauen. Demgegenüber sind Urethritiden durch sexuell übertragbare Infektionen häufig und zunehmend. Letztere finden sich auch bei älteren Männern.

Pathophysiologie

  • Bei Männern bis 50 J. umfasst die Differentialdiagnose von Dysurie eine Urethritis durch sexuell übertragbare Infektionen, HWI bei St. n. Katheterisierung (im Rahmen von Operationen) sowie HWI nach Exposition gegenüber uropathogenen E. coli bei heterosexuellem Kontakt mit einer kolonisierten Partnerin oder bei analem Sex mit Männern. HWI aufgrund einer kongenitalen Anomalie der Harnwege äussern sich klinisch meist vor dem Erwachsenenalter, aber nicht immer
  • Parallel mit der Vergrösserung der Prostata zwischen 50–65 J. nimmt die Häufigkeit von HWI zu, mitbedingt durch Restharn bei einer Abflussstörung und durch die verminderte antibakterielle Aktivität des Prostatasekrets. Eine infektiöse Prostatitis kann Ursache von rezidivierenden HWI sein
  • Bei älteren Männern über 65 J. erhöhen die Folgen der Prostatahyperplasie/Obstruktion, Inkontinenz, Immobilität, Diabetes mellitus, neurogene Blasendysfunktion oder dementieller Entwicklung das Risiko für HWI. Restharn nach Wasserlösen per se scheint nicht ein Risiko, sondern die häufigere Katheterisierung bei Inkontinenz oder Harnverhalten. HWI bei älteren Männern können zu einer Bakteriämie und Sepsis führen, die aber, rechtzeitig diagnostiziert, selten lebensbedrohlich sind.

Erregerspektrum

  • Das Erregerspektrum der HWI umfasst E. coli (25 %), andere Gram-negative Stäbchen (Proteus, Pseudomonas, Providencia, 50 %) und Enterokokken (bis 25 %), selten Koagulase-negative Staphylokokken
  • Bei Katheter-assoziierten Infektionen finden sich oft multiple Erreger. Die Biofilmbildung auf Katheteren schützt die Erreger vor Antibiotika und der Immunabwehr
  • Bei Urethritis: Gonokokken, Chlamydien, selten Mycoplasma genitalium. Andere oft rapportierte Erreger sind apathogen (wie Ureaplasma urealyticum, Ureaplasma parvum und Mycoplasma hominis) und sind nicht die Ursache einer Urethritis (46, 48–50).

Klinik

  • Die klinische Präsentation einer akuten HWI ist bei Männern gleich wie bei Frauen
  • Dysurie, Pollakisurie und plötzlicher Harndrang –> Positiver prädiktiver Wert (PPV): 75 % für HWI
  • Akuter Beginn von verzögertem Harnabfluss, Nykturie, abgeschwächtem Harnstrahl –> PPV: 33 %
  • Das Beschwerdebild lässt differentialdiagnostisch eine Infektion der Blase oder der „oberen Harnwege“ oftmals nicht unterscheiden; einzig das Vorliegen von Fieber weist auf eine Beteiligung des Pyelons hin (aber Fieber ist auch bei einer akuten Prostatitis vorhanden)
  • Bei liegendem Blasenkatheter weist eine klinische Verschlechterung und Fieber auf eine HWI hin. Trüber oder riechender Urin ist aber nicht diagnostisch für eine HWI
  • Ältere Personen können bei einer Bakteriämie afebril sein
  • Bei akuter bakterieller Prostatitis (abrupter Beginn mit Fieber und starken lokalen, perinealen Schmerzen; druckschmerzhafte Prostata) können auch starke Blasenbeschwerden und z. T. eine Harnretention manifest werden und es kann zu Urinabflussstörungen kommen
  • Eine chronische bakterielle Prostatitis kann sich klinisch oftmals als rezidivierende Episode einer akuten HWI manifestieren.

Diagnostik

Die Diagnostik der akuten HWI bei Männern ist identisch zu derjenigen bei Frauen (24).

– Klinik

  • Die Differentialdiagnose einer akuten HWI beruht auf einer klinischen Symptomatik: Bei jüngeren Männern sind dies Dysurie (75 %), Pollakisurie (50 %), Makrohämaturie (40 %), Fieber (30 %), Tenesmen (20 %) und suprapubische Schmerzen (15 %). Bei Pyelonephritis finden sich Flankenschmerzen, Fieber, Leukozytose und CRP-Erhöhung
  • Bei Männern kann eine Urethritis ohne oder mit nur wenig Urinauffälligkeit bestehen. In diesem Fall Urethral-Abstrich oder Morgenurin zum PCR/LCR-Nachweis von Chlamydien und Gonorrhö (siehe auch mediX GL Sexuell übertragbare Krankheiten). Obligatorisch: Partnerinmitbehandlung!

– Mikrobiologie

  • Bei einem Mann soll vor Beginn der initial empirischen Therapie immer eine Urinkultur, bzw. bei Abklärung einer Urethritis ein Urin für eine PCR-Untersuchung, abgenommen werden.

– Bildgebung und/oder urologisches Konsilium

  • Bei einem ersten HWI beim Mann ohne komplizierende Faktoren und mit promptem Ansprechen auf die antibiotische Therapie sind keine weiteren Abklärungen erforderlich
  • Bei fehlender Besserung und bei rezidivierenden Infekten muss nach einem Abflusshindernis oder einer Prostatitis gesucht werden. Bei negativem Resultat –> Suche nach anatomischen oder funktionellen Abnormitäten
  • Eine urologische Abklärung ist weiterhin indiziert bei Verdacht auf komplizierte HWI oder bei bereits bekannten urologischen oder neurologischen Problemen, sowie bei Immunsuppression
  • Eine urologische Abklärung ist immer angezeigt, wenn die klinischen Befunde suggestiv sind für eine Prostatitis.

Die Diagnostik der akuten bakteriellen Prostatitis beruht auf folgenden Informationen (19–25)

  • Anamnese: Akuter Krankheitsbeginn (Fieber, Unwohlsein), oftmals Prostata-Biopsie in den letzten 1–2 Wochen
  • Klinische Untersuchung inkl. Abdomen, urogenital, Prostata (Palpation der Prostata erlaubt; aber keine Prostata-Massage bei Verdacht auf akute Prostatitis); schmerzhafte Prostata bei rektaler Untersuchung
  • Mittelstrahl-Urin: Pyurie auf dem Teststreifen oder im Sediment
  • Urin-Kultur und Blutkultur abnehmen
    • Urinkultur gilt als positiv, wenn ≥ 105 Kolonien/ml mit einem uropathogenen Erreger
    • Vereinbar mit einer Infektion, wenn
      • ≥ 103 Kolonien/ml mit einem uropathogenen Errerger oder
      • ≥ 105 Kolonien/ml von ≥ 2 uropathogenen Erregern.
    • Für Patienten mit externen Kathetern: Positiv bewertet wenn ≥ 105 Kolonien/ml (auch wenn aus einem neu eingesetzten Katheter entnommen)
  • Screening auf sexuell übertragene Infektionen: Gonorrhoe und Chlamydien bei Risiko-Patienten
  • Ultraschall (oder Bladder-Scan) bei Patienten mit schweren obstruktiven Symptomen, Blasenentleerungsstörungen, oder Klinik einer Harnretention
  • Transrektaler Ultraschall oder CT empfohlen bei fehlendem Therapie-Ansprechen; Ausschliessen von Abszessen und andere Pathologien (z. B. obstruktive Pyelonephritis).
    Nicht empfohlen
    • PSA, Kulturen von Sperma, Prostata-Massage
    • Bildgebung: Bei unkomplizierten Fällen mit typischen Symptomen nicht empfohlen.

Die Diagnostik der chronischen bakteriellen Prostatitis beruht auf folgenden Informationen (19–25)

  • Meist afebril; gelegentlich kein Prostataschmerz bei rektaler Untersuchung
  • Zwei-Gläser-Probe, um eine bakterielle Prostatitis vom „chronic pelvic pain syndrome“ zu unterscheiden; Mittelstrahlurin-Kultur vor der Prostata-Massage („vor“); Erststrahlurin-Kultur (10 ml) nach der Prostata-Massage („nach“); Erregerdichte ≥ 10 x höher in der „nach“ Probe: Bakterielle Prostatitis
  • Bildgebung: Transrektaler Ultraschall bei Verdacht auf Prostata-Abszess
  • Urodynamik: Hilfreich zur Bestätigung von Obstruktionen (aber Unterscheidung verschiedener Prostatitis-Gruppen nicht möglich).
    Nicht empfohlen
    • Spermakultur.

Therapie

Asymptomatische Bakteriurie

  • Soll nicht behandelt werden; Ausnahme: Eine kurzzeitige antibiotische Prophylaxe bei asymptomatischer Bakteriurie ist vor operativen urologischen Eingriffen indiziert (8, 9).

Symptomatische HWI (19–25, 29, 31)

  • Bei Männern wird immer antibiotisch behandelt. Nach Vorliegen des mikrobiologischen Resultats wird die initiale empirische Behandlung auf eine resistenzgerechte Antibiotikatherapie umgestellt
  • Bei febrilen HWI bei Männern und Hinweisen auf ein Abflusshindernis ist meist eine Hospitalisierung notwendig
  • Die Therapiedauer bei afebrilen Männern mit HWI ist 7 Tage (26). Bei febrilen Männern konnte eine „non-inferiority“ für 7 versus 14 Tage nicht gezeigt werden, somit ist die Therapiedauer bei febrilen Männern 14 Tage (28)
  • Eine längere Therapie ist nur bei Nichtansprechen, sehr kranken Männern mit Fieber und/oder Bakteriämie sinnvoll (plus Suche nach Abflussstörung)
  • Eine Follow-up Kultur ist bei Ansprechen auf eine Therapie nicht indiziert
  • Bei einer Prostatitis wird eine resistenzgerechte Therapie mit einer in der Prostata wirksamen Substanz und eine Dauer von 2–3 Wochen empfohlen. Die früheren Empfehlungen von mind. 4 Wochen wurden verkürzt.

Rezidivierende HWI (22–24)

  • Suche nach Ursache, z. B. chronische bakterielle Prostatitis
  • Langzeitige antibiotische Prophylaxen werden z. T. bei rezidivierenden HWI bei nicht behandelbaren Abflusshindernissen verwendet, sind aber wegen Resistenzentwicklung und Toxizität meist in der Wirkung limitiert. Nicht-antibiotische Prophylaxen sind bisher nicht erfolgreich.

Prostatitis, akut bakteriell (19, 20, 22–25)

  • TMP-SMX oder Ciprofloxacin oder Nitrofurantoin für 7 Tage. Nitrofurantoin nicht indiziert bei V. a. Beteiligung der Prostata.

Prostatitis, chronisch bakteriell (20–25)

  • Eine empirische Therapie sollte vermieden werden. Antibiotika sollten anhand mikrobiologischer Resultate gezielt eingesetzt werden für eine Therapiedauer von 4 Wochen.

Wahl der Antibiotika

  • Bei älteren Männern ist bei der Wahl der Antibiotika auch die Prostatagängigkeit zu berücksichtigen, da die Prostata bei HWI oftmals
    (mit-)beteiligt ist
  • Eine gute Prostataaktivität besitzen Trimethoprim-Sulfamethoxazol, Chinolone und Makrolide, wobei zu berücksichtigen ist, dass TMP-SMX gegen Enterokokken unwirksam ist. Doxycyclin penetriert die Prostata auch recht gut (Chlamydien, Ureaplasmen)
  • Keine genügende Gewebepenetration im alkalischen Milieu der Prostata erreichen Nitrofurantoin und Betalaktam-Antibiotika (somit bei Patienten mit HWI und möglicher Prostatabeteiligung nicht geeignet!). Fosfomycin ist z. Zt. nur für Einmaldosen zugelassen und somit nicht geeignet bei HWI bei Männern
  • Bei Nichtansprechen soll nach einer komplizierten HWI und Prostatitis gesucht werden. Klinisches Nichtansprechen oder ein rasches Wiederauftreten der Infektion weisen auf eine Persistenz der ursprünglichen Infektion hin. Mögliche Ursachen einer solchen Situation sind die Mitbeteiligung der Prostata, Abflusshindernisse, anatomische Anomalien oder vesikoureteraler Reflux
  • Bei Ablusshindernissen ist abzuklären, ob diese ggfls. chirurgisch behandelt werden können. Längerdauernde oder wiederholte Antibiotikagaben führen in solchen Situationen kaum zum Ziel.

* mediX GL Infektiologie, mediX GL Sexuell übertragbare Krankheiten, Urologielehrbuch.de: Epididymitis

5.7. Komplizierte Harnwegsinfektionen (Frauen und Männer)

Definitionen

  • Der Terminus kompliziert“ meint v. a. HWI bei Abflusshindernis durch funktionelle oder anatomische Pathologien. Dies ist deshalb eine eigene Kategorie – und abzugrenzen von anderen „komplizierenden“ Faktoren – da neben der korrekten antibiotischen Therapie v. a. – wenn möglich – die Beseitigung des Abflusshindernisses therapeutisch im Vordergrund steht
  • „Kompliziert bezieht sich nicht auf die antibakterielle Resistenzsituation, obwohl eine Resistenzsituation bei Abflussstörungen und oftmals St. n. vorherigen Antibiotikatherapien vorliegen kann und natürlich eine Herausforderung bei der Wahl der Antibiotika darstellt.

Abflusshindernisse sind z. B.

  • Phimose
  • Urethrastriktur
  • Benigne Prostatahyperplasie und Prostatakarzinom
  • Blasendivertikel
  • Fremdkörper; Blasenkatheter
  • Urolithiasis
  • Ureterstrikturen
  • Uretertumore
  • Ureterstents
  • Nephrostomiedrains
  • Nieren-Zysten, -tumore
  • Kongenitale Anomalien
  • Tumore ausserhalb des urogenitalen Systems mit lokaler Verdrängung.

Anatomische Anomalien

  • Markschwammniere
  • Zystennieren

Funktionelle Störungen

  • Vesikoureteraler Reflux
  • Neurogene Blasenentleerungsstörungen
  • Metabolische Erkrankungen, Diabetes mellitus
  • Ileale Conduits.

Diagnostik

  • Immer sorgfältige Beurteilung der Vitalparameter, mit der Differentialdiagnose einer Sepsis
  • Immer Urin- und Blut-Kultur anlegen
  • Bildgebung

Therapie (26, 27)

  • Bei einer komplizierten HWI ist initial – nach Abnahme von Urin- und Blutkulturen – meistens eine breitspektrige empirische intravenöse Therapie unter stationären Bedingungen indiziert, mit rascher Klärung der Abflussverhältnisse im Harntrakt mittels Bildgebung
  • Nach Erhalt der mikrobiologischen Resultate wird auf eine gezielte erreger- und resistenzgerechte Therapie umgestellt
  • Neben der korrekten antibiotischen Medikation steht therapeutisch – wenn möglich – v. a. die rasche Behandlung des Abflusshindernisses im Vordergrund
  • Da Patient*innen mit funktionellen oder anatomischen Abflussstörungen oftmals schon mehrmals antibiotisch vorbehandelt worden sind oder früher schon hospitalisiert waren, besteht oft auch eine Antibiotikaresistenz, insbesondere gegen Chinolone.



5.8. Urosepsis

Definition

  • Urosepsis = Sepsis, die vom Urogenitaltrakt ausgeht, und die einen urologischen Notfall darstellt.

Erregerspektrum

  • Uropathogene Bakterien, andere gramnegative Bakterien sowie Enterokokken.

Ursachen

  • I. d. R. obstruktive Urinabflussstörung (siehe Kap. 5.7) oder Abszesse in den Nieren (oder peri-/paranephritisch) oder der Prostata oder durch urologische Instrumentierung eingebrachte Bakterien oder Blasenkatheter.

Symptome

  • Oftmals unspezifisch, Allgemeinsymptome (Fieber, Tachykardie, Schüttelfrost, Tachypnoe, Hypotonie), klinische „Sepis-Zeichen“ (z. B. „SIRS Kriterien“ oder „Quick SOFA Score“ plus Zeichen einer Infektion, siehe Definitionen unten), Oligurie und im Verlauf ev. Bewusstseinsverminderung
  • Symptome von Seiten der ableitenden Harnwege sind möglich, stehen aber klinisch oftmals nicht im Vordergrund.

Sepsis = lebensbedrohliche Organdysfunktion, die durch eine dysregulierte Wirtsantwort auf eine Infektion (Bakteriämie oder Abszess) verursacht wird. Differentialdiagnose einer Sepsis („Awareness“): Wird aufgrund von sensitiven klinischen Kriterien vermutet, die aber nicht spezifisch sind

1. „SIRS“ Kriterien

SIRS (systemisches inflammatorisches Response Syndrom) bei mindestens zwei der folgenden vier Kriterien

  • Fieber (Temperatur > 38,3 °C) oder Hypothermie (< 35,6 °C)
  • Tachykardie (> 90/min)
  • Tachypnoe (> 20/min) oder Hyperventilation (messbar durch den CO2-Gehalt im Blut)
  • Leukozytose (≥ 12’000/mm3) oder Leukopenie (≤ 4’000/mm3)

oder

2. „Quick SOFA Score“ (Sepsis-related Organ Failure Assessment)

Sepsisverdacht bei zwei oder mehr Kriterien

  • Tachypnoe ≥ 22/min
  • Systolischer Blutdruck ≤ 100 mmHg
  • Bewusstseinsveränderung, GCS (Glasgow Coma Scale) ≤ 14

Diagnostik

  • In Ergänzung zur sorgfältigen klinischen Untersuchung und Erfassung der Vitalparameter: (Blut)- und Urinkulturen, Entzündungsparameter, Gerinnungsparameter, Bildgebung zur Fokussuche. Anmerkung: Die meisten Praxen führen keine Blutkulturen mehr durch. Deshalb wenn möglich sofort Kurierdienst des Labors für Transport der Blutkultur anfordern; alternativ nur Uricult, und sofort Ceftriaxon.

Therapie (s. a. Tabelle)

  • Die Therapie beruht nicht primär auf Antibiotika; von grosser Wichtigkeit ist v. a. die (interventionelle) Behandlung der Abflussstörung oder die Drainage einer Abszedierung, falls eine vorliegt. Liegt keine Abflussstörung vor, kann unter Umständen auch eine ambulante parenterale Antibiotikatherapie erfolgen.

 

5.9. Intra-, peri-, para-renaler Abszess

Definitionen

  • Nierenabszess: Eitrig eingekapselter Entzündungsherd innerhalb der Nierenkapsel
  • Perinephritischer Abszess: Eiter zwischen Niere und Fascia renalis
  • Paranephritischer Abszess: Eiter im Retroperitoneum, meist ausgehend von einem perinephritischen Abszess.

Ursachen

  • „Aufsteigende“ Infektion als: Komplikation einer Pyelonephritis, Komplikation einer komplizierten HWI, mit dem entsprechenden Erregerspektrum
  • Septische (bakteriäme) Streuung bei anderer (nicht-urologischer) Grundkrankheit (Endokarditis, intravenöser Drogenabusus, Bakteriämie bei Dialyse, im Rahmen eines Tumorleidens, selten Tuberkulose) mit Erregerspektrum der Grundkrankheit (d. h. Endokarditiserreger, S. aureus bei Drogenabusus, etc.)

Symptome

  • Fieber, Schüttelfrost, Flankenschmerzen, ev. tastbarer Tumor, selten Hautrötung, Gewichtsverlust, ev. „Sepsiszeichen“
  • Anamnestisch ev. vorgängig die Symptomatik der urologischen oder nicht-urologischen Grundkrankheit.

Komplikation

  • Urosepsis, akut lebensbedrohlich.

Diagnostik

  • Bildgebung
  • Mikrobiologische Kulturen aus Urin oder Blut oft negativ.

Therapie (26, 27)

  • Interventionelle, operative Entlastung der Abszedierung, ev. perkutane Nephrostomie, ggfls. interventionelle Therapie eines Steinleidens, etc.
  • Therapie der Ursache der Abszedierung
  • Erreger- und resistenz-gerechte Antibiotika.

 

5.10. Harnwegsinfektionen bei Blasenkatheter

Allgemeine Merkpunkte (28)

  • Die Infektionsgefahr bei Blasenkatheter ist erhöht, da die natürliche Barriere für aufsteigende Infektionen nicht mehr da ist. Weiterhin bilden Bakterien auf dem Katheter einen Biofilm, welcher einer antibiotischen Behandlung in keinem Fall zugänglich ist; d. h. eine Infektion bei liegendem Katheter ist nicht heilbar
  • Vermeiden von Kathetern, wenn immer möglich
  • Regelmässige Überprüfung der Indikation für Blasenkatheter
  • Einführen des Katheters unter aseptischen/sterilen Bedingungen
  • Aufrechterhalten eines „geschlossenen Systems“
  • Minimierung von urethraler Traumatisierung
  • Im Falle einer Infektion: Entfernung des Katheters vor antibiotischer Therapie (um den Biofilm und die Quelle der Infektion zu entfernen).

Diagnostik von Katheter-assoziierter asymptomatischer Bakteriurie (CA-ASB) und Katheter-assoziierter Harnwegsinfektion (CA-UTI) (28)

  • CA-UTI = mit HWI vereinbare Symptomatik + keine andere Erklärung für Beschwerden + ≥ 103 Colony-forming units/ml von ≥ 1 Bakterienart in Katheterurin oder Mittelstrahlurin bei Personen, die innerhalb der letzten 48 h den Katheter entfernt bekamen
  • CA-ASB = ≥ 105 Kolonien/ml von ≥ 1 Bakterienart bei Personen ohne HWI Symptomatik. Ein Screening für CA-ASB ist nicht indiziert
  • CA-UTI assoziierte Symptome: Fieber, Frösteln, Änderung des mentalen Status, Malaise oder Lethargie ohne andere mögliche Ursache; Flankenschmerzen, Flanken-Klopfschmerz; neue Hämaturie. Bei Personen nach Katheter-Entfernung sind es die üblichen HWI Beschwerden
  • Pyurie oder Leukozyturie sind keine diagnostischen Kriterien; sie können auch nicht CA-UTI von CA-ASB unterscheiden, und dürfen kein Kriterium für oder gegen Antibiotika sein
  • Eine fehlende Pyurie/Leukozyturie bei „symptomatischen“ Personen spricht gegen eine CA-UTI.
  • Geruch oder Trübung eines Urins sind keine Kriterien für CA-UTI.

Prävention von Infektionen bei Blasenkatheter

  • Klares institutionelles Konzept/„Policies“ für Indikation, Pflege (und Schulung der Pflege) und Entfernung von Blasenkatheter, siehe Spezialliteratur
  • Rigoroses Vermeiden von Blasenkatheter und Konzepte für das Vermeiden von Blasenkatheter
  • Zurückhaltende Indikation für Blasenkatheter.

Antibiotikaprophylaxe, andere medikamentöse Prophyaxe

  • Keine Indikation für Antibiotikaprophylaxe, weder für kurz- noch für langzeitige Katheter
  • Gebrauch von Methenamin Salzen, Cranberry Juice, Antiseptika/Desinfektionsmittel für Pflege der Kathetereintrittspforte, Spülungen oder Antibiotikaspülungen der Blase sind nicht indiziert.

Katheterwechsel und Antibiotikaprophylaxe bei Katheterwechsel

  • Die Evidenz für oder gegen regelmässige Katheterwechsel (z. B. alle 2–4 Wochen) fehlt
  • Keine Indikation für prophylaktische Antibiotika, weder lokal in der Blase, noch systemisch, auch nicht bei Katheterwechsel.

Screening und Behandlung der CA-ASB zur Prävention von CA-UTI

  • Keine Indikation für Antibiotika (ausser vor invasiven urologischen Eingriffen)
  • Keine Indikation für Antibiotika bei persistierender asymptomatischer Bakteriurie nach Entfernung von Blasenkatheter
  • Kontroverse Empfehlungen betr. möglichem Nutzen von Antibiotika bei Frauen mit Bakteriurie nach kurzzeitiger Katheterisierung und/oder nach gynäkologischen Eingriffen.

Management bei CA-UTI (Katheter-assoziierter Infektion)

  • Katheterwechsel vor antibiotischer Therapie
  • Abnahme Urinkultur aus dem frisch eingelegten Katheter, vor erster Antibiotikagabe
  • Falls kein neuer Katheter mehr eingelegt werden müsste, dann Urinkultur aus Mittelstrahlurin
  • Dauer der Antibiotikatherapie: 7 Tage bei Symptombesserung, 10–14 Tage bei verzögerter klinischer Besserung. Bei definitiver Entfernung des Blasenkatheters kann die Therapiedauer ev. auf 3 Tage verkürzt werden.


5.11. Urethritis und sexuell übertragbare Infektionen (Frauen und Männer)

 

6. Literatur

Antibiotikaresistenz, Qualitätskontrolle, Arzneimittelsicherheit

  1. ANRESIS, Schweizerisches Zentrum für Antibiotikaresistenzen: Nationales Überwachungssystem und Forschungsinstrument für Antibiotikaresistenzen und Antibiotikakonsum. Institut für Infektionskrankheiten (IFIK) der Universität Bern mit Unterstützung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). https://www.anresis.ch/de/
    und
    INFECT by ANRESIS: INterface For Empirical antimicrobial ChemoTherapy (Switzerland): access to the latest data regarding microbes, antibiotic susceptibility and antibiotic treatment recommendations. https://infect.info/.
  2. ECDC (European Centre for Disease Control). Antimicrobial Resistance: https://www.ecdc.europa.eu/en/antimicrobial-resistance and Surveillance Atlas: https://www.ecdc.europa.eu/en/antimicrobial-resistance/surveillance-and-disease-data/data-ecdc.
  3. Federal Office of Public Health and Federal Food Safety and Veterinary Office. Swiss Antibiotic Resistance Report 2020. Usage of Antibiotics and Occurrence of Antibiotic Resistance in Bacteria from Humans and Animals in Switzerland. November 2020. FOPH publication number: 2020-OEG-64.
  4. Food and Drug Administration. FDA Drug Safety Communication [12-20-2018]. https://www.fda.gov/drugs/drug-safety-and-availability/fda-warns-about-increased-risk-ruptures-or-tears-aorta-blood-vessel-fluoroquinolone-antibiotics.
  5. Plate A, Kronenberg A, Risch M, Mueller Y, Di Gangi S, Rosemann T, Senn O: Treatment of urinary tract infections in Swiss primary care: quality and determinants of antibiotic prescribing BMC Fam Pract 21, 125 (2020). https://doi.org/10.1186/s12875-020-01201-1.
  6. Plate A. et al. Active surveillance of antibiotic resistance patterns in urinary tract infections in primary care in Switzerland. Infection. 2019;47:1027-1035.
  7. Zanichelli V. et al.: Antimicrobial resistance trends in Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae and Proteus mirabilis urinary isolates from Switzerland: retrospective analysis of data from a national surveillance network over an 8-year period (2009–2016). Swiss Med Wkly. 2019;149:w20110. doi:10.4414/smw.2019.20110.

Asymptomatische Bakteriurie

  1. Langford BJ, et al.: The Benefits and Harms of Antibiotic Prophylaxis for Urinary Tract Infection in Older Adults Clin Infect Dis 2021;73:e782-e791.
  2. Nicolle LE, et al.: Clinical Practice Guideline for the Management of Asymptomatic Bacteriuria: 2019 Update by the Infectious Diseases Society of America. Clin Infect Dis 2019;68:1611–5.

Frauen: Unkomplizierte Harnwegsinfektionen – Guidelines und Übersichtsarbeiten

  1. Altwegg O, Weisskopf S, Mattmüller M, Spieler P, Grandinetti T, Hilfiker A, et al.: Akute Blasenentzündung – Behandlung ohne Antibiotika. Prim Hosp Care Allg Inn Med. 2020;20(01):23–8. https://primary-hospital-care.ch/article/doi/phc-d.2020.10179.
  2. Betschart C, et al.: Akute und rezidivierende Harnwegsinfektionen. SGGG Expertenbrief No. 58, 6/2018.
  3. Gupta K, Hooton TM, Naber KG, et al.: International clinical practice guidelines for the treatment of acute uncomplicated cystitis and pyelonephritis in women: a 2010 update by the Infectious Diseases Society of America and the European Society for Microbiology and Infectious Diseases. Clin Infect Dis. 2011;52(5):e103-e120. doi:10.1093/cid/ciq257.
  4. Hilfiker A, Germann M, Altwegg O, Weisskopf S, Tarr P: Rezidivierende Harnwegsinfektionen – Update zu Diagnostik und Prävention. Prim Hosp Care Allg Inn Med. 2021;21(08): 257–63. https://primary-hospital-care.ch/article/doi/phc-d.2021.10291.
  5. Huffman MM, et al.: Bladder Pain Syndrome. Prim Care Clin Office Pract 46 (2019) 213–221.
  6. Leitliniengruppe S2K-Leitlinie für Interstitielle Cystitis (IC/BPS), Langfassung, 1. Auflage, Version 1, 2018: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/043-050l_S2k_Diagnostik_Therapie_Interstitielle_Cystitis_2018-10.pdf.
  7. Leitlinienprogramm DGU Interdisziplinäre S3 Leitlinie: Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. Langversion 1.1–2, 2017 AWMF Registernummer: 043/044: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/043-044l_S3_Harnwegsinfektionen_2017-05.pdf.
  8. Schweizerische Gesellschaft für Infektiologie: Guideline Harnwegsinfekt (HWI) Stand 2/2021.

Flüssigkeit

  1. Hooton TM, Vecchio M, Iroz A, et al.: Effect of Increased Daily Water Intake in Premenopausal Women With Recurrent Urinary Tract Infections: A Randomized Clinical Trial. JAMA Intern Med 2018; 178(11):1509-1515.

Männer: Harnwegsinfektionen und Prostatitis -- Guidelines und Übersichtsarbeiten

  1. Coker TJ, Dierfeldt DM: Acute Bacterial Prostatitis: Diagnosis and Management. Am Fam Physician. 2016;93(2):114–20.
  2. Nickel JC: Prostatitis; Can Urol Assoc J. 2011:306-15.
  3. Rees J, et al.: Diagnosis and treatment of chronic bacterial prostatitis and chronic prostatitis/chronic pelvic pain syndrome: a consensus guideline; BJU Int 2015 Oct;116(4):509-25.
  4. Schaeffer AJ, Nicolle LE: Urinary Tract Infections in Older Men. N Engl J Med. 2016;374(6):562–71. doi:10.1056/NEJMcp1503950.
  5. Schweizerische Gesellschaft für Infektiologie: Guidelines "Prostatitis, bakteriell", Stand 10/2021: https://ssi.guidelines.ch/guideline/2863.
  6. Weisskopf S, et al.: Harnwegsinfektionen bei Männern: Update für die Praxis. Primary and Hospital Care - Allgemeine Innere Medizin 2021;21(9):283–289. https://primary-hospital-care.ch/article/doi/phc-d.2021.10310.
  7. Zanella MC, Schoofs F, Huttner B, Huttner A: Infections urinaires basses non associées aux sondes urinaires chez l’homme: Urétrite, cystite et prostatite. Rev Med Suisse 2017;13:808-14. https://www.revmed.ch/revue-medicale-suisse/2017/revue-medicale-suisse-558/infections-urinaires-basses-non-associees-aux-sondes-urinaires-chez-l-homme.-uretrite-cystite-et-prostatite.

Komplizierte Harnwegsinfektionen

  • Nicolle LE: A Practical Guide to the Management of Complicated Urinary Tract Infection. Drugs1997:53(4):583–92.
  • Elodi J, Dielubanza EJ, et al. : Management of non-catheter-associated complicated urinary tract infection. Infect Dis Clin North Am 2014;28(1):121-34.

Katheter-assoziierte Infektionen

  1. Hooton TM, et al.: Diagnosis, prevention, and treatment of catheter-associated urinary tract infection in adults: 2009 International Clinical Practice Guidelines from the Infectious Diseases Society of America. Clin Infect Dis 2010;50(5):625-63.

Antibiotika: Auswahl neuer kontrollierter Studien

  1. Drekonja DM, et al.: Effect of 7 vs 14 Days of Antibiotic Therapy on Resolution of Symptoms Among Afebrile Men With Urinary Tract Infection A Randomized Clinical Trial. JAMA. 2021;326(4):324-331. doi:10.1001/jama.2021.9899.
  2. Huttner A, et al.: Effect of 5-Day Nitrofurantoin vs Single-Dose Fosfomycin on Clinical Resolution of Uncomplicated Lower Urinary Tract Infection in WomenA Randomized Clinical Trial.2018;319(17):1781-1789.
  3. Van Nieuwkoop C, et al. : Treatment duration of febrile urinary tract infection: a pragmatic randomized, doubleblind, placebo-controlled non-inferiority trial in men and women. BMC Medicine (2017) 15:70.
  4. Hooton TM, Vecchio M, Iroz A, et al.: Effect of Increased Daily Water Intake in Premenopausal Women With Recurrent Urinary Tract Infections: A Randomized Clinical Trial. JAMA Intern Med 2018; 178(11):1509-1515.

Nicht-antibiotische Prophylaxe/Therapie und Phytotherapie

Kapuzinerkressenkraut und Meerrettichwurzel (Angocin®)

  1. Stange R, et al.: Results of a randomized, prospective, double-dummy, double-blind trial to compare efficacy and safety of a herbal combination containing Tropaeoli majoris herba and Armoraciae rusticanae radix with co-trimoxazole in patients with acute and uncomplicated cystitis. Res Rep Urol . 2017;9:43-50. doi: 10.2147/RRU.S121203. eCollection 2017.

Cranberry (amerikanische Kranbeere)

  1. Barbosa-Cesnik C, et al.: Cranberry juice fails to prevent recurrent urinary tract infection: results from a randomized placebo-controlled trial. Clin Infect Dis 2011;52:23-30.
  2. Mehta JM, et al.: Effect of Cranberry Capsules on Bacteriuria Plus Pyuria Among Older Women in Nursing Homes: A Randomized Clinical Trial. JAMA. 2016 Nov 8;316(18):1879-1887.

Lactobacillus

  1. Stapleton AE, et al.: Randomized, Placebo-Controlled Phase 2 Trial of a Lactobacillus crispatus Probiotic Given Intravaginally for Prevention of Recurrent Urinary Tract Infection. Clin Infect Dis. 2011;52:1212–7.
  2. Beerepoot MA, et al.: Lactobacilli vs antibiotics to prevent urinary tract infections: a randomized, double-blind, noninferiority trial in postmenopausal women. Arch Intern Med 2012;172(9):704-12.

D-Mannose

  1. Kranjcec B, Papes D, Altarac S: D-mannose powder for prophylaxis of recurrent urinary tract infections in women: a randomized clinical trial. World J Urol 2014; 32: 79-84.
  2. Lenger SM, Bradley MS, Thomas DA, et al.: D-mannose vs other agents for recurrent urinary tract infection prevention in adult women: a systematic review and meta-analysis. Am J Obstet Gynecol 2020;223:265.e1-13.

Rosmarin, Liebstöckel, Tausendgüldenkraut (Canephron® [BNO 1045])

  1. Wagenlehner FM, et al.: Non-Antibiotic Herbal Therapy (BNO 1045) versus Antibiotic Therapy (Fosfomycin Trometamol) for the Treatment of Acute Lower Uncomplicated Urinary Tract Infections in Women: A Double-Blind, Parallel-Group, Randomized, Multicentre, Non-Inferiority Phase III Trial. Urol Int. 2018;101(3):327-336. doi: 10.1159/000493368.

Bärentraubenblätter (Uvae ursi folium, Arbutin)

  1. Gágyor I, et al.: Herbal treatment with uva ursi extract versus fosfomycin in women with uncomplicated urinary tract infection in primary care: a randomized controlled trial. Clin Microbiol Infect. 2021 Oct;27(10):1441-1447. doi: 10.1016/j.cmi.2021.05.032.

Schmerzmittel

  1. Kronenberg A, Butikofer L, Odutayo A, et al.: Symptomatic treatment of uncomplicated lower urinary tract infections in the ambulatory setting: randomised, double blind trial. BMJ 2017; 359: j4784.

Lokale Östrogene, postmenopausal

  1. Raz R, Stamm WE: A controlled trial of intravaginal estriol in postmenopausal women with recurrent urinary tract infections. N Engl J Med 1993;329(11):753-6.

OM-89, lyophilisierte Bakterienlysate von E. coli (Uro-Vaxom®)

  1. Beerepoot MA, et al.: Nonantibiotic prophylaxis for recurrent urinary tract infections: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. J Urol. 2013 Dec;190(6):1981-9.

Übersichtsarbeit zu nicht-antibiotischer Prophylaxe/Therapie und Phytotherapie

  1. Sihra N, et al.: Nonantibiotic prevention and management of recurrent urinary tract infection. Nature Rev Urol 2018;15:750-776.

Sexuell übertragbare Infektionen

  1. Beeton ML, et al.: The Role of Ureaplasma spp. in the Development of Nongonococcal Urethritis and Infertility among Men. Clin Microbiol Rev 2019;32(4):e00137-18. doi: 10.1128/CMR.00137-18.
  2. Geisler WM: Azithromycin versus Doxycycline for Urogenital Chlamydia trachomatis Infection. N Engl J Med 2015;373(26):2512-21.
  3. Horner P, et al.: Should we be testing for urogenital Mycoplasma hominis, Ureaplasma parvum and Ureaplasma urealyticum in men and women? - a position statement from the European STI Guidelines Editorial Board. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2018;32(11):1845-1851. doi: 10.1111/jdv.15146.
  4. Kimberly A, Workowski KA, et al.:. Sexually Transmitted Infections Treatment Guidelines, 2021. MMWR Recomm Rep 2021 Jul 23;70(4):1-187. doi: 10.15585/mmwr.rr7004a1.
  5. Plummer EL, et al.: Are Mycoplasma hominis, Ureaplasma urealyticum and Ureaplasma parvum Associated With Specific Genital Symptoms and Clinical Signs in Nonpregnant Women? Clin Infect Dis 2021 Aug 16;73(4):659-668. doi: 10.1093/cid/ciab061.

Guidelines der Schweizerischen Fachgesellschaften und wichtige Links

Wir empfehlen, auch laufend die Updates der Guidelines der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie zu konsultieren, die in Zusammenarbeit mit dem BAG im Rahmen der StAR («Strategie Antibiotika Resistenz») und der „Choosing Wisely“ Initiativen erarbeitet werden

Für pädiatrische Infektionen ► siehe PIGS (Pediatric Infectious Diseases Group of Switzerland)

Resistenzdaten Schweiz

Wahl von Antibiotika in der Schwangerschaft

mediX Guideline zur rationalen antibiotischen Therapie

 

7. Impressum

Diese Guideline wurde im November 2021 aktualisiert.
© Verein mediX schweiz

Herausgeber
Dr. med. Felix Huber

Redaktion 
Dr. med. Uwe Beise
PD Dr. med Corinne Chmiel
Dr. med. Maria Huber 

Autor

Prof. em. Dr. med. Rainer Weber                                                                                                                           

Rückmeldungen bitte an: uwe.beise_at_medix.ch

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mediX Guidelines enthalten therapeutische Handlungsempfehlungen für bestimmte Beschwerdebilder oder Behandlungssituationen. Jeder Patient muss jedoch nach seinen individuellen Gegebenheiten behandelt werden.

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