Digitalisierungsschub in Hausarztpraxen durch von mediX mitentwickelte Plattform corona123.ch

Publiziert am 12. Oktober 2021 von Werner Mäder

Um die Hausärzte administrativ zu entlasten, haben mediX, healthinal, Zur Rose und BlueCare corona123.ch ins Leben gerufen. Das Projekt war herausfordernd, aber erfolgreich: Mittlerweile nutzen über 820 Organisationen in acht Kantonen die kostenlose Plattform für die Administration der Corona-Tests und -Impfungen.

Wie bei vielen Projekten stand auch am Ursprung von corona123.ch ein Feedback aus dem praktischen Arbeitsalltag. «Ende Sommer 2020 hörten wir von der mediX Praxis Altstetten, dass der administrative Aufwand für das Erfassen der Corona-Tests immer grösser werde», erzählt Robin Schmidt, Leiter Unternehmensentwicklung bei mediX Zürich. Damals mussten die umfassenden klinischen Befunde für positive Corona-Tests einzeln ausgefüllt und per Mail oder Fax ans BAG übermittelt werden. «Wir wollten den Hausärzten diese administrative Arbeit mit einem Online-Tool so weit wie möglich abnehmen», so Schmidt.

Mit der technischen Umsetzung wurde healthinal beauftragt, ein IT-Unternehmen aus Rapperswil, mit dem mediX bereits mehrere Projekte erfolgreich umgesetzt hat. Gemeinsam wurde die Idee entwickelt, wie corona123.ch aussehen sollte: Die Patienten erfassen vorgängig selbständig ihre Daten, die der Praxis datenschutzkonform per Mail geschickt werden. Nach erfolgtem Test wird automatisch ein PDF generiert und ans BAG übermittelt.

Zusage innert zwei Stunden

Mitte September wurden sie mit dem geplanten Projekt bei ebendiesem BAG vorstellig – und erhielten eine Absage. Private Initiativen würden nicht unterstützt, so die Begründung. Mehr Erfolg hatten sie bei Zur Rose: Keine zwei Stunden nach der Anfrage hatte sie das Sponsoring zugesichert. «Wir wollten auch bei der Bekämpfung der Pandemie einen Beitrag zur Reduktion des administrativen Aufwands in den Arztpraxen leisten. Unser TechHub BlueCare war von der Idee der Plattform ebenfalls sofort überzeugt», sagt Gaudenz Weber, Leiter Marketing Zur Rose. Schnell geregelt war auch die Arbeitsteilung unter den vier beteiligten Partnern: mediX übernahm den Projektlead, Zur Rose das Sponsoring, healthinal die Programmierung, BlueCare den Betrieb und Support.

Doch dass corona123.ch heute von über 820 Institutionen in acht Kantonen genutzt wird und bei über 190’000 Patienten die Administration beim Testen und Impfen vereinfachen konnte, ist nicht selbstverständlich. «Bei der Umsetzung stellten sich immer wieder neue Herausforderungen, auf die wir innert kürzester Zeit reagieren mussten», sagt Jonathan Meier, CEO von healthinal. Es begann damit, dass bereits der auf den 1. November 2020 geplante Launch der Plattform verschoben werden musste. Keine 24 Stunden vor Lancierung verkündete das BAG, die ausführlichen klinischen Befunde der Hausärzte würden künftig nicht mehr in dieser Form erfasst. 

Modul für Impfindikation

Ein Rückschlag, dennoch war die Arbeit nicht umsonst. Schliesslich konnte corona123.ch weiterhin für die Administration der Testanmeldungen genutzt werden – zudem wurde die Plattform schon bald um eine Funktion erweitert. Durch die vorgängig vom Patienten erfassten Informationen wurde ermittelt, ob ein PCR-Test oder ein Schnelltest erforderlich ist. Davon profitierten Hausärzte wie Dr. Martin Spillmann. «Uns hat corona123.ch enorm geholfen», so der Leiter der Permanence Winterthur. «Der administrative Aufwand hat sich stark verringert, zudem konnten wir unnötige Telefonate vermeiden und während des Lockdowns die Dauer des Praxisaufenthaltes von Verdachtspatienten auf ein Minimum reduzieren.»

Dasselbe sollte die corona123.ch auch für die Impfkampagne ermöglichen. Denn schnell wurde klar, dass die vom BAG finanzierte Lösung nur von Impfzentren eingesetzt werden konnte, erzählt Schmidt. Eine einfache und für alle Arztpraxen einsetzbare Lösung habe gefehlt. «Es war mediX ein grosses Anliegen, dass die Hausärzte, die ihre Risikopatienten am besten kennen und seit jeher die natürliche Anlaufstelle für Impfungen sind, diese Rolle auch in der Pandemie wahrnehmen können», so Schmidt. «Wir wollten verhindern, dass sie durch administrative und technische Hürden davon abgehalten werden, diese Rolle wahrzunehmen.»

corona123 wurde daraufhin mit einem Modul für die Impfdokumentation ergänzt. Nach der Registrierung des Patienten erhält die Praxis eine E-Mail mit den Patientendaten, der medizinischen Indikation und der Impfkategorie. Nach erfolgter Impfung werden die Daten über eine Schnittstelle ans BAG übermittelt.

Die letzten Hürden

Damit diese Schnittstelle genutzt werden kann, mussten die Kantone einzeln angegangen werden. In einer ersten Phase konnten die Kantone Aargau, Glarus, Graubünden, Luzern, Schwyz und Zürich gewonnen werden. «Wir benötigten eine schnell implementierbare und einfach zu bedienende Lösung, die von allen Leistungserbringern unabhängig von ihrem Primärsystem genutzt werden kann», begründet Dario Schaller seinen Entscheid, corona123.ch im Kanton Luzern einzusetzen. Er ist Programmleiter E-Government Basisinfrastruktur beim Kanton Luzern, wo corona123.ch von 193 Leistungserbringern inklusive Apotheken und Heimen eingesetzt wird.

Der Impfprozess sollte das Projektteam noch mehrfach fordern. So stand zum Beispiel die für die spätere Ausstellung der Covid-Zertifikate vorgesehene Software mycovidvac aufgrund von Sicherheitslücken von einem auf den anderen Tag nicht mehr zur Verfügung. In Zürich wiederum musste die ganze Datenbank migriert werden, weil plötzlich nur noch die Impfdokumentation von VacMe erlaubt war und bestehende Lösungen abgeschaltet werden mussten. Doch auch diese Herausforderungen konnten gemeistert werden, und mit der erfolgreichen Anbindung des Covid-Zertifikates Mitte Juni 2021 wurde der vorerst letzte grosse Entwicklungsschritt von corona123.ch abgeschlossen.

Erfahrungen für künftige Kooperationen

Die schnelle Zusage Ende vergangenen Sommer habe sich mehr als gelohnt, sagt Gaudenz Weber. «Wir haben es unter erschwerten und sich ändernden Bedingungen geschafft, ein Tool zu entwickeln, das die Hausärzte im Praxisalltag deutlich entlastet und auf grossen Anklang stösst.» Jonathan Meier hat vor allem die unkomplizierte und agile Zusammenarbeit sowie das Commitment der drei Partnerfirmen beeindruckt. Trotz Rückschlägen sei die Unterstützung jederzeit gegeben gewesen. Projektleiter Robin Schmidt wiederum betont die Vorteile für künftige Projekte: «Die Erfahrungen, die wir durch diese Kooperation gesammelt haben – sowohl untereinander als auch mit den Behörden –, werden uns und den Hausärzten auch in Zukunft zugutekommen.»