Warum TARDOC für Ärztinnen und Ärzte so wichtig ist.

Publiziert am 30. August 2021 von Felix Huber

In meiner Kolumne im Online-Magazin medinside habe ich aufgezeigt, warum das neue Tarifwerkt TARDOC für Ärztinnen und Ärzte die letzte Chance zur Mitgestaltung ist. Denn am 31. Dezember 2021 wird hoffentlich die lange Leidensgeschichte der Weiterentwicklung des ambulanten Arzttarifs von TARMED zu TARDOC ein vorläufiges Ende finden. Mit einem immensen Aufwand haben curafutura, die FMH und die MTK das Tarifwerk vollständig überarbeitet und wichtige und längst fällige Korrekturen vorgenommen. Für die Ärzteschaft ist das wohl die letzte Chance, das bedeutende Tarifwerk selber mitzugestalten.

Stürzt die Übung nämlich ab, wird es über Jahre keinen neuen Tarif mehr geben oder der Bundesrat wird das Heft selber in die Hand nehmen und das BAG beauftragen, die Tarifstruktur selber festzulegen. Das kann nicht im Interesse von uns Ärztinnen und Ärzten sein. Alternativen wie die von santésuisse propagierten ambulanten Pauschalen decken lediglich einen kleinen Teil der ärztlichen Tätigkeit ab. Sie sind sicher nicht geeignet, die Leistungen der Grundversorgung gerecht und differenziert zu vergüten.

Der TARDOC braucht jetzt die volle Unterstützung der Ärzteschaft und der Versicherer. Auch wenn viele Details nicht bekannt sind, braucht es den Mut und das Vertrauen, das neue Tarifwerk als bedeutenden Schritt in eine bessere Zukunft zu akzeptieren. Über Jahre haben die besten Leute diesen Einzelleistungstarif aus dem Jahre 2004 auf eine neue Basis gestellt. Etwas Besseres finden wir lange nicht. Deshalb sollte auch H+ für die Spitäler den TARDOC akzeptieren. Einen eigenen Vergütungstarif für die ambulanten Spitalleistungen zu fordern ist illusorisch und würde neue Ungerechtigkeiten schaffen.

santésuisse entwickelt mit FMCH und H+ ein eigenes Vertragswerk mit ambulanten Pauschalen. Diese sind sinnvoll für standardisierte Prozesse wie Kataraktoperationen und andere chirurgische Eingriffe. Allerdings kann mit Pauschalen nur ein Teil des Leistungskataloges abgedeckt werden. Alle nicht-standardisierten Leistungen gilt es weiterhin über die Einzelleistung zu tarifieren. Von daher macht es Sinn, die beiden Tarifstrukturen zu einem Reifegrad zu bringen, in dem sie vom Bundesrat genehmigt werden können.

Offensichtlich sind die beiden Tarifwerke unterschiedlich weit gediehen. Entsprechend breche ich klar eine Lanze für den Vorschlag, den TARDOC wie vom Bundesrat verlangt gemeinsam zu finalisieren und im Dezember einzureichen. Und die Pauschalen dann nachzureichen, wenn sie reif sind.

Mit der Einführung des TARDOC ist die Kostenneutralität garantiert. Es wird Gewinner und Verlierer geben. Doch offensichtlich konnten sich 40'000 Ärzte zusammenreissen und auf den TARDOC einigen. Das müsste Anreiz genug sein, damit auch Santésuisse und H+ über ihren Schatten springen und diesem Tarifwerk ebenfalls zustimmen – unabhängig von den Pauschalen.

Bleibt das Problem der Kostensteigerung, die der Einzelleistungstarif nur bedingt lösen kann. Dazu brauchen wir die freiwillige hausärztliche koordinierte Versorgung (Managed Care / gut strukturierte Hausarztmodelle), die in der Schweiz zur Erfolgsgeschichte wurde und laufend verbessert wird. Aber ohne Einzelleistungstarif geht es nicht. Diesen wollen wir Ärzte auch in Zukunft mitgestalten und uns nicht einem Staatsdiktat ausliefern.

Dr. med. Felix Huber, Präsident der mediX-Ärztenetze