Bund und Kassen bremsen die rasche Covid-19-Impfung in Hausarztpraxen
Publiziert am 4. März 2021 von Felix Huber
Die meisten Patientinnen und Patienten möchten die Covid-19-Impfung bei ihrem Hausarzt oder ihrer Hausärztin durchführen lassen. Sie übernehmen diese Aufgabe selbstverständlich gerne, denn Impfberatung und Impfungen gehören zu ihren täglichen Aufgaben. Deshalb wird wohl in den nächsten Wochen auch ein Grossteil der Bevölkerung in den Hausarztpraxen gegen Covid geimpft. Die aktuell von Kantonen und Krankenkassen offerierte knausrige Vergütung dürfte aber zu massiven Verzögerungen in der Umsetzung führen.
Bundesrat Alain Berset hat der Schweizer Bevölkerung eine kostenlose Covid-19-Impfung versprochen. Das ist unredlich. Tatsächlich übernimmt nämlich der Bund die Kosten nicht selbst; er schiebt sie still und heimlich an die Kassen und die Kantone weiter. In zähen Verhandlungen zwischen Kantonen und Krankenkassen wurde nun vereinbart, dass die «Gemeinsame Einrichtung», eine privatrechtliche Stiftung der Krankenkassen, den Hausarztpraxen pro Impfung CHF 24.50 vergüten soll.
Hausarztpraxen tragen Hauptlast der Impfkampagne
Die allermeisten Impfungen werden voraussichtlich ab April bis Juni in den Hausarztpraxen durchgeführt. Fast alle Praxen haben bereits hunderte von Risikopatienten auf ihren Listen und werden diese einbestellen, sobald die Impfstoffe endlich geliefert werden. Die Liefertermine scheinen aber seltsamerweise unter grösster Geheimhaltung zu stehen. Die Hausarztpraxen müssen also in kurzer Frist grosse personelle Ressourcen mobilisieren. Dies ist nur mit zusätzlichem Personal zu bewältigen, das auch entlohnt werden muss.
Alle ärztlichen Verbände kommen in ihren Berechnungen zum Schluss, dass eine sorgfältig durchgeführte Impfung 27 Minuten braucht. Darin enthalten sind die Registrierung des Patienten, das ärztliche Prüfen der richtigen Indikation und der Allergien in der Vorgeschichte, das Ausschliessen von Kontraindikationen, die Verabreichung der Impfung, der Eintrag im digitalen Impfpass oder Impfbüchlein, die Meldung ans BAG und nochmal anders an die Kantone, die mindestens 15-minütige Überwachung des Patienten nach der Impfung und die Terminvergabe für die zweite Impfung. Normalerweise können Hausarztpraxen für diesen zeitlichen Aufwand gemäss Tarmed 90 Franken verrechnen. Die Hausärzte wären aber bereit, als Zeichen der Solidarität die Impfung für 50 Franken anzubieten. Mit den zurzeit offerierten 24.50 ist jedoch nicht einmal die Hälfte des bereits deutlich reduzierten Ansatzes gedeckt.
Ungedeckte Kosten führen zu massiven Verzögerungen
Die meisten Hausarztpraxen werden es sich bei dieser knausrigen Entschädigung nicht leisten können, zusätzliches Personal anzustellen. Ohne eine rasche und flexible Aufstockung der Ressourcen wird es aber zu massiven Verzögerungen in der Durchimpfung der Bevölkerung kommen. Die Verantwortung tragen Bund, Kantone und die Krankenkassen. Sie setzen damit die Schweizer Bevölkerung unnötigen Risiken aus. Jeder Tag Verzögerung bei der Durchimpfung belastet zudem die Volkswirtschaft mit zweistelligen Millionenbeträgen.
mediX schweiz mit ihren 750 angeschlossenen Ärztinnen und Ärzten protestiert heftig gegen diese Geizkragenmentalität und appelliert nochmals an die Kantone und Kassen, die Vergütung bei mindestens 50 Franken pro Impfung anzusetzen. Sollten Kantone und Kassen ihre Verantwortung nicht wahrnehmen, werden wir die Differenz von CHF 25.50 als Beratung des Patienten über den Tarmed verrechnen müssen. Das bezahlt letztendlich der Patient mit Franchise und Selbstbehalt mit – und die Kosten dürften die Impfbereitschaft gerade von weniger zahlungskräftigen Patientinnen und Patienten zusätzlich weiter schmälern.